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Linken-Ko-Chef über Wagenknecht„Das war natürlich nicht akzeptabel“

In einem Statement zu Ansbach verknüpfte Sahra Wagenknecht Terrorismus mit Zuwanderung und Flüchtlingen. Ko-Chef Riexinger hofft auf mehr Bedacht.

Mogelpackung? Nicht alle Äußerungen Wagenknechts überzeugen mit besonders linken Inhalten Foto: dpa
Pascal Beucker
Interview von Pascal Beucker

taz: Herr Riexinger, was halten Sie von der Stellungnahme von Frau Wagenknecht zu den Ereignissen der vergangenen Tage?

Bernd Riexinger: Welche Stellungnahme meinen Sie? Sahra Wagenknecht hat ja mehrere in den letzten Tagen abgegeben.

Gemeint ist die vom Montag.

Nun ja, Sahra Wagenknecht hat ja heute eine erklärende Stellungnahme dazu abgegeben, in der sie deutlich macht, dass sie nicht in irgendeiner Form Flüchtlinge kollektiv mit Terroranschlägen in Verbindung bringen wollte, sondern dass es ihr um etwas anderes ging. Dieses Statement muss man jetzt auch so nehmen, wie sie es geschrieben hat. Die Stellungnahme vom Montag war natürlich nicht akzeptabel.

Es gab auch in Ihrer Partei heftige Kritik an den Äußerungen Wagenknechts. Wie erklären Sie sich, dass ihre Bundestagsfraktionsvorsitzende anscheinend immer so chronisch missverstanden und fehlinterpretiert wird, wenn es um ihre Positionen in der Flüchtlingspolitik geht?

Wir als Partei haben eine eindeutige Positionierung, die meine Kovorsitzende Katja Kipping und ich in einer Erklärung heute noch mal deutlich gemacht haben. Wir dürfen uns in der Flüchtlingsfrage tatsächlich keine Missverständlichkeiten leisten, sondern müssen klar sein. Es steht die Herkulesaufgabe vor uns, dass die Geflüchteten tatsächlich in unsere Gesellschaft integriert werden müssen. Wir müssen gleichzeitig als Linke immer klare Kante zeigen gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen die pauschale Verurteilung von Flüchtlingen. Das gilt natürlich auch angesichts der Anschläge in den letzten Tagen, die sehr unterschiedliche Motive hatten.

Bild: dpa
Im Interview: Bernd Riexinger

60, ist seit 2012 gemeinsam mit Katja Kipping Vorsitzender der Linkspartei. Zuvor war er Geschäftsführer der Gewerkschaft ver.di und saß im Landesvorstand der Linken in Baden-Württemberg. Er gehört zum linken Partei­flügel.

Ihre und Frau Kippings Erklärung liest sich wie eine Erwiderung auf Wagenknecht, nur dass ihr Name darin nicht auftaucht. Entspricht es nicht der Parteiräson, sie offen zu kritisieren?

Wir haben ja positiv zur Kenntnis genommen, dass Sahra Wagenknecht heute eine Klarstellung vorgenommen hat. Eine Klarstellung, in der keine Missverständnisse vorherrschen und die auch die Position der Partei wiedergibt.

Wie kommt es, dass Wagenknecht immer wieder erst Parolen in die Welt setzt, die auf Begeisterung bei der AfD stoßen, um danach zu erklären, dass es gar nicht so gemeint war?

Ich kann das nicht beantworten, nehme aber an, dass künftig genauer hingeschaut wird, welche Erklärungen rausgehen.

Ist es für Sie nicht lästig, andauernd die Positionen der Linkspartei in der Flüchtlingspolitik richtigstellen zu müssen?

Ja, ich hoffe, dass das jetzt nicht mehr vorkommt. Es ist ja richtig, dass es Frau Merkel versäumt hat, die richtigen Schritte für eine erfolgreiche Integrationspolitik zu gehen. Insbesondere müsste die Kanzlerin darauf hinwirken, dass hier Menschen, die sozial am Rande stehen und die selbst Sorge um ihre Existenz haben, nicht gegen die Flüchtlinge ausgespielt werden. Das erfordert selbstverständlich eine komplett andere Sozialpolitik, eine andere Arbeitsmarktpolitik und auch eine andere Wohnungspolitik. Dieser Hinweis Wagenknechts ist völlig richtig. Aber er muss dann eben auch so formuliert sein, dass klar ist, das Problem ist die Politik von Frau Merkel und es sind nicht die Flüchtlinge.

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24 Kommentare

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  • Sahra Wagenknecht beweist einmal mehr, dass sie eine eigenständige und unabhängige Denkerin ist.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @Michael Heinen-Anders:

      So wie Frauke Petry, gell ?

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Frau Petry ist doch als denkendes Wesen bisher gar nicht in Erscheinung getreten.

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Kommentar entfernt.

  • Erstaunlich, erstaunlich!

     

    Merkel darf offensichtlich ein Debakel nach dem anderen produzieren und kann sich darauf verlassen, dass sogar die Linke einhellig dazu schweigt. Betrachtet man ausschließlich ihren Umgang mit den Flüchtlingen, ist dies umso unverständlicher, weil die Position der Kanzlerin zu diesem Thema im September diametral ihrer jetzigen entgegensteht.

     

    Gemessen an den eigenen Grundsätzen der Linken müssten diese seit Monaten Sturm laufen gegen Merkel, die realistisch betrachtet, weitaus mehr Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Europa stoppt als die Grenzzäune auf dem Balkan. Aber nein, man attackiert diejenigen, die zu Recht auf die Folgen der stümperhaften Politik dieser inhuman agierenden Kanzlerin hinweisen.

     

    Bitter, bitter – so ist die Linke auch nicht mehr wählbar….

  • Frau Wagenknecht hat nichts falsches gesagt. Genau genommen finde ich sogar sehr gut wenn Sie Themen belegt die sonst der AFD in die Hände spielen.

     

    Das Gesülze von wir schaffen das, keine Probleme - alles gut ausgebildete Leute etc. wirkt doch verlogen.

  • Wenn nicht Wagenknecht die misslungene Flüchtlingspolitik kritisieren darf, wer dann?

     

    Die Art und Weise wie im letzten Jahr Kriegsflüchtlinge in's Land geholt wurden enthält viele Lücken. Keine Verwaltung, keine Kontrollen, keine Programme.

    Wer sagt das das zu Problemen führt, hilft nicht der AFD, im Gegenteil. Die Menschen die, die Probleme sehen aber helfen wollen, hätten gerne mehr solcher Stimmen.

     

    Diese schrille Hysterie die jede Problembenennung verhindert, führt nur zur einer Radikalisierung.

    • @Struppi:

      Probleme ansprechen ist wichtig, aber bitte ohne AfD und Wagenknecht. Deren Problemlösung bewegt sich in letzter Konsequenz zwischen Verelendung und Pogrom.

      • @clarafcks:

        Wenn man sagt, das Menschen mehr Unterstützung brauchen, dann ist das ein Progrom? Und mehr Hilfe ist "Verelendung"?

         

        Das scheint irgendwas mit der Verhältnismäßigkeit nicht zu stimmen.

    • @Struppi:

      Der Staat muss jetzt alles dafür tun, dass sich die Menschen in unserem Land wieder sicher fühlen können. Das setzt voraus, dass wir wissen, wer sich im Land befindet und nach Möglichkeit auch, wo es Gefahrenpotentiale gibt. ;-)

      • @Rudolf Fissner:

        Was genau stört Sie - inhaltlich - an der Passage?

  • Frau Wagenknecht hat nichts falsches gesagt. Ein paar Turnhallen für die Erstaufnahme sind viel einfacher als eine gelungene Integrationspolitik. Hier reichen leere Phrasen "wir schaffen das" nicht aus. Auch Deutschkurse sind da nur ein Anfangspunkt - aber selbst daran hapert es.

    Frau Wagenknecht hat das Richtige zum falschen Zeitpunkt gesagt. Die Mängel der aktuellen Integrationspolitik hat wenig bis nichts mit den Anschlägen zu tun. Da sollte man eher einen Zusammenhang zwischen der westlichen Nahostpolitik und den Anschlägen herstellen.

    Eine übersensible Öffentlichkeit fordert aber bereits Dementi, wenn das Timing von an sich richtigen Aussagen unpassend ist. Inzwischen betrifft das nicht mehr nur die AfD sondern auch Frau Künast und Frau Wagenknecht. Ein wenig mehr Gelassenheit sowie mehr sachliches Diskutieren anstatt Hatz auf alles was nicht 100% politisch korrekt aussieht, wäre hier sehr gut für die politische Kultur in Deutschland. Aus Angst vor rechtsextremen Gedankengut, zensieren wir inzwischen alle und jeden, der ein wahres Wort zur Unzeit ausspricht. Mit diesem Handeln haben die Rechtsextremen leider gleich doppelt Erfolg. Zum einen schaffen wir eine Zensur und geben den freien Diskurs auf - wir müssen gar nicht erst auf die Rechtsextremen warten - wir erledigen das selbst. Zum anderen liefern wir ihnen eine Steilvorlage, dass sich die Rechtsextremen als Wahrer der Meinungsfreiheit aufspielen können - obwohl es kein rechtsextremes Regime gibt, welches Meinungsfreiheit gewährt.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      "Da sollte man eher einen Zusammenhang zwischen der westlichen Nahostpolitik und den Anschlägen herstellen."

      Genau, deshalb richten sich auch fast alle Anschläge von Islamisten gegen Moslems, weil sie den Westen so hassen!

      Reden Sie sich nichts ein. Religiöser Fundamentalismus hat mit Religion zu tun, nicht mit der Außenpolitik des Westens.

       

      Ansonsten einer der besonnensten Beiträge zu diesem Thema!

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Es ist richtig, dass sich die meisten islamistischen Anschläge gegen Muslime richten. Das ist allerdings kein Widerspruch. Der IS sieht in den Shiiten "falsche" Muslime, die er deutlich stärker bekämpft als Christen oder andere Religionen.

        Die "Aussenpolitik des Westens" ist die Kriegspolitik im Irak, Afghanistan, Syrien etc. Ich glaube kaum, dass massenhafte Bombardierung, Drohenmorde, Folter und Korruption keine Auswirkungen hat. Wie sollen wir damit argumentieren, dass Menschenrechte wichtiger als religiös begründete Vorschriften sind, wenn wir selbst die Menschenrechte mit den Füssen treten?

      • 6G
        628 (Profil gelöscht)
        @33523 (Profil gelöscht):

        Man sollte schon in der Lage sein, das Handeln und die Entstehung islamistischer Terrorbanden voneinander zu trennen. Die Zerstörung der staatlichen Strukturen im Irak hat dem IS Raum gegeben, sich auszubreiten. Das durch den Irakkrieg verursachte Elend hat die Zahl der potentiellen Terroristen in der Region erhöht (Elend und Krieg schaffen immer den Nährboden für weitere Gewalt).

        Ebenso war die Unterstützung der Mudschaheddin in Afghanistan vonseiten der USA kein besonders kluger Schachzug. Die kritiklose Zusammenarbeit der westlichen Läder mit Saudi-Arabien auch nicht. Die Waffenexporte in Krisengebiete ebenfalls nicht. Der Afghanistan-Einsatz hat den Terrorismus in keinster Weise geschwächt, eher im Gegenteil.

        Zu sagen, der Westen hätte mit all dem nichts zu tun, nur weil diese wild gewordenen Mörderbanden vornehmlich Menschen in ihrer Umgebung massakrieren, ist absurd.

  • 2G
    24636 (Profil gelöscht)

    Wagenknecht ist eine wichtige Figur für die Linkspartei. Ich kann nur hoffen, dass sie ihre populistische Phase endlich beendet. Das ist so durchschaubar wie überflüssig. Wieso arbeitet die Linkspartei nicht an den Sollbruchstellen von R2G. Es wäre verdienstvoll über außenpolitische Frakturen zu reflektieren, weil daran so vieles hängt und bricht. Das wäre mal echte Arbeit anstatt Geraune und Zirkus. Einfach nur ärgerlich und ohne Weitsicht.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      ... wichtigste Figur, ja. Aber nur für den KPF-Flügel, nicht aber für die Linkspartei. Es wird Zeit, dass die Partei sich wieder einmal häutet (umbenennt) um auch die letzten SED-Reste abstreift.

    • @24636 (Profil gelöscht):

      Was ist daran populistisch? Mit den Flüchtlingsbewegungen kommen leider auch Terroristen mit. Es wäre närrisch, zu glauben, dass IS & Co die Situation nicht nutzten, um Leute hier einzuschleusen und ihren "heiligen Krieg" auch in Europa zu etablieren.

       

      Nun, manche Leute haben mit dieser Realität wohl ein kleineres Problem, als mit der Forderung, potenzielle Gewalttäter in der Masse der Flüchtlinge rechtzeitig ausfindig zu machen. Letztlich fordert Wagenknecht nicht mehr als das. Schade, dass Riexinger sogleich pflichtbewusst den Kotau macht, anstatt den Leuten zu erklären, worum es bei Wagenknechts Statement überhaupt geht.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Oskars Sprecherin für's AfD-Volk?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Das ist doch gut, wenn das "AFD Volk" eine bessere Unterstützung und Integration von Flüchtlingen unterstützt und wenn sie damit nebenbei noch die Sozialpolitik der Linken befördert um so besser.

       

      Es ist auf jeden Fall ein besserer Weg als die pauschale Diffamierung von Menschen.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Struppi:

        Gucken Sie mal die aktuelleren Wählerwanderungen an.

  • Wagenknecht und Lafontaine haben leider schon Positionen des Front National vertreten bevor es die AfD gab.

    • @clarafcks:

      [...]

       

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