Krise in der Stahlindustrie: Thyssenkrupp will Tausende Stellen streichen
In der Stahlsparte von Thyssenkrupp sollen 11.000 Jobs wegfallen. Die IG Metall kündigt gegen die Kürzungspläne erbitterten Widerstand an.
Der Mutterkonzern Thyssenkrupp hat erst vergangene Wochen seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023/24 vorgestellt. Demnach brachen Umsatz und Gewinn insgesamt zwar ein, dennoch ist Thyssenkrupp weiterhin profitabel. Der Vorstand ist sogar dafür, an die Anteilseigner eine Dividende von 15 Cent je Aktie auszuschütten. Doch bei der Stahlsparte von Thyssenkrupp kriselt es wegen eines Überangebots auf dem Stahlmarkt schon länger. In den letzten Monaten kamen hohe Energiepreise hinzu.
Seit diesem Sommer ist der tschechische Milliardär Daniel Křetínský über seine EPCG-Holding zu 20 Prozent beteiligt, der Rest ist noch im Besitz des Mutterkonzerns. Künftig soll Křetínský 50 Prozent an Thyssenkrupp Steel halten. Über die Zukunft des Unternehmens war im Sommer unter den Führungskräften ein Streit entbrannt. Der ehemalige SPD-Politiker Sigmar Gabriel als Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp trat Ende August aus Protest gegen die Pläne des Mutterkonzerns zurück.
Laut den nun mitgeteilten Plänen will die Konzernführung bis 2030 in Produktion und Verwaltung 5.000 Stellen streichen, zudem sollen weitere 6.000 Arbeitsplätze durch Ausgliederung an externe Dienstleister oder den Verkauf von Geschäftstätigkeiten wegfallen. Darüber hinaus will das Management die Personalkosten in den kommenden Jahren im Durchschnitt um 10 Prozent reduzieren.
IG Metall kritisiert Abbaupläne
„Schon vor Monaten haben wir davor gewarnt, dass bei Thyssenkrupp Steel zehntausend Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, sollte sich das Konzernmanagement mit seinen Vorstellungen durchsetzen“, kommentierte der stellvertretende Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, die Kürzungspläne. Nun sei klar: „Die gleichen Leute, die uns deshalb noch vor Kurzem Panikmache vorgeworfen haben, wollen nun genau dies umsetzen – und Schlimmeres.“ Was es jetzt brauche, sei „ein mutiger Plan nach vorn, keinen fantasielosen Kahlschlag“.
Dabei erhält der Konzern für den Umbau seiner Stahlproduktion auch viel Geld vom Staat. Der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen haben dem Unternehmen 2 Milliarden Euro für den Bau einer Direktreduktions-Anlage versprochen, in der künftig Stahl mithilfe von klimaneutralem Wasserstoff produziert werden soll. Ein Teil davon ist bereits geflossen. Der Konzern bekräftigte nun erneut, am Bau der neuen Anlage festzuhalten. Diese und zwei geplante innovative Einschmelzer sollen demnach die beiden Hochöfen 8 und 9 in Duisburg ersetzen.
Die IG Metall in Nordrhein-Westfalen nimmt dieses Bekenntnis zur grünen Transformation angesichts des geplanten Stellenabbaus mit gemischten Gefühlen auf. Das Festhalten an der Direktreduktions-Anlage bezeichnete der Bezirksleiter der Gewerkschaft in NRW, Knut Giesler, als „das richtige Signal“. Gleichzeitig warnte der Gewerkschafter: „Wer über 11.000 Beschäftigte abbauen und einen Standort schließen will, muss mit dem erbitterten Widerstand der IG Metall rechnen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“