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Le Pen, AfD und VerfassungsschutzVon Frankreich lernen?

In unserem Nachbarland hat sich der Rechtsextremismus verfestigt. Medien und Politik haben ihn zu lange banalisiert.

Darf sich über die populistische Kritik an Präsident Macron freuen: Marine Le Pen im März 2021 Foto: Panoramic/imago

Heute werden Demokratien nicht mehr durch Staatsstreiche gestürzt, sondern durch politische Parteien und Führer, die die Prinzipien von Freiheit und Toleranz ausnutzen, um demokratische Verfassungen von innen heraus zu sabotieren. Eine Taktik, die die (nord-)amerikanische Demokratie fast das Leben gekostet und Länder wie Ungarn und Venezuela in die Autokratie gestürzt hat.

Diese Lehre hatte der deutsche Verfassungsschutz womöglich im Hinterkopf, als er entschied, die AfD als „Verdachtsfall“ einzustufen und mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachten zu lassen. Auch wenn diese Maßnahme inzwischen von dem Kölner Verwaltungsgericht ausgesetzt wurde, zeigt sie, wie entschlossen in Deutschland Institutionen der Demokratie gegen Extremismus mobilisieren.

Und man könnte sagen: Nicht ohne Erfolg, wie die Niederlagen der AfD bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verdeutlichen. Diese sind auf interne Konflikte zurückzuführen, die wiederum mit dem gesellschaftlichen Druck verbunden sind.

Marine le Pen ist „normal“

Diejenigen, die die Mittel kritisieren, die dabei angewendet werden, können sich gerne die Ergebnisse des rechtsextremistischen Rassemblement National in Frankreich anschauen. Angeführt von Marine Le Pen, hat er es inzwischen geschafft, in den Augen vieler Franzosen als „normale Partei“ zu erscheinen.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2022 könnte laut einer Umfrage des Instituts Harris derzeit Marine Le Pen im zweiten Wahlgang gegen Emmanuel Macron mit 47 Prozent der Stimmen rechnen, 13 Prozentpunkte mehr als 2017. Und 30 Prozent mehr als ihr Vater Jean-Marie Le Pen 2002 als Präsidentschaftskandidat gegen Lionel Jospin erreichte.

Damals schaffte es die rechtsextremistische Partei erstmals in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen. Viele Franzosen gingen auf die Straße und protestierten. Im Jahr 2017 blieb eine solche Protestwelle aus. Seit ihrer Wahl zur Chefin 2011 hat Marine Le Pen, das Image der Partei, das schwer durch die hasserfüllten Auftritte ihres Vaters belastet war, „entteufelt“ („dédiaboliser“).

Offizielle Abkehr von Rassismus

Je provokanter und hasserfüllter die An- und Übergriffe, desto besser

Offiziell erfolgte eine Abkehr von Rassismus und Antisemitismus sowie die vordergründige Hinwendung zu republikanischen Werten. Doch hinter den rhetorischen Verschönerungen hat sich das Programm inhaltlich kaum geändert. Und es gibt immer wieder Vorfälle, die zeigen, dass die rechtsextreme Substanz der Partei im Kern intakt geblieben ist.

Nicht nur haben viele Politiker und Medien in Frankreich aufgrund eines mangelnden Konsenses und fehlender Voraussicht es versäumt, gegen den Rassemblement National zu mobilisieren. Sie haben dessen Erfolg auch mit befeuert, indem sie selbst populistisches Gedankengut verbreitet haben.

Ein zentraler Mitspieler dieser Entwicklung ist CNews, eine Art französische Fox News. Es ist ein Infokanal, der die Ideen der extremen Rechten und der Identitären breit streut und mehrheitsfähig macht. Das geschieht insbesondere durch inszenierte Debatten in Talkshows. Die Spielregeln lauten hier etwa so: Je provokanter und hasserfüllter die An- und Übergriffe, desto besser.

Verharmlosung des Vichy-Regimes

Der Starkolumnist ist der Islam-, Frauen- und LGBT-feindliche Éric Zemmour. Wegen rassistischer Äußerungen wurde er mehrfach von französischen Gerichten verurteilt. Zudem verharmlost er die Haltung des Vichy-Regimes während des Zweiten Weltkriegs gegenüber der jüdischen Bevölkerung und äußert sich offen antisemitisch.

CNews hat derzeit zwar nur eine Zuschauerquote von 1,8 Prozent. Aber der Einfluss reicht weit darüber hinaus. Andere Nachrichtensender wie BFM und LCI haben sich den abgründigen Ton ihres Konkurrenten schon längst zu eigen gemacht. Hier geht es nicht mehr um den Austausch von Argumenten, es zählt einzig die Kontroverse und deren Heftigkeit.

Man scheut auch nicht mehr davor zurück, die Meister in dieser Disziplin einzuladen: Rechtsextremisten. Doch auch die populistischen Sprücheklopfer der linksextremistischen Partei France Insoumise von Jean-Luc Mélenchon sind herzlich willkommen. Mit ihrem dauernden Hunger nach Skandal und Streit üben die Infokanäle Druck auf Po­li­ti­ke­r:in­nen aus. Sie beeinflussen die Themensetzung und die Tonlage.

Die Mitläufer dieses Verfalls der politischen Diskussion sind zahllos. Zu nennen sind Politiker und sogar Minister, die sich der populistischen Rhetorik bedienen. Aber auch karrieregeile Journalisten, die ohne Rücksicht auf Verluste die Einschaltquoten hochtreiben. Egomanische Persönlichkeiten, die nach jeder Form der medialen Sichtbarkeit fiebern. Und die Millionen von Zuschauer:innen, die diesen ethischen und moralischen Bankrott der demokratischen Öffentlichkeit legitimieren.

Dämonisierung des konservativen Lagers

Und da sind auch diejenigen, die links sind, dem rationalen Diskurs aber stark schaden, so sie das konservative Lager dämonisieren oder Präsident Emmanuel Macron mit einem Diktator gleichstellen. Mit dem Ergebnis, dass viele Linke drohen, sich bei den Wahlen 2022 zu enthalten, anstatt im zweiten Wahlgang wie zuletzt für Macron gegen Marine Le Pen zu stimmen. Dies würde bedeuten, dass die „republikanische Front“, die die Rechtsextremisten dreißig Jahre lang von der Macht fernhielt, 2022 Geschichte ist.

Bis jetzt widersteht man in Deutschland noch solchen antidemokratischen Angriffen. Aber wie lange noch? Die Bundesrepublik sollte von Frankreich lernen. Denn über die Institutionen hinweg hängt die Stabilität der demokratischen Ordnung auch von der Akzeptanz ungeschriebener Gesetze ab. Zu diesen gehören: unnötige Polarisierungen und vereinfachende Zuspitzungen vermeiden, stattdessen besser argumentieren.

Und die Meinungsfreiheit und die politische Legitimität des Gegners respektieren – jedoch zwischen Meinung und Wissen unterscheiden und zu antidemokratischen Kräften klare Grenzen ziehen.

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34 Kommentare

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Das zeigt, was ich immer sage.



    Man muss rechtzeitig handeln, ansonsten wird der Schaden enorm groß. Das ist in Frankreich so und das wird im Verhältnis zu China so.

    Durchsetzungsvermögen und Macht sind offenbar dafür nötig.



    Von der Leyen hat das nicht, Joe Biden hat es.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Präsenz der rechtsextremen Parteien ist auch ein gutes Stück durch das Versagen der etablierten Parteien zurückzuführen.



    Gut nur, dass die Rechten noch viel blöder sind und gar nichts auf die Reihe bekommen.

  • Gesine Schwan eine der Mitgründerinnen des Dachverbandes der FDP-Uboote in der SPD (auch Seeheimer Kreis genannt)? Man die Dame Hoffnungsträgerin nennen. Wenn man die SPD aus den Parlamenten haben will.

    • @Kaboom:

      Schön Gesine Schwan wollte mal Bundespräsidentin werden, aber was hat das mit dem Artikelthema zu tun, oder meinen Sie dass Frau Schwan die deutsche Le Pen ist? Ich bitte Sie.

  • Ich denke, das Problem liegt tiefer. Die "gute Seite" hat das Problem, auf viele drängende gesellschaftliche Fragen keine Antworten zu haben, zum Teil noch nicht mal die Frage stellen zu können. Das hinterlässt Leerstellen.

    Es liegt aber noch tiefer: letztlich ist der Mensch und Gesellschaft für uns nicht verstehbar, weil zu komplex. Wir tasten da alle herum und picken uns Fakten und Gruppen heraus, denen wir uns anschließen.

    Ein Symptom von vielen ist etwa der innere Widerspruch des Anspruchs nach einer Gesellschaft für ALLE, gleichberechtigt, diskriminierungsfrei, menschlich. Um das zu erreichen müssen wir hart und klar gegen alle Gegner vorgehen, und das sind nicht wenige. Frau Schwarz zählt das beeindruckend auf. Liegt das jetzt an der Verschiedenheit der Menschen und Lebenssituationen, an der Zufälligkeit der Fakten und Gruppen, denen wir uns anschließen, oder liegt es daran, dass es wahre Menschen gibt, die zu Menschlichkeit fähig sind, und Menschen, die ein "Handikap" haben und im Ego und Bösen gefangen sind? In jedem Fall müssen alle für das Gute und Richtige kämpfen.

  • 1G
    13566 (Profil gelöscht)

    >>die Meinungsfreiheit und die politische Legitimität des Gegners respektieren – jedoch zwischen Meinung und Wissen unterscheiden und zu antidemokratischen Kräften klare Grenzen ziehen

  • „...



    Und da sind auch diejenigen, die links sind, dem rationalen Diskurs aber stark schaden, so sie das konservative Lager dämonisieren oder Präsident Emmanuel Macron mit einem Diktator gleichstellen. „



    Macron wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt, um Veränderungen in Frankreich ( und Europa!) auf den Weg zu bringen.



    Das hat er in der Tat auch wirklich versucht.



    Das Europa Thema wurde von Merkel, der Union und einer passiven deutschen Linken beerdigt.



    In Frankreich wurde die sinnvolle Erhöhung der Benzinsteuer zum Anlaß genommen, eine Revolte gegen ihn anzuzetteln.



    Das waren nicht nur die brutalen „Gelbwesten“, auch die Linke, die zuvor ihre Chance bekommen und grandios versagt hat, war und ist daran beteiligt.



    Die Instrumente dieser „Gegenrevolte“ kann man freilich auch hierzulande gut beobachten.



    Es ist ein aggressiver, kompromissloser Umgang mit „Abweichlern“ und deren öffentliche Diffamierung und Vernichtung.



    Hier zu beobachten am Umgang mit Gesine Schwan, eine der wenigen HoffnungsträgerInnen der SPD.



    Die Reaktionäre, die Wirtschaftsbosse und Rechten sitzen derweil in der Ecken und warten, bis die kreativen, fortschrittlichen Kräfte von ihren eigenen Unterstützern entmachtet werden. Dann ist der Weg wieder frei.



    Das hatten wir in den 20er Jahren übrigens alles schon mal.

    • 2G
      22607 (Profil gelöscht)
      @neu_mann:

      Korrekt. Absolut korrekt.

      Die Parität haben die Linken einseitig beendet, in dem sie die Deutungshoheit über alles in anspruch genommen haben. Damit gelang, dass alle anderen nicht mehr öffentlich sondern nur noch im verborgenen geredet haben. Und was lange gärt wird endlich Wut - oder "Zorn und Zeit" wie es Sloijterdiek formulierte.



      Wenn die AfD fähigere Leute vorne stehen hätte, wären die bundesweit weit über 35% - zum Glück haben sie das (noch) nicht. Aber auch hier - die permanente Dämonisierung wird am Ende zum Bruch mi tder Demokratie führen, anstatt endlich die Themen ernst zu nehmen mit der die AfD propagandistisches Kapital schlägt. Wenn die Bevölkerung Angst vor irgendwas hat, auch vor irrationalem, dann ist es keine gute Idee "wir schaffen das" zu sagen und sich wegzudrehen - oder noch besser, den besorgten zu sagen sie wären Nazis, da nur Nazis vor Thema XY Sorge haben.



      Damit gewinnt man den Moment, aber nicht das Vertrauen. Ein Pyrhussieg aller erster Güte, denn es öffnet Tür und Tor für das Extreme.



      PS: was die SPD mit Sarrazin begann, endet mit Schwan und Thierse. Die Partei ist erledigt. Und damit bricht auch die gemässigte Linke, der wichtige Gegenpol zu den konservativen Kräften weg - während Merkel die CDU so nachhaltig zerlegt, dass die gemässigten Konservativen keine Heimat mehr haben. Wo wird das wohl hinführen....

    • @neu_mann:

      Wenn man sich mit den französischen Verhältnissen etwas auskennt, kommt man zu einer völlig anderen Meinung. Sowohl über Macron als auch über die Gelbwesten.



      Macron ist der brutale Verstrecker einer neoliberalen Ideologie. Der Abbau von Sozalleistungenn finanzierte dort quasi Steuererleichterungen für Reiche.



      Gut, dass es in Frankreich noch linke Intellektuelle gibt, die das Ansinnen der Gelbwesten unterstützen.

  • Ich habe verstanden, dass Geraldine Schwarz sich selbst für eine Demokratin hält und Maine Le Pen für eine Antdemokratin.



    Ich habe aber nicht verstanden wieso. Da fehlt mir eine explizite Begründung.

    • @Rainer Möller:

      Mir wäre neu, dass eine Faschistin gleichzeitig Demokratin sein kann.

      • @Kaboom:

        @Kaboom: Die Welt ist nicht so in schwarz und weiß geteilt wie Sie das gerne möchten.

        • @aeonNews:

          Die "Dame" darf - gerichtlich bestätigt - eine Faschistin genannt werden. Und für die Erkenntnis, dass die tausenden Faschos in Pappis Partei sich nicht plötzlich in Luft auflösen, nur weil das Töchterchen übernimmt, braucht man keinen Abschluss in Politikwissenschaften.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Und da sind auch diejenigen, die links sind, dem rationalen Diskurs aber stark schaden, so sie das konservative Lager dämonisieren oder Präsident Emmanuel Macron mit einem Diktator gleichstellen."



    Robert Habeck war wenigstens ehrlich, als er im Zusammenhang mit seinem Theaterstück über Gustav Noske sagte, Politik sei immer ein Spiel mit dem Dämonischen. Wie soll man es auch nennen, wenn eine (neo-)liberal-konservative Bundesregierung über Jahrzehnte hinweg ein europäisches Grenzregime aufbaut, dass irreduzibel mit dem Ansinnen verknüpft ist, das Verhältnis von hochqualifizierten und geringqualifizierten Arbeitskräften für die europäischen Staaten vorteilhaft zu gestalten.



    Der "Unrechtsstaat" DDR hat das durch die Einsperrung von Qualifizierten erreicht, während im Reich von "Freiheit und Toleranz" die Ausperrung von Unqualifizierten Programm ist.



    Am "antifaschistischen Schutzwall" der DDR wurden in 30 Jahren etwa 287 Menschen erschossen und eine mir nicht genau bekannte Zahl an Menschen ist in Flüssen und in der Ostsee ertrunken. Das sind etwa 0,6 Tote pro Jahr und pro Million Einwohner.



    Der "antimigrantische Schutzwall" der EU hat dazu geführt, dass in den letzten 20 Jahren schätzungsweise zwischen 50.000 und mehr als 100.000 Menschen im Mittelmeer und im Atlantik ertrunken oder in der Sahara verdurstet sind. Unzählige weitere wurden in die Sklaverei verschleppt. Deren ungeachtet hat das EU-Grenzregime also zwischen 5,6 und mehr als 11 Todesopfer pro Jahr und pro Million Einwohner gekostet.



    Diese Zahlen kann jede/r selbst interpretieren.



    Wenn dieser Text dazu aufruft, eine solche Politik als moralisch legitim anzuerkennen, weil sie den "Spielregeln" (taz.de/Europa-Popu...andemie/!5729585/) gemäß ist, dann verkennt die Verfasserin (und Habeck auch), dass Menschen opfern kein Spiel ist. Das wussten Adorno und Horckheimer, auf die sie sich a.a.O. bezieht, genau.



    "Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen."

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Tja, dafür können wir uns aber so moralisch und ethisch überlegen fühlen. Es ist an Scheinheiligkeit nicht zu übertreffen. Daher danke für die Einordnung der Zahlen!

      Ich hoffe, dass irgendwann eine Mehrzahl der Menschen hierzulande ein wieder korrigiertes Gerechtigkeitsempfinden besitzen werden. Aber leider wird man ja von so vielen Informationen "eingelullt" und abgelenkt.

    • @85198 (Profil gelöscht):

      Danke, dass Sie das Problem einmal aus einer anderen Perspektive betrachten. Wir, die Guten, haben schon viel zu lange sehr selbstgerecht eine Perspektive eingenommen, die ideologisch verbrämt ist und selbst das Schlechte noch dann als gut bewertet, wenn die Zahl der Toten kaum noch überschaubar ist.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Das Kernproblem ist das Frankreich immer noch (indirekt) Kolonialmacht ist, wie jede Kolonialmacht braucht es daher eine Ideologie die die eigene Rolle legitimiert. Dies sieht man dann im Nationalismus, der Überhöhung der eigenen Geschichte und einer tief sitzenden nationalistischen Grundstimmung, das geht soweit sich gegen eine 2 Euro Gedenkmünze für die Schlacht von Waterloo durch Belgien einzusetzen oder die Umbenennung der Waterloo station in London zu fordern.



    Solange der fortgesetzte Kolonialismus und der gesamte Nationalismus nicht in Frage gestellt wird kann FN weiterhin als extremste Vertreter einer Grundstimmung Punkten.

  • Zunächst hat ja Frankreich von Deutschland gelernt mit Steuersenkungen für Reiche und Abbau sozialer Standards.



    Von Frankreich lernen könnte auch bedeuten, keinesfalls diese antisoziale, neoliberale Politik eines Macron zu verfolgen, die in erster Linie den Rechtsextremismus fördert. Wobei Rassemblement National im Vergleich zur AfD deutlich sozialere Positionen vertritt. Auch das wird gerne verschwiegen. Insofern könnte man auch Äpfel mit Birnen vergleichen.

    • @Rolf B.:

      Auf europäischer und internationaler Ebene kooperieren diese rechtspopulistischen Parteien aber schon hervorragend, ob es sich um RN, AfD, Fidesz oder PiS handelt ... und sie sind sich auch einig in ihrer Gegnerschaft gegen die liberale parlamentarische Demokratie.



      Auf linker Seite kann es daher keine Gemeinsamkeiten mit dieser Bewegung geben, auch wenn sie wie in Frankreich als Wolf im Schafspelz bzw. mit sozialstaatlicher Programmatik auftritt ... Herrn Höcke wollen Sie diese Attitüde doch wohl auch nicht abnehmen, oder?

      • 8G
        85198 (Profil gelöscht)
        @Abdurchdiemitte:

        Sie schreiben auch von der "liberalen" parlamentarischen Demokratie.



        Genau dieser "diskursive Coup d'Etat" des Liberalismus ist doch das Problem. Im Grundgesetz ist im Artikel 20 festgelegt:



        "(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat."



        und im Artikel 15 ist zu lesen:



        "(1) Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden."



        Der Liberalismus ist im GG genausowenig als Wirtschaftsweise festgelegt wie der Sozialismus. Festgeschreiben sind im GG die Werte der Freiheit (Art. 2), der Gleichheit (Art. 3) und der Solidarität (Art. 20), das sind die Werte der französischen Revolution, die nicht von Liberalen, sondern von Sozialist:innen und Kommunist:innen verkündet wurden.



        Diese Werte als "liberale Werte" in Beschlag zu nehmen, ist eine kulturelle Inbesitznahme der parlamentarischen Demokratie im Namen einer bestimmten Auslegung und Gewichtung dieser Werte.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Ja, im Grunde kein Widerspruch von mir, denn unter liberal verstehe ich im Kontext von parlamentarischer Demokratie das diskursive Element, meinetwegen auch das Aushandeln gesellschaftlicher Kompromisse, ohne das Demokratie nach meiner Überzeugung überhaupt nicht funktionieren kann ... da hatte ich weniger den Liberalismus als ideologische Strömung neben anderen im politischen Spektrum im Sinn und schon gar nicht Begriffe wie Wirtschafsliberalismus oder Neoliberalismus.



          Die Vorherrschaft solcher Ideologien können sogar zu einer echten Gefahr für die Demokratie werden.



          Allerdings sehe ich Ihre Interpretation der Französischen Revolution - deren Werte aus Ihrer Sicht angeblich von Sozialisten und Kommunisten verkündet wurden - aus historischer Perspektive eher kritisch.Da sollten Sie sich noch mal belesen.

        • @85198 (Profil gelöscht):

          Ich stimme Ihnen vollkommen zu. Allerdings würde ich es deutlicher formulieren, denn die "Inbesitznahme der parlamentarischen Demokratie" durch den Neoliberalismus und der marktradikalen Denke ist langfristig der Tod der Demokratie, zumal keine Partei in Deutschland nur ansatzweise über eine Erweiterung/Erneuerung der Demokratie nachdenkt. Im Gegenteil. Auf ihrem letzten (virtuellen) Parteitag haben sich die Grünen gegen eine direkte Demokratie ausgesprochen.

          • @Rolf B.:

            Auch Zustimmung, nur denke ich, in Zeiten zunehmender Bedrohung des Parlamentarismus durch den Rechtspopulismus muss es im Interesse der Linken sein, dieses Modell jetzt vehement zu verteidigen, trotz aller Unzulänglichkeiten ... also auch eine klare Absage an alle Querfrontbegehrlichkeiten.



            Da ist meine Haltung eindeutig, wenn man mich fragt, auf welcher Seite des Grabens ich denn stehen würde.

  • Zuviel Toleranz auf der einen Seite erzeugt evtl eine Gegenreaktion aber auf die Idee kommen sie ja nicht...

  • "Mit dem Ergebnis, dass viele Linke drohen, sich bei den Wahlen 2022 zu enthalten, anstatt im zweiten Wahlgang wie zuletzt für Macron gegen Marine Le Pen zu stimmen. Dies würde bedeuten, dass die „republikanische Front“, die die Rechtsextremisten dreißig Jahre lang von der Macht fernhielt, 2022 Geschichte ist."

    Die front républicain bröckelte doch 2017 schon gewaltig, von den 4 stärksten Kandidaten, die 2017 nicht in die Stichwahl kamen, forderten doch schon nur noch 2 zur Wahl von Macron auf. Dupont-Aignan rief sogar zur Wahl von Le Pen auf und Mélanchon sagte, keine Stimme für Le Pen aber nicht, das man Macron wählen solle und in Frankreich ist es nicht unüblich, leere Stimmzettel abzugeben.

    Als der alte Antisemit gegen Chirac 2002 im 2. Wahlgang antrat, hat er 17,8% geholt, seine Tochter 2017 schon 33,9%.

    • @Sven Günther:

      Es war schon 2002 ne Katastrophe, dass LP-père mehr Stimmen bekam als Jospin.



      Heute, mit LP-fille scheint das normal, wird aber dadurch nicht besser.



      Was soll man in Deutschland wirklich von Frankreich mit so einer Entwicklung lernen?

    • @Sven Günther:

      Sollte es zu einer Neuauflage von Macron-LP kommen, würde ich schon ne Faust in der Tasche machen und im 2. Wahlgang Macron wählen.



      Aber dramatisch ist das schon.



      Grundsätzlich würde ich auch gerne mal FÜR jemand wählen wollen, - und nicht nur GEGEN das schlimmere Übel.



      Hätte sich CHRISTIANE TAUBIRA für eine Präsidentschaftskandidatur entschlossen, wäre sie für mich DIE halbwegs integere Person gewesen, FÜR die ich gerne meine Stimme abgegeben hätte.



      Hätte, hätte, Fahrradkette...

  • Die generelle AfD-Feindlichkeit der deutschen Medien wird diese Partei auch nicht marginalisieren. Die AfD besorgt das bisher selbst. Aber wenn erstmal eine wirklich charismatische AfD-Führerin wie LePenn kommt, dann ...

    Für die Gesellschaft wäre ein entspannter Umgang mit den Rechten empfehlenswert. Das Meinungspendel schlägt so oder so immer mal um. Das sollte in einer Demokratie möglich sein.

    • @TazTiz:

      Man kennt das. Das Berichten von Fakten über die neue Rechte nennt sich in gewissen Kreisen "Feindlichkeit". Eine andere Meinung zu einem Thema zu haben nennt sich in diesen Kreisen "Diffamierung". Und Kritik nennen diese Leute üblicherweise "Mundtot machen"-

    • @TazTiz:

      Ihr Kommentar zeigt mir nur, dass die Frage nicht heißen sollte, was Deutschland von Frankreich lernen, sondern was die deutsche nicht von der französischen Linken lernen sollte ... nämlich, dass der Kampf in erster Linie gegen die liberale parlamentarische Demokratie geführt werden soll und dabei jeder Bündnispartner, auch von Rechts, willkommen ist.



      Damit würde sich außerdem die historische Fehleinschätzung der KPD von 1933 wiederholen, die in die Barbarei des NS geführt hat ... da hat es nicht nur bürgerliche Steigbügelhalter gegeben.



      Nein, zur AfD kann es kein entspanntes Verhältnis seitens der deutschen Linken geben, genauso wenig, wie die französische Linke Le Pen gegenüber Macron vorziehen sollte, wenn sie keine eigene Machtoption hat.

      • @Abdurchdiemitte:

        Danke für Ihren Hinweis auf das Verhalten der KPD 1932, mit dem Kampf gegen die SPD als Hauptmission. Damit war das progressive Lager bis zur Machtergreifung zerschlagen. Komplett wird das Bild, finde ich, wenn man die damaligen deutschen Konservativen betrachtet, die ahnungs- oder hemmungslos mit den Nazis kooperiert haben. Dies, man muss es feststsellen, ist heute anders. Die CDU kooperiert nirgends mit der AfD. Die konservativen Medien (FAZ, Die Welt) übernehmen nirgendwo AfD-Standpunkte. Das muss man den braven Merkel-Konservativen von heute zu Gute halten, und ich glaube das ist auch der Unterschied zu Frankreich, wo die zersplitterten Konservativen diese Hemmungen nicht immer haben.

  • Wo wäre denn der Lerneffekt, sollte 2022 tatsächlich l.P.



    die Präsidentschaftswahlen gewonnen haben?



    Stimmt schon - Macron demontiert sich selbst am Besten.



    Ich lebe gern in Frankreich, aber mir grausts schon bei dem Gedanken an eine potentielle rechtsextreme Präsidentschaft.



    Immigration, Bildung, et j'en passe...

    • 9G
      92293 (Profil gelöscht)
      @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

      Jeder Präsident demontiert sich selbst bei Holland ging es nicht so schnell, die Neuorganisation der Linken parteienlandschaft hat lepen etwas ausgebremst .... unangenehm rechts finde ich die Nichte von Marine lepen. Ansonsten finde ich es nach wievor nicht erstrebenswert in in einer rechtslastigen Gemeinschaft zu leben

      • @92293 (Profil gelöscht):

        ..."unangenehm rechts" spottet jeder Beschreibung



        Die ganze Familie ist ne Schande für das Land -



        Und großspurige Rattenfänger sind sie auch noch,



        33.9% 2017, siehe Sven Günther weiter oben für die erschreckende Tendenz.