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Lachen über den Warntag 2024Stresstest für die Bevölkerung

Tanja Tricarico
Kommentar von Tanja Tricarico

Der Test hat gezeigt, wie wenig ernst politische Ent­schei­de­r:in­nen den Bevölkerungsschutz nehmen. Doch im Klimawandel retten Warnungen Leben.

Der Warntag wird von vielen Menschen nicht ernst genommen Foto: Friso Gentsch/dpa

A ls gegen 11 Uhr an diesem Donnerstag Mobiltelefone einen schrillen Ton absondern, brechen viele Menschen erstaunt in Gelächter aus, andere stöhnen entnervt auf, wieder andere haben keinen Durchblick, was eigentlich gerade passiert. Die Reaktionen sind eklatant: Deutschland testet seine Warnsysteme – und die Bevölkerung nimmt diese nicht ernst oder hat keine Ahnung. Dabei ist der Warntag eine echte Errungenschaft. Erst zum vierten Mal findet dieser statt. Und anders als bei anderen Testläufen kommen die Warnsignale flächendeckend an, die Medien melden die Probewarnung, Fehler haben sich deutlich reduziert.

In Zeiten, in denen sich Hochwasser, Starkregen, Stürme verschärfen, retten Warnmeldungen Leben. Und ja, auch im Fall einer wie auch immer gearteten Kriegsfolge würden sie ausgelöst werden. Das soll hier kein Schreckensszenario sein, aber die Realität zeigt, dass Katastrophen und Bedrohungen für die Bevölkerung keine Ausnahmen sind, die so gut wie nie eintreten.

Der Test und die Reaktionen zeigen auch, wie wenig ernst politische Ent­schei­de­r:in­nen den Bevölkerungsschutz nehmen. Der jährliche Tag des Bevölkerungsschutzes gleicht mehr einem Volksfest mit Spiel und Spaß für Groß und Klein als einer seriösen Infoveranstaltung. Die Notwendigkeit von Testläufen für Warnungen kam offenbar auch noch nicht als wichtige Maßnahme eines Gesamtkonzepts in Sachen Katastrophenschutz an.

Abgesehen davon: THW, Freiwillige Feuerwehren, Organisationen für Erst­hel­fe­r:in­nen kämpfen um staatliche Förderung und damit auch um Anerkennung. Lobende Worte nach jedem Einsatz halten keine Mitglieder, neue werden so auch nicht gewonnen. Hinzu kommt, dass analoge Warnsysteme wie Sirenen immer noch nicht in der Anzahl installiert sind, wie sie für den Ernstfall notwendig wären – vor allem im ländlichen Raum, wo deren Wartung und Betrieb oft dem Sparkurs zum Opfer fiel. Zum Glück ist der Warntag ein jährliches Ritual. Vielleicht gibt es 2025 weniger Gelächter.

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Tanja Tricarico
wochentaz
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Leitet derzeit das Politik-Team der wochentaz. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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12 Kommentare

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  • Lief doch, Diensthandy (Huawei, Telekomnetz) blieb wie immer stumm, dafür hat sich das alte Ehepaar im Auto vor mir so sehr erschreckt, dass sie mitten auf der Landstraße mal schön auf Schritttempo runterbremsten.

  • Musste an Tina Bomelino und seine "Es besteht keine Gefahr-Anlage" denken.



    www.youtube.com/watch?v=yQ1jeCUmV0c



    Allerdings, in einem Land, in dem Brücken zusammenbrechen, ohne vorherige Sperrung, hält sich mein Vertrauen in Behörden stark in Grenzen.



    Und im Aartal war das Problem nicht die Alamierbarkeit, sondern der fehlende Wille in Verwaltung und Politik tätig zu werden!

  • Also, im norddeutschen Tiefland hat erstens jedes Dorf seine Freiwillige Feuerwehr und jede FF ihr Feuerwehrhaus mit Sirene, zweitens nimmt man aufgrund des Hintergrunds der Sturmflutsaison mit Deichbruchgefahr Warnsignale generell ziemlich ernst: Ein Kommentar aus dem Berliner Paralleluniversum?!

  • Im Gegensatz zur peinlichen Veranstaltung von Horst Seehofer, die einfach nicht funktionierte, ist dies die dritte Warnmeldung, die auch bei mir angekommen ist.



    Ebenfalls funktionierte dieses und letztes Mal die örtliche Sirene.



    Der Bevölkerungsschutz wurde ab 2022 strukturell verbessert, der Tag des Bevölkerungsschutzes ist ein Weg, die drohenden Gefahren ins Gedächtnis zu rufen, ohne Panik zu verbreiten.



    Mir ist nicht ganz klar, warum ein erfolgreicher Test eine schlechte Nachricht sein soll!?

  • Der Test hat gezeigt, wie wenig ernst politische Ent­schei­de­r:in­nen den Bevölkerungsschutz nehmen. Doch im Klimawandel retten Warnungen Leben.



    ---



    Ja kann d/W/m wenigstens theoretisch so sehen.



    Doch was geschieht dann?



    Hochwasser, Stark-Wind & -Regen, großflächiger Black-out im Stromnetz!



    Welche "Handlungsanweisungen" gibt es dann, welche "Hilfsmaßnahmen, Sammelpunkte usw" sind vorbereitet,...?



    Seit 1990 wurde das, was sich mal "Zivil- oder Katastrophenschutz nannte massiv "abgewickelt"!



    Not-Kommunikationsnetze wurden VOIP wie unsere Telefone auf umgestellt. Nix geht mehr, wenn der Strom ausfällt. Das GMS-Netz ist fast nicht Notstrom versorgt, ist auch nur ein Zugangspunkt zu Glasfaser usw.



    Feuerwehren haben auch zu wenig Notstrom-Diesel & in einer Reportage zeigte ein KH-Technikdirektor stolz seine Notmaßnahmen:



    30 Minuten Akku, dann 48 Std Diesel im Tank & dann "einen Vertrag mit einem Lieferanten! Wie der dann Heizöl usw. ohne Strom aus den Tanks kriegt? ????????



    Doch immerhin! Wir wurden VORHER gewarnt! :-((



    Ps. GMS der Bahn vor kurzem ausgefallen, HEUTE großes Bezahlkarten-Problem ...



    Na ja.... Hauptsache wir sparen Kosten! :-((

    • @Sikasuu:

      Das mit dem bereits abgeschafften MW-Rundfunk und der geplanten Abschaltung von UKW zusammen mit fehlender Notstromversorgung von Mobilfunkmasten und Ortsvermittlungstellen (kein POTS) wird uns noch auf die Füße.



      Symptomatisch für die Dummheit, als beim Hochwasser in Bayern aus Sicherheitsgründen erstmal der Strom abgeschaltet wurde, empfahl ein jüngerer Feuerwehrmann im Fernsehen älteren und gebrechlichen Leuten sich auf dem Smartphone in sozialen Netzwerken zu informieren. .... finde den Fehler.

  • „ brechen viele Menschen erstaunt in Gelächter aus, andere stöhnen entnervt auf, wieder andere haben keinen Durchblick, was eigentlich gerade passiert.“

    Habe ich nicht beobachtet und lese ich zum ersten Mal. Ist das einfach eine mißlungene Einleitung?

    • @Strolch:

      Muss wohl nur in der taz Redaktion so gewesen sein 😁

  • Sorry,



    Hier gab es überhaupt kein Gelächter und man kann nicht erkennen, dass politische Entscheiderinnen es nicht ernstnehmen.

  • Ich war, obwohl ich täglich DLF höre, dieses Mal erstaunlicherweise nicht informiert, wusste bei dem



    nervigen Ton aber aufgrund der vergangenen Jahre Bescheid. Ich muss dennoch sagen, dass ich kaum glaube, dass ich mich in einem der dafür infrage kommenden sogenannten Notfälle darauf verlassen könnte oder würde. Wie schon im Artikel beschrieben, fehlt doch die Ernsthaftigkeit und zwingende Konsequenz. Das ist wenig verwunderlich in einer Republik, die seit spätestens Anfang der 90er auf Verschleiß fährt und deren politisch Verantwortliche die Bevölkerung nur als Erfüllungsgehilfen zur Sicherung der Stimmen und nur am Rande ernst nimmt. Im Notfall wird es laufen wie immer. Die Verantwortlichen sind nicht erreichbar oder „unzureichend informiert gewesen“, man gelobt Besserung, ist emotional bei den Angehörigen und wünscht bis dahin alles Gute für den weiteren persönlichen und beruflichen Weg. Beschwichtigen, wegducken, weitermachen, Tantiemen sichern. Einstürzende Brücken sind erst der Anfang vom Ende. Wo verbleiben nur die Gelder aus den jährlichen Rekord-Steuereinnahmen?

  • Ich habe den Probealarm im Autoradio mitbekommen und finde das ganz ok.

    Zuhause wurde ich dann am Desktop von der Organisation, die für den Alarm verantwortlich zeichnet, in angeblich 10 Minuten zu diesem befragt.



    Wobei mein Mac mit OS 14.6.1 leider einfror. Dass sowas auf einem Mac noch passieren kann, war mir neu. Und ich habe die Dinger seit 1984!

  • Ich finde es grundsätzlich erstmal ein Zeichen von Verstand, wenn man zwischen einer Übung und dem Ernstfall unterscheiden kann. Wie man die Übung dann kommentiert, ist vermutlich nicht ganz so wichtig - da ist auch Genervtheit oder Gelächter nicht per se schlecht.

    "Hinzu kommt, dass analoge Warnsysteme wie Sirenen immer noch nicht in der Anzahl installiert sind, wie sie für den Ernstfall notwendig wären – vor allem im ländlichen Raum, wo deren Wartung und Betrieb oft dem Sparkurs zum Opfer fiel. "



    Ganz im Gegensatz zu Berlin, nehme ich an. ;)