Kritik an verschobenem CDU-Parteitag: Merz macht auf Trump
Der CDU-Politiker holzt weiter gegen die Entscheidung, den Parteitag wegen der Coronakrise zu verschieben. Das „Parteiestablishment“ wolle ihn als Chef verhindern.
Merz sagte der Welt, die Absage des Wahlparteitages am 4. Dezember sei „der letzte Teil der Aktion ‚Merz verhindern‘ in der CDU“. „Und das läuft mit der vollen Breitseite des Establishments in Berlin.“ Seinen Konkurrenten im Rennen um den Parteivorsitz Armin Laschet griff Merz direkt an: „Ich habe ganz klare, eindeutige Hinweise darauf, dass Armin Laschet die Devise ausgegeben hat: Er brauche mehr Zeit, um seine Performance zu verbessern.“
Der Bundesvorstand hatte am Montag in Berlin beschlossen, dass der geplante Präsenzparteitag am 4. Dezember in Stuttgart mit 1.001 Delegierten angesichts der stark steigenden Infektionszahlen nicht mehr zu halten sei. Wenn auch Anfang des neuen Jahres kein Präsenzparteitag möglich sei, solle ein digitaler Parteitag abgehalten werden.
Fehle dafür noch eine gesetzliche Grundlage, solle es einen digitalen Parteitag mit Vorstellungsrunde und eine anschließende Briefwahl geben. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hatte für eine Verschiebung plädiert. Dritter Kandidat für den CDU-Chefposten ist der Außenexperte Norbert Röttgen.
Merz will sich „nicht zermürben lassen“
Merz hält weiter an seiner Forderung für einen Parteitag im Dezember fest. Es gehe nicht um seine Person, er habe seit zwei Jahren gute Umfragewerte, dies bleibe auch weitere Wochen und Monate so, sagte Merz am Montagabend im ZDF-„heute journal“ und in den ARD-„Tagesthemen“. Es gehe um die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der Partei.
Merz argumentierte, am 7. Dezember endeten die Mandate vieler Parteitagsdelegierter. Das sei ein riesiges Problem. Es müssten dann viele Versammlungen abgehalten werden, um neue Delegierte zu wählen. Auch laufe die Amtszeit des jetzigen Vorstands aus. Die Regierung brauche aber ein Parlament und dieses wiederum arbeitsfähige Parteien, sagte Merz im ZDF.
Der frühere Unionsfraktionschef verwies auch auf die knapper werdende Zeit bis zur Bundestagswahl. Anfang des Jahres seien es noch rund acht Monate. Für die CDU bedeute eine Bundestagswahl ohne die nicht wieder antretende Kanzlerin Angela Merkel eine „tiefe Zäsur“. „Uns läuft die Zeit davon“, warnte Merz in der ARD. Die Entscheidung vom Montag könne man noch korrigieren. Bis 4. November sei noch Zeit, den Parteitag einzuberufen.
Merz betonte in den Interviews, er sehe sich einig mit einem großen Teil der Partei. Seine Bewerbung um den Parteivorsitz halte er aufrecht. Er werde durchhalten und sich nicht „von diesem Prozess zermürben lassen“, sagte er im ZDF.
Brinkhaus verteidigt Entscheidung
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus verteidigte dagegen die Verschiebung des CDU-Parteitags. „In der Abwägung von Vor- und Nachteilen geht die Gesundheit einfach vor“, sagte der CDU-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Dienstag. Das in der niedersächsischen CDU praktizierte Modell der dezentralen Delegiertentreffen hält Brinkhaus für die Bundesebene nicht für sinnvoll. „Das ist mit dem Risiko verbunden, dass dann, wenn an einem dieser kleineren Orte etwas schiefgeht, gleich der ganze Parteitag zerstört wird.“
Am Dienstagmorgen äußerte Brinkhaus allerdings auch Verständnis für Merz. „Ich kann das verstehen. Das ist ja so, wie wenn man sich auf eine Prüfung vorbereitet. Und dann wird der Prüfungstermin verschoben. Dann ist man natürlich sauer“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“.
Auch CDU-Bundesvize Silvia Breher widersprach Merz. Bei der Verschiebung des Parteitags gehe es nicht um „Personen und um politisches Kalkül“, sagte sie der Oldenburger Nordwest-Zeitung am Dienstag. „Wir können einfach in der aktuellen pandemischen Lage keinen Parteitag in Präsenz durchführen. Die weiteren Optionen werden jetzt geklärt und am 14. Dezember entschieden.“
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor berichtete dem Wirtschaftsmagazin Business Insider am Montag: „Von der Parteibasis haben mich heute auch durchaus zahlreiche kritische Stimmen zur Verschiebung des Parteitags erreicht.“ Viele Mitglieder erwarteten eine zeitnahe Entscheidung der Führungsfrage.
Der stellvertretende CDU-Chef Thomas Strobl forderte einen Wahlparteitag, in Präsenz oder digital, vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 14. März: „Ich war und bin der Meinung, dass wir schnelle Entscheidungen brauchen“, sagte der baden-württembergische Innenminister dem Nachrichtenportal The Pioneer.
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