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Kruzifixe in bayrischen SchulenDas Kruzifix ist ein Eingriff in die Freiheit

Zwei Schülerinnen hatten keinen Bock auf Kreuze, vor Gericht bekommen sie Recht. Po­li­ti­ke­r:in­nen wollen das Urteil nun prüfen.

Das Kreuz sei ein religiöses Symbol und stelle damit einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit dar., so das Bayrische Verwaltungsgericht Foto: imago classic

Schmunzeln müssen in vertraulichen Gesprächen selbst CSU-Politiker, wenn sie an Markus Söder und das Kreuz denken: 2018 war es, der Mann war gerade im letzten Jahr der Legislaturperiode zum Ministerpräsidenten gekürt worden und stand kurz vor dem Wahlkampf. Da beschloss er, den Freistaat mit Kreuzen zu beglücken. Im April verabschiedete das Kabinett den umstrittenen Kreuz­erlass, der kurz darauf in Kraft trat: In jedem staatlichen Gebäude habe künftig ein Kreuz zu hängen.

Gut in Erinnerung blieben die recht speziellen Bilder, die Söder zeigten, wie er selbst in der Staatskanzlei ein Kreuz aufhängte. Sein Gesichtsausdruck habe etwas Diabolisches gehabt, sagte später ein führender CSU-Politiker. Selbst die Kirchen reagierten damals irritiert. Das Kreuz, fand mancher Bischof, eigne sich nicht für Wahlkampfzwecke.

Bald merkte auch Söder, dass mit dem Kreuz auch in Bayern nicht mehr unbedingt der große Stimmenfang zu machen sei. Das Thema wanderte auf seiner Prioritätenliste sehr weit nach unten. Von Sanktionen gegen Hausherrinnen oder -herren, die kein Kreuz aufhängten, ist jedenfalls nichts bekannt geworden.

Die Kreuze stießen weitgehend auf Nichtbeachtung. Anders im Hallertau-Gymnasium in Wolnzach im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, wo das Kreuz im Eingangsbereich unübersehbar war: Von dem 1,50 Meter hohen und 50 Zentimeter breiten Kreuz grüßte der Gekreuzigte persönlich allmorgendlich die Schülerinnen und Schüler.

Das Ding muss weg, finden zwei Schülerinnen

Zwei der Schülerinnen störten sich daran so sehr, dass sie forderten, das Kruzifix abzuhängen. Ein Wunsch, dem die Schule nicht nachkommen wollte. Jetzt entschied der Baye­rische Verwaltungsgerichtshof zugunsten der mittlerweile ehemaligen Schülerinnen, die gegen die Entscheidung der Schule geklagt hatten. Diese, so heißt es in dem Urteil, sei verpflichtet gewesen, das Kruzifix zu entfernen.

Der Grund: Das Kreuz sei ein religiöses Symbol und stelle damit einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit dar. „Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert.“

Das freilich widerspricht der Haltung der Staatsregierung, die mit Blick auf Söders Kreuz­erlass stets argumentiert hatte, das Kreuz sei eben nicht in erster Linie ein religiöses Symbol, sondern Ausdruck der christlich-abendländischen Prägung des Bayernlands.

Dass die Richter nun im Sinne der Klägerinnen entscheiden konnten, liegt vor allem daran, dass der Kreuz­erlass in Gymnasien keine Geltung hat. Die Kruzifixe sind laut Gesetz in Grund-, Mittel- und Förderschulen Kreuze aufzuhängen, und das sogar in jedem Klassenzimmer, nicht aber in Gymnasien.

„Bayern ist ein Land der Vielfalt“

Der Aufschrei der Staatsregierung fiel allerdings eher verhalten aus. Gerichtliche Entscheidungen seien zu respektieren, ließ etwa CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek verlauten, dennoch bedauere er die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. „Bayern ist ein Land der Vielfalt und der Toleranz – aber Bayern ist eben auch ein Land mit christlich-abendländischer Prägung. Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“

Holetschek betonte auch, dass der Kreuz­erlass durch die Entscheidung nicht infrage gestellt sei. Es handele sich um einen besonderen Einzelfall. Und: „Das Kreuz gehört zu Bayern.“ Man werde das Urteil nun auswerten.

Ähnlich äußerte sich auch Kultusministerin Anna Stolz von den Freien Wählern. Sie nehme das Urteil „zur Kenntnis“. Selbstverständlich prüfe man die Konsequenzen. Dafür interessierte sich auch die Deutsche Presse-Agentur und fragte beim Hallertau-Gymnasium nach, ob das Kreuz abgehängt werde. Die Schule hat sich dazu nicht geäußert.

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58 Kommentare

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  • Als Mensch ohne religiöse Überzeugung betrachte ich es als Belästigung, wenn ich genötigt werde religiöse Überzeugungen wahrnehmen zu müssen, die ja eigentlich nichts anderes sind als Krücken für Menschen, welche aus eigener Anschauung in ihrem Leben keinen Sinn erkennen.

    Für meine Begriffe ist Religion, welche auch immer, eine Sache die im Kopf stattfindet und auch dort zu bleiben hat. Jedwede öffentliche Darstellung von Religion hat meiner Meinung nach schon aus Frieden sichernden Gründen zu unterbleiben. Kirchen, Dome, Synagogen und Moscheen, sofern sie denn als solche zu erkennen sind, gehören abgerissen.



    Religion war schon immer, seit Jahrtausenden, Auslöser für Konflikte und Kriege. Keine Ursache weltweit hat mehr Verletzte, Krüppel und Tote zu verantworten.

    Damit ich nicht falsch verstanden werde: "Jeder Mensch soll glauben dürfen was er möchte." Es hat nur nichts im öffentlichen Raum zu suchen, denn es ist etwas persönliches.

  • "Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander." - vielleicht möchte die CSU bald damit anfangen, ihre Politik danach auszurichten.

  • Deutschland wird religiöser. Jüdisches Leben wird gefördert. Afghanische und arabische Muslime sehen Deutschland als Zufluchtsort. Zumindest Grüne, SPD und Linke bekennen sich zu christlicher Politik.

    Warum eigentlich? Die drei Religionen glauben an einen allmächtigen Gott, zu dem sie eine besondere Beziehung haben und mit dem sie über Gebete kommunizieren. Das gefährliche ist, dass sich die Religiösen für auserwählte halten, die auf Nichtreligiöse herabsehen.

    Eine -noch- überwiegend säkulare Gesellschaft, die diesen Kinderglauben fördert - sehr merkwürdig.

    • @A. Müllermilch:

      Ich finde, Sie setzen an der falschen Stelle an, wenn Sie fragen, warum Menschen überhaupt an Religion glauben, denn abgesehen davon, dass es nicht darum geht, finde ich das übergriffig und anmaßend. Vielmehr geht es doch darum, ob wir in einem säkularen, laizistischen Staat leben oder eben nicht. Wenn ja, dann hat kein Kreuz, kein Kopftuch keine Kippa, nichts, das ein religiöses Symbol ist, wofür es nun auch immer nach der jeweiligen Auslegung, der oder des Gläubigen stehen soll, nichts in öffentlichen Einrichtungen, in Verwaltungen, Schulen, Politik, praktisch alles, was den Staat vertritt, kompromisslos und konsequent zu suchen. Und was die Herren der CSU meinen, wofür auch immer ihr Kreuz steht, da können sie sich deswegen ihr privates Wohnzimmer mit komplett zukreuzen, aber mir nicht öffentlich ins Auge drücken, woran sie wie glauben! Der gemeinsame Nenner für Werte und Kultur kann in einer demokratischen und solch pluralistischen Gesellschaft wie der deutschen, nur Laizismus sein, da nichts anderes allen gleichermaßen gerecht wird. Und was soll denn heißen christlich abendländische Werte? Als ob, Nächstenliebe, Barmherzigkeit usw. ein Alleinstellungsmerkmal von Christen sei!

    • @A. Müllermilch:

      Warum?



      Weil der freiheitlich-demokratische Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht schaffen kann.

      Die ganze Welt wird gerade religiöser.

      Religiosität und Spiritualität stellen offenbar ein menschliches Grundbedürfnis dar.

      Wenn dieses Bedürfnis in nichttheistischen Religionen, wie Nationalismus, gestillt wird, wird nichts besser oder unblutiger.

      Auf andere herabsehen, die nicht die eigene Überzeugung haben, ist kein Privileg von Religiösen.

      Die Säkularisation ist ein typisch europäischer Wert.

      Wer Migration an sich gut findet, muss damit leben, dass die Gesellschaft religiöser wird.

  • Meine Güte...



    Ja, das Kreuz ist ein Christliches Symbol, genau genommen DAS Christliche Symbol. WIr sind ein Land der REligionsfreiheit. DAs bedeutet doch, dass man auch religiöse Symbole sehen darf. Religionsfreiheit heißt ja nicht Laiizistisch. Ich bin klar ein Befürworter von Religiösen Symbolen in der Gesellschaft. Die Konsequenz einer Freiheitlichen Gesellschaft müsste nach meiner Meinung nicht sein, die Kreuze zu entfernen sondern dazu noch eine Quran-Sure zu hängen und auf die andere Seite zwei Tafeln mit den 10 Geboten für die Verbindung zum Judentum. Für die Atheisten rahmen wir noch einen Geldschein ein und auch der Taoismus hängt, sofern Schüler*innen dieser Religion in der Schule sind das entsprechende Symbol auf.



    Klingt das Satirisch? Wenn Ja tut es mir leid, ich meine es absolut ernst. Bitte nehmt einfach die Freiheit ernst!

    • @Goyo:

      "WIr sind ein Land der REligionsfreiheit."--> Ja, wir haben die Religionsfreiheit. Das heißt aber eben auch, dass man nicht nur die Freiheit hat eine Religion zu haben, sondern gerade auch Religion als Konzept gänzlich abzulehnen. Das ist die sogenannte "negative Religionsfreiheit". Der Staat ist säkular, gewährleistet also die Religionsfreiheit (positiv und negativ) hat sich aber selbst zur religiösen Neutralität gezwungen.

      "DAs bedeutet doch, dass man auch religiöse Symbole sehen darf."--> Ja, richtig. Man darf und muss religiöse Symbole sehen und ertragen. Aber eben nur im religiösen Kontext. Der neutrale Staat darf sich nicht mit den Religionen gemein machen und diese propagieren. Religion ist Privatsache und hat im Hoheitsverhältnis Staat-Bürger nichts verloren. Deswegen dürfen Personen mit Hoheitsbefugnissen keine offensichtlichen religiösen Symbole tragen (offene Kreuzkette, Kopftuch) und auch in Gebäuden keine religiösen Symbole (Kreuze) hängen.

      Deswegen ist der bayerische Kreuzerlass verfassungswidrig. Söder, Holetschek und Co. sollten ihn endlich zurückziehen.

    • @Goyo:

      Wer religioese Symbole sehen will, kann in die Kirche gehen oder sie zu Hause aufhaengen - die Religionsfreiheit schuetzt dieses Anliegen.

      Aber warum sollen Menschen, die mit den Symbolen vielleicht Diskrimierung, Folter und Mord verbinden, gezwungen werden sie jeden Tag zu sehen?

      Von daher: "Don't pray in my school and I won't think in your church".

    • @Goyo:

      Naja Deutschland ist aber auch ein sekulärer Staat, der Staat muss in religiösen belangen also neutral sein. Religiöse Symbole jeder Art haben an Staatlichen Einrichtungen einfach nichts verloren. Außerdem, was haben Geldscheine bitteschön mit Atheismus zu tun?

    • @Goyo:

      Ja, meine Güte... Zum einen finde ich es ausgesprochen herablassend für die Atheisten einen Geldschein aufhängen zu wollen - als wäre Geld oder Raffgier unsere Relgion, als hätten wir keine Moral. Die Kirchen ist sehr gut darin zu Behaubten, sie hätten ein Monopol auf Moral, Nächstenliebe und Anstand. In Wahrheit braucht es aber keine Kirche oder Religion für Moral, das beweisen Philosophen seit Jahrtausenden.

      Zum anderen ist es unpraktikabel mehrere Dutzend Glaubenssymbole (inkl. Satanismus, FMS usw.) an die wände aller möglichen Staatlichen Institutionen hängen zu wollen. Zusätzlich muss ich widersprechen - wir leben in einem säkularen Staat und ich lehne auch aus persönlicher Überzeugung Religiöse Zeichen in staatlichen Einrichtungen ab. Sie haben dort nichts zu suchen. Sie dürfen sie gerne selbst tragen, zuhause Aufhängen und Kirchen ausstaffieren wie Sie lustig sind. Aber nicht in staatlichen säkularen Einrichtungen.

      Und ja, ich störe mich auch ungemein daran, dass es an staatlichen Schulen Religionsunterricht gibt. Der gehört dort schlicht nicht hin, sondern maximal in eine AG am Nachmittag.

      Alleine für uns dann einen Kompromiss zu finden, wird hinreichend schwierig.

      • @Wollibus:

        Kann ihren Gedankengang durchaus nachvollziehen.



        Ein säkularer Staat sollte aber auch nicht seine Bürger mit kirchlichen Feiertagen beglücken. Manche sind ja Allgemeingut geworden. Aber warum 2. Weihnachtstag, 2. Ostertag, Pfingsten oder Fronleichnam. Das sollten ganz normale Arbeitstage sein. Die Menschen sind schon faul genug hierzulande. Eventuell frei, für Mitglieder der Kirchen, und dann eventuell auch das Zuckerfest als Feiertag für muslimische Gläubige.

      • @Wollibus:

        Deswegen bin ich für kompromisslosen Laizismus und null Toleranz religiöser Symbole in öffentlichen Einrichtungen, Verwaltungen und der Politik erst recht natürlich!



        Und sehe dadurch auch in keinsterweise meine persönliche Religionsfreiheit ) als gläubige Muslimin eingeschränkt oder mich deswegen benachteiligt. Im Gegenteil, ich finde es super in einem Land zu leben, in dem jedem, egal welcher Religion er angehört, alles gleichermaßen offensteht, ohne dass der Eindruck entstehen soll, dass eine Religion höherwertiger oder gewichtiger sei. Religion ist für einen von Herzen anbetenden Menschen etwas Wundervolles, Erfüllendes und es ist etwas sehr Privates, ich würde sogar sagen für mich persönlich etwas Intimes. Und das findet in meinem absolut privaten Bereich statt. das hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen und ich habe nicht das Bedürfnis, es öffentlich jedem ins Auge drücken zu müssen. Und möchte es umgekehrt auch nicht. Daher bin ich ein totaler Unterstützer der Neutralität und eines anständig säkularen Staates.

        (Gott, das klingt jetzt vielleicht etwas sehr sektenhaft, so militant will ich da gar nicht rüber kommen, aber bin wirklich überzeugt, dass es nicht anders geht)

      • @Wollibus:

        Geld und Raffgier IST unsere Religion.

    • @Goyo:

      Leider sind wir nicht laizistisch. Ich befürworte sehr die totale Trennung zwischen Staat und Religion. Religion ist Privatsache und nur dort gehört sie hin. Vielleicht kennen Sie das folgende Bonmot: Religion ist wie ein Penis. Es ist vollkommen okay einen zu haben. Aber präsentiere ihn nicht in der Öffentlichkeit.

      • @JC Kay:

        Diesen "gesellschaftlichen Konsens" haben wir allerdings zu einem nicht zu unterschätzendem Maß der Sexualfeindlichkeit vieler und besonders der drei Abraham-basierten Religionen zu verdanken...

      • @JC Kay:

        Laizistische Länder, wie Frankreich, haben nicht weniger Probleme.

        Man rutscht dort noch schneller in die Grundrechte rein.

    • @Goyo:

      Atheismus wird ihrer Meinung nach am besten durch einen Geldschein symbolisiert? Sie haben offensichtlich rein gar nichts begriffen.

    • @Goyo:

      "Für die Atheisten rahmen wir noch einen Geldschein ein" ... Wie kommt man bitte auf diese hanebuechene Herleitung!?

    • @Goyo:

      Was hat denn Atheismus mit dem Geldschein zu tun?

      Jede Religion sollte einfach nur Privatsache sein und missionieren von minderjährigen unter Strafe gestellt werden!

    • @Goyo:

      Für die Atheisten einen Geldschein einrahmen? Verwechseln Sie da vllt. Atheisten mit Kapitalisten?

  • Religion hat an staatlichen Schulen nix zu suchen.

  • Auf der einen Seite kein Kruzifix.



    Auf der anderen Seite Lehrerinnen mit Kopftuch.

    Das passt für mich nicht zusammen.



    Lehrerinnen sind ebenfalls Teil der Institution Schule und vertreten diese und damit ebenfalls Teil der „negativen Glaubensfreiheit“. Das sogar noch krasser: Dem Kruzifix kann ich mein Missfallen mitteilen, bei einer Lehrerin wird das ggf. negativen Einfluss auf meine Bewertung haben, da muss gute Miene gemacht werden .

    „Negative Glaubensfreiheit“ bin ich voll für. Aber bitte konsequent und für alle gleich.



    Also alles, was offiziell zur Schule gehört, Religionsfrei ( Gebäude/ Deko/ Personal), damit die Schüler hier ebenfalls frei sein können und nicht durch die Institution beengt werden.

    • @Lio:

      In Bayern herrscht ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen.

    • @Lio:

      Das sehe ich anders. Die Glaubensfreiheit bezieht sich auf die Individuen, ebenso wie die Meinungsfreiheit. Der Staat als Institution muss sich hingegen - im Rahmen der Verfassung - neutral zeigen. Das Personal in Schulen, auch Lehrkräfte und Erziehende, sollten ihren Glauben (oder Unglauben) und ihre Werte zeigen (können). Dadurch wird die Freiheit der Schüler:innen nicht eingeschränkt. Im Gegenteil lernen sie die Unterschiedlichkeit von Lebenshaltungen kennen und respektieren. Das gibt ihnen die Möglichkeit, eigene Haltungen zu entwickeln. Voraussetzung ist, dass die Erwachsenen ihre Haltungen den Schüler:innen weder aufdrängen noch verschweigen.

      Wenn Schüler:innen "gute Miene" zur Haltung einer Lehrkraft machen müssen, um sich ihre Note nicht zu verderben, entspricht das überholten pädagogischen Konzepten. Dann agiert die Lehrkraft unprofessionell oder an der Schule läuft etwas grundlegend falsch. Das würde ja aber auch passieren, wenn Lehrkräfte ihr religiöses Bekenntnis für sich behalten würden. Auch dann könnten Schüler:innen sich kritisch oder ablehnend über eine Religion äußern, die Lehrkraft sich dadurch abgewertet fühlen und eine schlechtere Note vergeben.

    • @Lio:

      "Auf der einen Seite kein Kruzifix. Auf der anderen Seite Lehrerinnen mit Kopftuch. Das passt für mich nicht zusammen."

      Das eine ist das Anliegen der Person, ihre eigenen Werte zum Ausdruck zu bringen. Das andere ist die staatliche Institution, die genau dies eben nicht soll. Eigentlich ganz einfach.

      • @Django:

        Die Lehrerin vertritt als Person die Institution und hat daher auch neutral zu sein. That simple.

        Das bezieht sich auf die , die die Institution vertreten. Nicht die, die dorthin gehen wie Schüler und zB Eltern.

        Das widerspricht klar dem Tragen eines Kopftuches. Gleiches gilt für Kippa, Kreuz, etc . Schule soll einen neutralen Rahmen bieten, ansonsten können die Kinder sich nicht entfalten.

        Wenn ich unterwegs bin im Job vertrete ich auch mein Unternehmen und habe mich dementsprechend professionell-neutral zu halten und nicht meinen persönlichenen Gusto in Form von zB Bandshirts einzubringen und meine Persönlichkeit zu zeigen… die spielt da nämlich schlicht keine Rolle, sondern meine Fachkompetenz.

        Und ja, Religion ist für mich das gleiche. Es ist die private Sache des Lehrpersonals und hat erst mal nix mit dem Job zu tun und damit nix da zu suchen.

  • Lehrer dürfen mit Kreuz um den Hals, Davidstern oder Kopftuch unterrichten. Da kann sich ein Schüler auch nicht dem Anblick entziehen.



    Wenn Lehrer religiöse Symbole tragen dürfen, wieso dann nicht auch Fassaden?

    • @Saskia Brehn:

      Kennen Sie einen Lehrer, der ein 1,5m großes Kreuz um den Hals trägt?

    • @Saskia Brehn:

      Das sind aber zwei verschiedene Sachen. Wenn alle Lehrer dazu gezwungen wären religiöse Symbole zu tragen wäre die Analogie schon richtig, wenn aber nur einzelne das tun ist es ihre oersönliche Glaubensfreicheit. Reöogiöse Symbole an Staatlochen Einrichtungen haben aber nichts mit persönlicher Glaubensfreicheit zu tun, sondern missachten den Grundsatz, dass der Staat in religiösen Belangen neutral sein muss.

      • @mbo:

        Ganz so einfach ist es nicht. Lehrkräfte sind für Schulbehörden und damit den Staat tätig, der lt. Urteil



        eine verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit sicher zu stellen hat.

        Weiter im Urteil: "„Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert.“

        Nichts anderes gilt für religiöse Lehrkräfte, die ihren Glauben durch Symbole bzw. Kleidungsstücke zur Schau stellen.

        • @Tom Tailor:

          Das stimmt nicht, finde ich. Das Kruzifix an der Wand spricht für die ganze Schule und diskutiert mit niemandem. Lehrkräfte können a) unterschiedliche Bekenntnisse zeigen und damit Vielfalt sichtbar machen, b) sprechen sie nur für sich, und sie können und sollten sich zu ihrer Haltung befragen lassen und die Schülerinnen unterstützen, zu eigenen Haltungen zu finden.

          • @sàmi2:

            Also die Schulwände freigeben für Dekorationen aller Art ? ☮️⚧️🏳️‍🌈 fein...

  • "...Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“

    Was machen wir mit Hexen?



    Wir verbrennen sie!



    😁

  • "Das Kreuz sei ein religiöses Symbol und stelle damit einen Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit dar. „Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert.“

    ...................

    Na, das ist ja lustig. Heute kam auch die Meldung, dass an Berlins Schulen Lehrerinnen Kopftuch tragen dürfen.

    Haben die Schüler da eine negative Glaubensfreiheit? Zumutbare Ausweichmöglichkeiten? Der Lehrerin ständig den Rücken zudrehen? Dann kriegen sie noch Ärger. Dann lieber ein Kreuz an der Wand. Das straft nicht oder gibt schlechte Noten.

    Zumal die Lehrerin ja auch eine wichtige Bezugs- und Vorbildfunktion hat? Schließlich suchen Kinder und Heranwachsende nach Orientierung und finden diese in der Regel bei den Erwachsenen.

    SPIEGEL: "Berlin: Lehrerinnen sollen wieder Kopftuch tragen können"



    www.spiegel.de/pan...-ac92-89733b241520

    • @shantivanille:

      In diesem Artikel geht es allerdings nicht um Berlin, sondern um Bayern, d.h. um ein Bundesland, in dem ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen in Kraft ist.

    • @shantivanille:

      Das sollte auch nicht sein. Genauso bin ich gegen jede Art von Religionsunterricht. Meiner Meinung nach sollte es ein Fach wie Kulturkunde geben, in dem auch die einzelnen Religionen vorgestellt werden.

    • @shantivanille:

      Meine Oma trägt auch Kopftuch. Was hat das mit Religion und Glauben zu tun?

      • @Freundlicher:

        Meine Oma trug auch Kopftuch. Bei der Gartenarbeit.

        Was ist das muslimische Kopftuch? Frau Prof. Schröter vom Forschungszentrum Globaler Islam, Universität Frankfurt, hat es in der taz in einem hervorragenden Interview mal ganz gut formuliert:

        "Es (das Kopftuch) ist eine absolute Dämonisierung des weiblichen Körpers, von dem angeblich „Gefahr“ ausgeht und den man deshalb reglementieren, einsperren, verhüllen, wegstecken muss."

        Empfehlung:



        taz.de/Forschung-z...en-Islam/!5608768/

        • @shantivanille:

          Frau Schröter ist eine Südostasien-Expertin, die nicht durch islamwissenschaftliche Expertise aufgefallen ist (sie spricht weder arabisch noch türkisch oder persisch...) und vor allem auf eine meinungsstarke Medienpräsenz setzt. Das mag genug sein, wenn man scheinbar akademische Autoritäten für die eigenen Vorurteile sucht, seriös ist daran aber nichts.

      • @Freundlicher:

        Das Kopftuch zum Schutz vor Wind und Wetter wird üblicherweise nur unter freiem Himmel getragen und bedeckt nicht zusätzlich noch den Hals.

        • @Tom Tailor:

          Es gibt viele Varianten, ein Kopftuch zu tragen.

          Und warum sollte ein Mensch nicht selbst entscheiden, wie viel er von seinem Körper zeigen möchte? Eine Einschränkung muß schon gut begründet werden.

      • @Freundlicher:

        Die Frage werden Ihnen diejenigen beantworten können, für die die Glaubensfreiheit (und zwar nur ihre eigene) das Argument ist, am Arbeitsplatz Kopftuch zu tragen (bzw. tragen zu dürfen).

        • @FriedrichHecker:

          Nein, die Frage verwechselt die Neutralität der staatlichen Institution auf der einen Seite ("negative Religionsfreiheit") mit der persönlichen Religionsfreiheit auf der anderen Seite.



          Niemand kann einer Lehrkraft verbieten, z.B. eine Kette mit einem Kruzifix-Anhänger zu tragen. Das ist ahlt etwas anderes als die Aufstellung eines "fast sadistischen Standbilds von einem Mann an einem Lattengerüst" (Herman van Veen) im Schulgebäude.

          • @Django:

            Naja, man kann das schon verbieten, die Frage ist, ob man das sollte: man kann Neutralität ja auf zwei Weisen denken: als das Verschwinden lassen individuellen Überzeugungen zugunsten eines reinen Republikanismus (die französische Lösung) oder als Freiraum für die weltanschaulichen Pluralität des jeweiligen Landes (die angelsächsische Lösung). Ich tendiere zu letzterer, auch aus praktischen Gründen (die französischen Kleiderregeln haben ja eher Konflikte geschaffen als gelöst). Aber in jedem Fall muss man konsequent sein und das ist Bayern gerade nicht - wenn man Kreuze aufhängt, aber Kopftücher verbietet, ist das nur eins: diskriminierend.

  • Da hing kein Kreuz, sondern ein Kuzifix. Damit hängt der Katholizismus an der Wand nicht ein Symbol für die christlich-abendländische Prägung.

    • @ecox lucius:

      In anderen Konfessionen gibt es auch Kruzifixe, z. B. bei den Lutheranern.

  • Endlich mal gute Nachrichten :)

  • Wenn die Regenbogenflagge nichts im Bundestag verloren hat, dann das Kreuz auch nicht an staatlichen Schulen. Immer diese Rosinenpickerei.

    • @elektrozwerg:

      Darum hat Söder in Bayern ja auch die Regenbogenflagge aufhängen lassen.

      Im Bundestag hängen keine Kruzifixe.

  • Also an einen Tag im Jahr könnte doch ein Kreuz vom Dach der Schule wehen - mal bei Julchen anfragen.

  • Eigentlich ist das Objekt ein Symbol dafür, wohin bad governance führen kann. Wird das Im Religionsunterricht thematisiert?

  • Das Urteil ist nicht besonders überraschend und wäre, wenn es einen Konflikt mit dem Kreuzerlass gegeben hätte, wohl genauso gefallen. Ich gehe davon aus, dass Söder das von Anfang an eingeplant hat. Seine Welt ist die Show, nicht die der Bekenntnisse oder Lösungen.



    Übrigens: Es gibt wohl kaum eine so unchristliche Aussage wie die Södersche Ausrede, dass das Kreuz nur Kultur-Ambiente und kein christliches Symbol sei ...

  • Die beiden Schülerinnen haben recht. Religiöse Symbole haben in staatlichen Gebäuden nichts zu suchen.



    Bei dieser Gelegenheit sollten wir übrigens gleich die Staatskirchenverträge kündigen.

    • @Aurego:

      👍👍

    • @Aurego:

      Sehr richtig!

  • „Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“



    Für diese Werte braucht man aber kein Kreuz in öffentlichen Gebäuden. Ich finde auch nicht, dass man auf die christlich-abendländische Tradition und Prägung stolz sein muss. Es gibt ausreichende Gründe, von einer aggressiven und kriminellen kirchlichen Tradition zu reden, gegen die Freiheitsrechte mühselig erkämpft werden mussten. Bunte Folklore zu Fronleichnam u.ä. können davon nicht ablenken. Religion sollte endlich zur Privatsache erklärt werden.



    Angesichts der aktuellen Politik gegen Flüchtlinge ist wohl eher ein Hohn, wenn ausgerechnet die CSU „Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“ betont.

  • "Das Kreuz steht nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Verantwortung füreinander.“

    Schaut man sich die Asylpolitik der CSU an, so dürften in ihrem Umfeld Kreuze nur verkehrt herum aufgehängt werden.