Kontroverse um Israels Innenministerin: Die rechte Femme fatale

Israels Linke ist verängstigt und fasziniert von Innenministerin Ajelet Schaked. Der Gegenseite gilt sie als „Licht in der Dunkelheit“.

Die israelische Innenministerin Ayelet Shaked trägt ein rotes Kleid und roten Lippenstift

Ajelet Schaked bei der ersten Kabinettssitzung der neuen Regierung, 20. Juni 2021 Foto: Emmanuel Dunand/afp/picture alliance

Kurz nach der Machtübernahme der Taliban wurden in einer komplexen Operation, an der israelische und internationale Hilfsorganisationen beteiligt waren, mehrere Dutzend afghanische Frauen aus ihrem Land gerettet. Die Annahme war, dass die Frauen temporär in Israel aufgenommen werden würden, bevor sie weiter nach Kanada reisen sollten.

Dann jedoch verweigerte Innenministerin Ajelet Schaked von der na­tional-religiösen Partei Yemina die Aufnahme der Frauen. Obwohl sie unter großem Druck jüdischer und anderer Parteien weltweit geriet, hielt die Ministerin an ihrer Entscheidung fest. Am Ende landeten die Frauen in Dubai.

Wenig überraschend stimmten die Rechten wahre Lobeshymnen auf Schaked an. Die Regierung von Naftali Bennett und Jair Lapid sei eine Schande, so der Tenor, einzig Schaked sei ein Licht in der Dunkelheit.

Auf der anderen Seite kommentierte die linksliberale Zeitung Ha’aretz, dass nicht die Regierung, sondern Schakeds Entscheidung gegen die Aufnahme der afghanischen Frauen schändlich sei. Eine verbreitete Haltung in Israels linkem Lager. Schakeds Entscheidung liegt eine klare Absicht zugrunde. Sie hat begriffen, aus welcher Richtung bei Israels Rechten der Wind weht.

Die Strömungen der israelischen Rechten – aus drei mach vier

In der Vergangenheit gab es drei Hauptgruppen: eine gemäßigte, liberale Rechte, deren Ideologie hauptsächlich wirtschaftlicher Natur ist, eine säkulare Rechte, die sich zentral auf sicherheitspolitische Gründe beruft und daher territoriale Kompromisse ablehnt. Und eine messianisch-religiöse Rechte.

Unter Benjamin Netanjahu entstand eine weitere rechte Strömung, die alle anderen nahezu verschwinden ließ. Sie basiert auf einer klar rassistischen Ideologie, in deren Zentrum die jüdische Überlegenheit sowie der Fremdenhass im Allgemeinen und der Hass auf Araber im Besonderen stehen. Schaked tanzt mit Vorliebe in diesem Club. Und eigentlich gehört auch Bennett dazu, nur verfolgt er, seit er Regierungschef ist, eine pragmatischere Linie.

Ist Israels Innenministerin wirklich eine Rassistin? Im Grunde spielt das nicht die geringste Rolle. Entscheidend ist vielmehr, dass sie Rassismus schürt und politisches Kapital daraus schlägt. Sie ist Teil einer heterogenen Regierung ohne klare ideologische Linie und präsentiert sich selbst als diejenige, die die Interessen der Rechten verteidigt. Im gegenwärtigen israelischen Klima sind „die Interessen der Rechten“ nichts anderes als eine rassistische Politik.

Ein „Parfüm namens Faschismus“

Obwohl die Frage nach Schakeds wahren Positionen nebensächlich ist, lässt sich die Linke nur zu gern auf dieses Rätsel ein: Wer ist Ajelet Schaked wirklich? Vermutlich rührt das Interesse nicht zuletzt von ihrem Charme und ihrer äußerlichen Attraktivität. Sie lässt sich gern als Mysteriöse, als Schöne inszenieren, wenngleich sie bisweilen auch als Androidin gilt, als emotionsloser humanoider Roboter oder destruktive Femme fatale.

Schaked scheint der Linken als eine Art sexuelle Fantasie herzuhalten, sie ist eine feindliche Domina, sie kann uns nicht ausstehen, und das ist aufregend. Dabei ist sie sich, wie auch ihre PR-Leute, über das Potenzial ihrer Ausstrahlung bewusst. Mit einem „Parfüm namens Faschismus“ besprühte sie sich lasziv in einem Wahlspot vor zwei Jahren.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits vier katastrophale Jahre als Justizministerin hinter sich. Niemand hat den israelischen Justizapparat so geschwächt wie Schaked. Jetzt ist sie Innenministerin. Und die Linke starrt sie fasziniert und verängstigt an und fragt sich, was sie als Nächstes für sie bereithält.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.