Kritik an Söder-Selfies: Ich und der Papst
Mit seinen Selfies von der Trauerfeier in Rom stieß Markus Söder bei Linken bis Konservativen auf Unverständnis. Er zeigt sich davon unbeeindruckt.

Für seine vielen Selfies am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus am Samstag in Rom hat Markus Söder viel Kritik auf sich gezogen. „Gerade in Rom gelandet“, postete er am Samstag noch vor den Feierlichkeiten ein Foto von sich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, auf dem er breit lächelte. Später postete er auf seinen Social-Media-Kanälen viele weitere Fotos von sich, die ihn bei der Trauerfeier am Petersplatz zeigten.
Viele Politiker kritisierten die Aufnahmen als taktlos. Die Grünen-Politikerin Ricarda Lang urteilte: „Das C in CSU steht für cringe“. Das schrieb die ehemalige Bundesvorsitzende ihrer Partei im Kurznachrichtendienst X. Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch befand an gleicher Stelle: „Eine Spur zu fröhlich für eine Trauerfeier. Finde ich“. „Die Beerdigung des Papstes ist nicht das Oktoberfest“, kommentierte die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ebenfalls auf X. „Da kann man schon froh sein, dass Söder nicht auch noch einen Döner in der Hand hat.“
Auch in der CDU sorgte Söders Post für Verärgerung. „Es ist ja ein beeindruckendes Talent, aus jedem Misthaufen einen Luftkurort zu machen, aber Scham und Pietätsgrenzen gibt es offenbar keine mehr“, schäumte Dennis Radtke, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA), gegenüber dem Tagesspiegel. Der Europaabgeordnete der Schwesterpartei warf Söder vor, „Politik als reines Event, inklusive Infantilisierung und Banalisierung“ zu inszenieren.
Selfies im Sinne des Papstes?
Ihn wundere es nicht, dass „viele Menschen in unserem Land den ganzen Betrieb nicht mehr ernst nehmen können“, sagte Radtke. „Mir fällt es zuweilen selber schwer.“ Auch der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet konnte sich einen Seitenhieb auf den „Selfie-Kult“, den er „verstörend“ nannte, nicht verkneifen.
Söder, der selbst Protestant ist, zeigte sich davon unbeeindruckt. Papst Franziskus habe nicht gewollt, dass die Christenheit in Ritualen erstarre, sondern lebendig und am Menschen orientiert sei, sagte er in einer Stellungnahme: „Genau das ist auch sein Vermächtnis.“ Nach der Trauerfeier meldete er sich nochmal in einem Video auf Instagram zu Wort: „Was schön war: Nicht nur Trauer, sondern heute auch viel, viel Dankbarkeit, auch zum Teil ein bisschen Freude, diesen Papst gehabt zu haben, ihn kennengelernt zu haben und ihn erlebt zu haben“, sagte er.
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