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Linksparteitag in AugsburgKein einfacher Neuanfang

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Für die neue Linkspartei ohne Wagenknecht wird der bloße Rückgriff auf das alte Grundsatzprogramm nicht reichen – gerade mit Blick auf Russland.

Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan beim Parteitag in Augsburg Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

D ass mit dem Abgang von Sahra Wagenknecht und ihrem Anhang eine neue Zeitrechnung begonnen hat, will die Linke auch optisch demonstrieren. Auf ihrem Parteitag in Augsburg präsentiert sie sich mit neuem Logo. Es habe eine „neue Schärfe“ und eine „nonkonforme Schräge“, wird es von der Partei angepriesen. Vor allem ist es nicht mehr schwarz-weiß mit nur einem kleinen keilförmigen roten Tupfer als i-Punkt.

Die Farbe Rot ist jetzt vielmehr dominant. Das Logo werde so „zum wehenden Banner“, schwärmt die Parteiführung. Bei dem dreitägigen Event in der Bert-Brecht-Stadt geht es vor allem darum, möglichst starke Zeichen zu setzen: dass die Linke noch da ist – und dass sie an ihre Zukunft glaubt.

Viel ist unter den mehr als 500 Delegierten von Aufbruch und Neuanfang die Rede. Die Abspaltung von Wagenknecht & Co. scheint bei der überwiegenden Mehrzahl der Verbliebenen vor allem für große Erleichterung zu sorgen, weil damit die systematische Zerstörung der Linken von innen heraus nun endlich vorbei ist. Doch auch wenn die Partei derzeit etwa doppelt so viele Eintritte wie Austritte verzeichnet, wäre es ein gefährlicher Selbstbetrug zu glauben, sie habe ihre Existenzkrise bereits überwunden. Der Parteitag ist vielmehr nur eine Etappe auf einem Weg, von dem noch unklar ist, wohin er führen wird.

Der quälend lange Trennungsprozess hat tiefe Spuren hinterlassen, die nicht so einfach zu beseitigen sind. Zumal ja mit dem Abschied der „Linkskonservativen“ die Linke – zum Glück – keine stromlinienförmige Partei geworden ist. Weiterhin bestehen große soziokulturelle Unterschiede zwischen Ost und West, jüngeren und älteren Mitgliedern; parlamentarisch fixierten Politikvorstellungen stehen mehr bewegungsorientierte Ansätze gegenüber; sozialdemokratische Re­for­me­r:in­nen tummeln sich Seit’ an Seit’ mit traditionslinken Ge­werk­schaf­te­r:in­nen und Ökosozialist:innen. Besinnen sie sich auf das Gemeinsame, um das Trennende aushaltbar, vielleicht sogar produktiv zu machen? Wird es gelingen, eine solidarische Diskussionskultur zu entwickeln, die den Anspruch, eine pluralistische linke Partei zu sein, auch praktisch einlöst?

Das ist genau so offen wie die Frage, ob es zu mehr reichen wird, als sich auf wenig überzeugende Formelkompromisse zu verständigen, wie das in der Vergangenheit üblich war. Schon gar nicht reicht der bloße Rückgriff auf das alte Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2011, denn da findet sich beispielsweise keine Antwort darauf, was in Zeiten des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine linke Friedenspolitik sein kann, sein muss. Ausreichend Platz für eine linke Partei auf der Höhe der Zeit, eine mit Strahlkraft, gibt es, die Nach-Wagenknecht-Linke muss ihn nur noch finden.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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17 Kommentare

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  • Angesichts parteiinterner Kritik an der "Curry-Wurst-Linken", siehe

    taz.de/Linken-Kand...naehrung/!5972721/

    , und der Bedeutung der Farbe Rot für die Partei sollten die Instagramer der Partei ihren demonstrativ vorgeführten Geschmack von Curry-Wurst auf Rote Wurst umstellen: Feuerwurst, Rote Bockwurst, Salami, Blutwurst, ahle Worscht usw. , das würde ihre Offenheit für Vielfalt weit besser belegen, bei gleichzeitigem Flaggezeigen für Links!

  • @HUBERTUS BEHR

    Nice try. Darüber, dass sich Russland und China "imperial und demokratieverachtend" verhalten (tun sie!) sollten wir nicht vergessen, dass USA (und Frankreich und...) es eben auch tun.

    Und -- das ist der springende Punkt, dass wir hier, weil in einer Demokratie, weit mehr Verantwortung dafür tragen als die Bürger*innen von Russland und China für deren Verhalten.

    • @tomás zerolo:

      Nein, tun wir nicht. Was Sie hingegen tun ist, Menschen von einer Schuld freizusprechen, weil es eben das böse System ist, in dem sie leben (müssen).

      Diese Argumentation haben die Deutschen nach Ende des 3. Reiches auch versucht.

    • @tomás zerolo:

      Warum?

      Weshalb meinen Sie, könnten sich Chinesen und Russen (Bürger einer Weltmacht bzw. einer ehemaligen Weltmacht) entspannt zurücklehnen und Ihren Staat gut finden, ohne großartig Verantwortung für ihn zu tragen?

      Wer sich als Bürger nicht für Demokratie interessiert, ist dann von der Verantwortung für alle Schweinereien entbunden?

      Ich staune immer wieder über Ihre Positionen.

  • Die Linke teilt das Schicksal der Kleinparteien: Sie sieht sich selbst als wichtigen Beitrag zur Demokratie, wird aber außerhalbt selbst gebauter Elfenbeintürmen nicht wahrgenommen.

    • @Lars Sommer:

      Ich denke schon dass die Linke wahrgenommen wird, allerdings vermehrt mit einem Nasenrümpfen. Die Linke hat sich in ihrer eigenen Bubble verschanzt und merkt es leider nicht. Statt das zu erkennen wird weiter gebubblet, bis runter auf 2% oder weniger. Ein Trauerspiel eigentlich.

  • Eine Linke, die wie bisher immer die



    USA u. die Natopartner als Krisen- und



    Kriegsverursacher weltweit sieht und



    nicht die imperialen und demokratie-



    verachtenden Staaten wie Russland und



    China wird politisch keine Rolle spielen

  • Gut, dass die Konservativen weg sind. Was mich aber in den letzten Jahren so verzagt und lustlos gemacht hat, war nicht die Existenz von Frau Wagenknecht, sondern der blassrosa-liberaldemokratische Kurs der Partei.



    Eine Linke, die nicht wirklich kompromisslos antikapitalistisch ist, hat für mich keine Daseinsberechtigung.

    • @Dörte Dietz:

      Ich suche einfach eine Partei die PRAGMATISCHE Vorschläge hat, wie man gegen die sich seit mindestens 30 Jahren immer weiter öffnende Schere zwischen Arm und Reich vorgeht.



      "Die Linke" hat ein paar simple davon (z.B. Spitzensteuersatz wieder rauf auf 53%, Mindestlohn rauf auf 15Euro) und dann noch unglaublich viele unrealistische, ideologische.

      "Kompromisslos Antikapitalistisch" ist für mich nicht pragmatisch; da ist nicht mal klar, dass das zu weniger Schere führt.



      Ich kenne zumindest kein einziges Beispiel, bei dem "Kompromisslos Antikapitalistisch" dazu geführt hat, dass die Armen wohlhabender wurden; eher das Gegenteil: Die Armen wurden noch ärmer (die Reichen wurden vielleicht auch ärmer, aber das ist ja hoffentlich nicht die Priorität).

      • @lundril:

        Bei der Suche bin ich dabei.

        Drücke dem Neuanfang der Linken die Daumen.

    • @Dörte Dietz:

      Es gilt anscheinend immer noch: Die stärkste Waffe der neoliberalen Rechten ist der Streit unter den Linke, wie man nun richtig Links zu sein hat.

    • @Dörte Dietz:

      @Dörte Dietz: Wir haben keinen Kapitalismus.



      Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft - und sind darin im Vergleich zu sozialistischen Staaten oder Diktaturen eigentlich sehr gut!

  • Vielleicht auch eine Gelegenheit, die extremistischen Kader loszuwerden. Cuba Si, Kommunistische Plattform sind da nur einige Stichpunkte.

    • @Ciro:

      Einfach gegen alle Diktatoren, alle Unterdrückung sein. Für Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenrechte überall. Ist echt nicht schwer als Oppositionspartei hier eine klare und moralisch einwandfreie Linie zu fahren.

      • @Machiavelli:

        Ja, das ist richtig. Bedeutet aber Daueropossiton. Denn die Mehrheit ist ,sorry, doof und bequem und träumt weiterhin den "American Dream" von grenzenloser Freiheit und Wohlstsnd für alle. Man muss nur dran glauben. Jeder kann es schaffen! Das stimmt auch. Ist wie beim Lotto: Jeder kann gewinnen, aber nicht alle.

        • @Matt Gekachelt:

          Och naja, man kann auch doof und bequem sein und von der Weltrevolution träumen. Da gewinnt zwar keiner, aber wenigstens haben alle nichts.

        • @Matt Gekachelt:

          Klar hat das System der USA Fehler und alle Formen der Demokratie kann man verbessern, aber es ist weit besser als Diktaturen. Nur wegen der Fehler der westlichen Systeme dann Diktaturen, also viel schlimmeres, unterstützen, erschließt sich mir nicht.