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Lederer ist Spitzenkanditat der LinkenDer alternativlose Kandidat

Kommentar von Stefan Alberti

In Umfragen war er über Monate beliebtester Politiker Berlins. Wer sonst sollte es machen? Klaus Lederer ist jetzt offiziell Spitzenkandidat der Linken.

Ein Roter fürs Rote Rathaus: Klaus Lederer ist Spitzenkandidat der Linken zur Berlin-Wahl 2021 Foto: picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

S elten war eine Nominierung so absehbar. Als die Linkspartei am Mittwochmorgen als letzte der vier größten Berliner Parteien Klaus Lederer als Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl 2021 vorstellte, war das eine reine Formalie. Denn wer sollte es denn sonst werden?

Mochte die SPD zittern, ob Franziska Giffey tatsächlich wollte und konnte, mochten die Grünen damit überraschend, keins ihrer bekanntesten Gesichter zu nominieren und die Christdemokraten statt einer immer suggerierten Überraschung doch ihren Landesvorsitzenden Kai Wegner aufstellen – über Alternativen zu Lederer gab es noch nicht mal Mutmaßungen.

Wer sollte es auch sonst machen als der langjährige Landesvorsitzende der Partei, der Kultursenator, der Vize-Regierungschef, der auch 2016 schon Spitzenkandidat war? Wer außer ihm, der in seinem Ressort auch mit Christdemokraten so gut zusammenarbeiten kann, dass Bundeskulturministerin Monika Grütters von ihren eigenen CDU-Parteifreunden hörte, sie habe sich von Lederer einwickeln lassen? Wer sonst als der Mann, der in Umfragen über viele Monate beliebtester Politiker Berlins war?

Lederers größtes Plus ist seine Vielfältigkeit – er bietet für fast jeden und jede einen Andockpunkt. Er kann die sozialistische Seele ansprechen, wenn er im Parlament frei aus entsprechenden Klassikern zitiert, aber er kommt ohne die nicht jeden ansprechende Schärfe im Ton aus, mit der etwa Ex-Fraktionschef Udo Wolf lange am Rednerpult stand. Er ist für Mietendeckel und Enteignung, aber anders etwa als bei Parteichefin Katina Schubert oder Stadtentwicklungsexpertin Katalin Gennburg überkommt einen bei ihm nicht das Gefühl, das seien letztlich alles nur Mittel im Klassenkampf.

Operngänger in einer Arbeiterpartei

Als Kultursenator schließlich ist er das bürgerliche Gesicht der Linkspartei schlechthin – ein Operngänger in einer Arbeiterpartei, ein zwischen Konzertsaal und Club pendelnder Verfechter der Hochkultur. Und trotz seiner inzwischen auch schon 46 Jahre strahlt Lederer weiterhin etwas Jugendliches aus. Wer noch mehr Projektionsflächen sucht, findet in ihm zudem den Ossi und den seit 2018 verheirateten schwulen Politiker.

Sein größtes Plus ist Vielfältigkeit, er bietet für fast jede(n) einen Andockpunkt

Und dann ist da noch diese viele Jahre alte Szene mit Lederer als jungem Landesvorsitzenden – den Posten übernahm er schon mit 31 Jahren: Der schnippte vor einem Café seine Kippe mangels Mülleimer nicht gedankenlos auf die Straße, wo sie irgendwann irgendwer für ihn hätte zusammenkehren müssen – nein, er verstaute den Zigarettenrest in einer kleinen Blechschachtel. Spießig? Nein, zu Ende gedacht.

Wer will, kann nun sagen: alles Oberflächlichkeiten, wichtiger wäre dies und das und immer auf den Kapitalismus draufzuhauen. Kann man so sagen – und dabei ignorieren, dass ein Gutteil der Wählerschaft allein nach vermeintlichen Oberflächlichkeiten entscheidet.

Die Spitze der Linkspartei ist schlau genug gewesen, dass anders zu sehen: Wer nicht vorwiegend allein auf linksrevolutionäres Klientel bauen, sondern bei der nächsten Abgeordnetenhauswahl links der Mitte breit punkten will, konnte an Lederer für die Spitzenkandidatur gar nicht vorbeikommen.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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