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Korruptionsskandal im EU-ParlamentViele offene Fragen in Brüssel

Der Korruptionsskandal im Europaparlament wirft die Frage auf, ob er ein Einzelfall ist. Auch bei anderen Vorgängen gibt es Ungereimtheiten.

Abgesetzte EU-Parlamentsvizepräsidentin Eva Kaili mit katarischem Minister Ali bin Samikh al-Marri Foto: Twitter/Ministry of Labour/State of Qatar/reuters

Brüssel taz | Der Korruptionsskandal im Europaparlament beschäftigt nun auch die EU-Kommission. Die Vorwürfe gegen die Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili, seien „sehr schwerwiegend“, sagte Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Montag. Die EU brauche „die höchsten Standards“ bei Unabhängigkeit und Integrität. Zur Überlegung steht ein Ethikrat zur Überwachung von EU-Institutionen.

Nähe zu Katar wird auch einem von der Leyens prominenten Stellvertretern nachgesagt

Kaili wird beschuldigt, Geld von Katar entgegengenommen zu haben, um damit offenbar EU-Entscheidungen zu seinen Gunsten beeinflussen zu können. Doch nicht nur die 44-jährige, mittlerweile inhaftierte Griechin hat sich wohlwollend über Katar geäußert. Auch von der Leyen pries das Emirat. Nach einem Telefonat im Januar nannte sie Emir Tamim bin Hamad al-Thani einen „verlässlichen Partner“.

Eine verdächtige Nähe wird auch einem von der Leyens prominenten Stellvertretern nachgesagt. Kommissionsvize Margaritis Schinas hatte Katar gemeinsam mit Kaili zur Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft im November besucht und Regierungsmitglieder getroffen. In einem Tweet schrieb er, Katar habe „beträchtliche und greifbare Fortschritte bei den Arbeitsreformen erzielt“.

Das klingt nach Lobhudelei – war aber kein Einzelfall. So hat sich die EU-Kommission auch im Streit über eine Visaliberalisierung für Katar eingesetzt. Die Erleichterung sollte ursprünglich am Montag im Europaparlament diskutiert werden. Wegen des Korruptionsskandals wurde sie jedoch in letzter Minute von der Tagesordnung gestrichen. Dennoch bleibt die Frage, ob der „Fall Kaili“ ein Einzelfall ist – oder ob mehr dahintersteckt, wie der Karlsruher EU-Abgeordnete René Repasi vermutet. Der SPD-Politiker spricht von der „Spitze des Eisbergs“.

Kommission weicht Nachfragen aus

Fraglich ist auch, ob die Transparenz- und Antikorruptionsmaßnahmen so gut funktionieren, wie dies in Brüssel gern behauptet wird. „Wir haben sehr klare Regeln für alle Kommissare und schauen uns das an“, sagte von der Leyen auf die Frage nach möglichen Interessenkonflikten ihres Stellvertreters Schinas. Zuvor hatten Journalisten lautstark protestiert – sie wollte Nachfragen ausweichen.

Ausgesprochen zugeknöpft gibt sich die CDU-Politikerin auch bei Fragen zu anderen Affären. So hat die Europäische Staatsanwaltschaft Eppo Mitte Oktober Ermittlungen eingeleitet, die sich um die Beschaffung von Corona-Impfstoffen in der EU drehen. Zuständig war von der Leyen; sie soll einen milliardenschweren Vertrag mit dem US-Hersteller Pfizer eingefädelt haben – per SMS.

Doch die EU-Kommission lässt sich nicht in die Karten schauen. Die SMS würden nicht aufbewahrt, der Vertrag mit Pfizer sei vertraulich, heißt es in der Brüsseler Behörde. Auf Nachfrage der taz, was aus den Eppo-Ermittlungen geworden sei, hieß es in der Kommission, man wisse von nichts. Bisher ist nicht einmal klar, ob Eppo gegen von der Leyen ermittelt.

Unter den Teppich gekehrt wird auch die Frage, warum der für Außenpolitik zuständige EU-Kommissar Josep Borrell eine Pension kassiert. Der Spanier erhält das Altersgeld zusätzlich zu seinem Monatsgehalt von mehr als 20.000 Euro – aus der völlig überschuldeten Pensionskasse des Europaparlaments. Weder Borrell noch das Parlament scheinen an Aufklärung interessiert.

Umso eiliger haben es die EU-Politiker, den „Fall Kaili“ hinter sich zu lassen. Bei einer Krisensitzung in Straßburg wollte das Europaparlament am Montagabend die Vizepräsidentin aller Ämter entheben – vorläufig suspendiert wurde sie bereits am Samstag. Das Parlament will sie nun endgültig fallen lassen – dabei wurde bisher nicht einmal Anklage erhoben.

Doch zur Ruhe kommt die EU-Politik noch lange nicht: Am Nachmittag informierte die belgische Bundesstaatsanwaltschaft, dass die Polizei Räumlichkeiten des EU-Parlaments in Brüssel durchsucht hat.

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10 Kommentare

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  • 3G
    32079 (Profil gelöscht)

    Die EU Kommission sollte lieber mal vor ihrer Tür kehren...... ich sag nur deren komischen Verwicklungen mit dubiosen Lobbyisten/ Organisationen usw.

    Von der Leyen



    netzpolitik.org/20...eberwachung-wirbt/

    www.sueddeutsche.d...er-leyen-1.4796305

    Oder EZB Chefin



    m.dw.com/de/lagard...-laufen/a-36841621

    Ach ja wie war das nochmal beim Uploadfilter?



    www.spiegel.de/net...-b5ac-ca3716acfcec

    netzpolitik.org/20...ter-werden-gesetz/

    Da ist die Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili noch ein kleiner Fisch.

    EU Kommission Parlament ist durchsetzt von Lobbyismus(Lobbyisten)/ Korruption/dubiosen Beratern/Organisationen usw.

    Fordern Rechtsstaatlichkeit/Menschenrechte und das man Grundrechte einhält predigen Werte. Tja sind aber selbst die schlimmsten, verwenden selbst Unrechtstaatliche(undemokratische) Methoden /da werden unverhältnismäßige nicht Grundrechtskonforme Gesetze durchgedrückt ohne auf Kritik einzugehen.



    Und natürlich inspirieren sie irgendwelche Autokratien/ Diktaturen mit ihren hirnverbrannten Gesetzen.



    Oder was glaubt ihr wie China/Russland sonst auf ganz komische Ideen gekommen sind? Beispiel NetzDG



    netzpolitik.org/20...rchsetzungsgesetz/

    Genau deshalb nimmt weder Russland noch China und schon garnicht VAE/Katar/Saudi-Arabien die EU ernst achso und auch die USA nimmt die EU nicht für Voll.

    • @32079 (Profil gelöscht):

      Wenn eine Ministerin es nicht schafft, ihre Mitarbeiter hinter sich zu versammeln und sich über Vergaberegelungen hinwegsetzen will, ist das führungstechnisch eine 6.

      Wenn eine Ministerin das Urteil eines Schiedsgerichtes akzeptiert, ist das in Frankreich offensichtlich strafbar.

      Beides ist aber nichts im Vergleich zu der klaren Korruption im Falle Kaili

      • 3G
        32079 (Profil gelöscht)
        @rero:

        Dazu sag ich nix weil das wieder ein vorgeschobenes Argument ist was Partei für die Minister_innen ergreift.

        • @32079 (Profil gelöscht):

          Tut mir leid, von der Leyen ist mir persönlich komplett schnurz.

          Ich bin auch nicht in ihrem Fan-Club.

          Ich erkenne allerdings Korruption, wenn sie vor mir steht und mit einem Fähnchen winkt.

          Und ich bin entschieden dagegen, Korruption irgendwie schönzureden oder zu verharmlosen.

          Auch durch Whataboutismus.

  • 6G
    650228 (Profil gelöscht)

    Hat sie schon auf ihren Sitz im EU-Parlament verzichtet?

  • Frau Kaili hat ja in der Vergangenheit auch sehr laut für die von Ylva Johansson vorangetriebene Chatkontrolle getrommelt. Das sah sehr nach chinesischer Überwachung aus und wird jetzt hoffentlich konsequenterweise unterbleiben!

    • 3G
      32079 (Profil gelöscht)
      @Grenzgänger:

      Nein der mist von Chatkontrolle muss ja unbedingt durchgedrückt werden.



      netzpolitik.org/20...rundsaetzlich-mit/

  • "Zuständig war von der Leyen; sie soll einen milliardenschweren Vertrag mit dem US-Hersteller Pfizer eingefädelt haben – per SMS."



    Sowas ist ja für gewöhnlich nicht halb so interessant, wie das vom Problemwolf gerissene vdL-Pony.



    "Seriöse Mitte" eben.

  • Da kommt noch mehr...taz bitte dran bleiben!!

  • Man/Frau ist so lange unschuldig, bis man die Schuld bewiesen hat? Ist doch noch so, oder? Trotzdem wird jetzt schon bei einem Verdacht auf die Frau eingeschlagen. Ist das rechtsstaatlich und fair?