Konzern-Bündnis für Klimaschutz: Klimaclub für Versicherer zerfällt
Mehrere Schwergewichte der Branche ziehen sich aus einem Bündnis für mehr Klimaschutz zurück. Konservative US-Bundesstaaten hatten Druck gemacht.
Die Net-Zero Insurance Alliance ist noch nicht mal zwei Jahre alt. Die beteiligten (Rück-)Versicherer haben sich dazu verpflichtet, ihr Versicherungsportfolio bis 2050 klimaneutral zu machen. So will das Bündnis dazu beitragen, dass die Erderhitzung in diesem Jahrhundert die 1,5 Grad nicht knackt.
„Seit Generationen ist die Versicherungswirtschaft Frühwarnsystem und Risikoverwaltung unserer Gesellschaft, indem sie Risiken versteht, reduziert, bepreist und trägt“, hatte Inger Andersen, die Chefin des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, anlässlich der Gründung gesagt.
Von Klimaschützer:innen gab es damals Lob, teils aber auch Zurückhaltung. Schließlich wollen etwa die Europäische Union, die USA und Kanada bis 2050 klimaneutral sein. Das ist angesichts des 1,5-Grad-Ziels laut dem Weltklimarat, einem wichtigen klimawissenschaftlichen Gremium, auch dringend nötig.
Ist ein Klima-Club ein Kartell?
Die Ziele der Net Zero Insurance Alliance sind also nicht unbedingt ambitionierter als das, was auf großen Märkten ohnehin gilt – zumindest in der Theorie. In der Praxis sind die EU, USA und Kanada noch lange nicht auf dem richtigen Kurs.
Hintergrund der Austrittswelle dürfte der politische Druck aus den USA sein. Im Mai hatten konservative Generalstaatsanwält:innen aus 23 US-Bundesstaaten einen Brief geschrieben, in dem sie an der Rechtmäßigkeit des Bündnisses zweifelten.
Der Vorwurf: es handle sich um eine „aktivistische Klima-Agenda“ der Versicherungen. Deren Pläne würden die Versicherungskosten hochtreiben und damit auch die Preise für andere Produkte wie Gas. Im Juni soll sich die Net-Zero Insurance Alliance zu den Vorwürfen verhalten.
„Die Möglichkeiten, im kollektiven Schulterschluss der Versicherungsindustrie weltweit Dekarbonisierungsziele zu verfolgen, ohne materielle Kartellrechtsrisiken einzugehen, sind nach unserer Einschätzung so begrenzt, dass es wirksamer ist, unsere Klimaambition zur Reduktion der globalen Erderwärmung selbstständig als Unternehmen weiterzuverfolgen“, sagte Joachim Wenning, Chef der Munich Re, zu dem Austritt.
Die Klimakrise betrifft die Branche massiv – schließlich entstehen durch häufigeres und intensiveres Extremwetter mehr Schäden. Die Munich Re legt jährlich globale Daten dazu vor. Im vergangenen Jahr lagen die Gesamtkosten für Schäden nach Naturkatastrophen bei 270 Milliarden US-Dollar.
Die teuerste Katastrophe war 2022 der Hurrikan „Ian“, der vor allem im US-Bundesstaat Florida für Zerstörung sorgte. Die Kosten belaufen sich auf etwa 100 Milliarden US-Dollar. Am zweitteuersten waren die Überschwemmungen in Pakistan, die zeitweise ein Drittel des Landes unter Wasser setzten und Kosten von 15 Milliarden US-Dollar verursachten.
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