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Koscheres Fleisch nur nach RegistrierungMethoden fast wie zur Nazi-Zeit

Wer in Niederösterreich koscher essen möchte, soll sich künftig mit Namen registrieren lassen. So will es der ultra-rechte FPÖ-Landesrat Waldhäusl.

Koscheressen soll in Niederösterreich nicht mehr anonym möglich sein Foto: Imago / newspix

Wien taz | Juden, die koscher essen, sollen sich in Niederösterreich künftig registrieren lassen. Diesen Plan verfolgt der FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl. Der für Integration und Veranstaltungswesen zuständige Politiker begründet diesen Vorstoß mit dem Tierschutz. Koscher essende Juden essen nur Fleisch von Tieren, die geschächtet, also beim Schlachten ausgeblutet werden. So wie auch Muslime.

Die auch für den Tierschutz zuständige Abteilung Naturschutz des Amts der niederösterreichischen Landesregierung hat neue Richtlinien entworfen, wonach der Export von koscher geschlachtetem Fleisch verboten und der Zugang zu koscherem Fleisch massiv erschwert werden soll.

Koscheres Fleisch – so schwebt es Waldhäusl vor – dürfe nur an Juden verkauft werden, die nachweislich die orthodoxen Speisevorschriften befolgen. „Es ist nicht einzusehen, warum Wiener nach Niederösterreich fahren und hier tausende Tiere schächten lassen. Wir prüfen, ob der Bedarf des Fleisches an den Wohnsitz gekoppelt werden kann. Wir sind in Niederösterreich nicht dazu da, um den Wienern das geschächtete Fleisch zur Verfügung zu stellen“, so Waldhäusl.

Die israelitische Kultusgemeinde (IKG) Österreichs umfasst wenige tausend Mitglieder. Die meisten wohnen in Wien. IKG-Präsident Oskar Deutsch sprach in einer Sitzung von einem „negativen Arier-Paragraphen“. Eine solche Regelung würde seiner Meinung nach im Übrigen gegen den Datenschutz verstoßen.

In einem Brief an die IKG hatte Waldhäusl angekündigt, dass künftig der konkrete persönliche Bedarf nachgewiesen werden müsse – nach Maßgabe des statistischen Fleischkonsums pro Kopf. Das heiße, dass man nicht einmal Gäste bewirten könne, so Deutsch, der sich „fast an die Nazi-Zeit erinnert“ fühlt.

ÖVP beschwichtigt in Sachen Judenregistrierung

Der 52-jährige Gottfried Waldhäusl fällt immer wieder als besonders exponierter Verteter der FPÖ-Ideologie auf. In die niederösterreichische Landesregierung ist er als Ersatz für Udo Landbauer gekommen. Der trat im März von allen Funktionen zurück, nachdem aufgeflogen war, dass seine Burschenschaft Liederbücher mit Nazi-Gesängen herausgegeben hatte. Zuletzt war Waldhäusl in die Schlagzeilen geraten, als er gegen eine Empfehlung der Landwirtschaftskammer zu Felde zog. Die hatte ihre Mitglieder aufgerufen, auf die Ernährungsgewohnheiten muslimischer Erntehelfer Rücksicht zu nehmen. Das sei „ein Affront gegen unsere Schweinebauern“.

Gegen die Kürzungen von Familienleistungen der niederösterreichischen ÖVP protestierte er 2011 mit der Bemerkung, für „Schwuchteln“ sei sehr wohl Geld vorhanden. 2014 wandte er sich sich gegen die Integration von Asylwerbern. Das sei „idiotisch“, wenn man doch wisse, dass sie bald wieder weg sein würden. Kinder von Asylsuchenden sollten nicht in Kindergärten und Schulen geschickt werden, da sie andere Kinder beim Lernen hindern würden.

Die ÖVP, die mit ihrer absoluten Mandatsmehrheit in Niederösterreich auch allein regieren könnte, versucht in Sachen Judenregistrierung zu beschwichtigen. Fraktionschef Klaus Schneeberger versicherte der APA, „die Regelungen bezüglich Schächten sind im Tierschutzgesetz des Bundes geregelt“. Nur die Vollziehung obliege den Ländern. So lange das Gesetz nicht geändert werde, „werden wir an einem Erlass arbeiten, der keine Listung etc. zulässt“. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner muss sich allerdings fragen lassen, warum sie einen Mann mit den Überzeugungen Waldhäusls mit so heiklen Ressorts betraut.

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16 Kommentare

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  • Alle Tiere werden bei der Schlachtung ausgeblutet, bei Koscher Schlachten geht es um Betäubungsloses Schlachten d.h. den Tieren wird ohne Betäubung die Kehle durchgeschnitten.



    Durch Filmaufnahmen wurden in Deutschland schon Schlachthöfe geschlossen, wegen zu schlechter Betäubung der Tiere. Aber Religion steht wohl über Tierschutz.

    • @Günter Witte:

      Wenn's nach dem Tierschutz ginge, würde mit Helium oder Stickstoff betäubt oder nach Möglichkeit auf dem Hof geschlachtet, statt quer durch die Republik gekarrt.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...sog. Schächten gehört verboten.

  • Aus "Mitleid" mit den Tieren werden diese vorher durch CO₂ "betäubt", statt sie zu schächten.

    Dazu ein Zitat: "Hier ist aber zu bedenken, dass CO2 in unserem Körper -im Gegensatz zu Stickstoff- nicht als Inertgas wirkt, sondern das Atemzentrum anregt.

    Deshalb ist der Tod durch CO2 nicht schmerzlos, sondern von heftiger Atemnot und panischen Krämpfen begleitet."

    (Ohne Quellenangabe, da es sich um eine Pro-Suizidberatung handelt)

    • @Bodo Eggert:

      Schweine werden durch Stromstöße betäubt, Rinder durch Bolzenschuss. Lediglich bei Geflügel nutzen manche CO².

  • Detail am Rand. Der ursprüngliche Anstoss dazu erfolgte vom niederösterreichischen SPÖ-Landesrat Maurice Androsch.



    derstandard.at/200...-Niederoesterreich

  • Sicherheitshalber müssen die Juden dann zur Kennzeichnung kleine gelbe Sterne tragen und die Muslime einen Halbmond. Christen bekommen Kreuze.

    Und damit sich keiner in das falsche Viertel verirrt werden die Geschäfte auch entsprechend gekennzeichnet, damit jederweiss, wo er korrekt einkaufen kann...und die Steinewerfer wissen, welche Schaufenster sie treffen müssen.

    Muss ja alles seine rechte Ordnung haben!

  • Worauf soll sich bitte der Satz "So wie auch Muslime" beziehen? Auf den koscher essenden Juden?

    • @Chutriella:

      Aufs Schächten...?

      • @Sebas.tian:

        Dann essen koscher essende Juden (im Gegensatz zum nicht koscher essenden Juden) geschächtete Tiere, während bei Muslimen unterstellt wird, dass es nur eine Gruppe gibt, nämlich den halal- essenden Typus. Diese Annahme gründet wohl auf dem Gedanken, Muslime lebten alle wahnsinnig streng nach irgendwelchen religiösen Regeln, während es bei Juden solche und solche gibt. Interessant.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Super Sache, das! :-( Der "Landarzt" möge dann bitte auch dafür sorgen, dass sämtliche Fleischesser ihren Bedarf an Fleisch nachweisen. Dann ist Schulz mit der gesamten unkoscheren Schweinerei.

  • "Einmal wird unsere Geduld zu Ende sein und dannnnnn......"



    Na,wisst´s as noh,wer hot´s gesogt?

    • @Markus Müller:

      Laut Herbert Wehner war das Einer, der "ganz jesuitisch raffiniert" war.

    • @Markus Müller:

      Das war ein Rheinländer.

  • Ja, sicher, Genau. Und im zweiten Schritt Halal-Geschlachtetes nur an registrierte Muslime....Und im dritten...

  • Harte, verlogene Nummer, die Waldhäusel da abzieht. Es ist so offensichtlich, was seine Motivation ist. Den Tierschutz stärken, so ein Geschwafel.