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Konflikt zwischen Russland und UkraineUSA drohen mit Daumenschrauben

US-Präsident Obama und der französische Staatschef Hollande warnen Wladimir Putin. Die Deutschen sind über mögliche Handelssanktionen gespalten.

In Sachen Russland sind Obama und Holland mal wieder ziemlich beste Freunde. Wodka trinken sie hier nicht. Bild: dpa

GENF taz | Angesichts der unnachgiebigen Haltung Russlands im Krimkonflikt werden in westlichen Hauptstädten die Rufe nach verschärften Sanktionen gegen Moskau lauter. US-Präsident Barack Obama drohte der Regierung Putin nach einem Telefonat mit seinem französischen Amtskollegen François Hollande am Samstag „schwerwiegende Sanktionen an“, sollte Russland seine auf der Krim stationierten Soldaten nicht zurückziehen und der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) weiterhin den Zugang zu der ukrainischen Halbinsel verwehren.

Am Sonntag hatten unter russischem Kommando stehende bewaffnete Verbände die 40 OSZE-Beobachter zum bereits dritten Mal seit Donnerstag am Betreten der Krim gehindert.

Auch Frankreichs Präsident Hollande erklärte nach dem Telefonat, sollte Moskau diese Forderungen nicht erfüllen, würden weitere Sanktionen ergriffen. Diese würden die „Beziehungen zwischen der internationalen Gemeinschaft und Russland spürbar treffen“.

Vergangene Woche hatten die USA erste Finanzsanktionen gegen einige russische und ukrainische Politiker verhängt. Die EU hatte einen Grundsatzbeschluss über die Einstellung der Verhandlungen mit Moskau über Visaerleichterungen sowie ein Folgeabkommen über den bilateralen Kooperationsvertrag von 1997 herbeigeführt. Nach Angaben aus der Bundesregierung könnte die EU bereits diese Woche weitere Sanktionen gegen Russland verhängen.

In der deutschen Bevölkerung sowie unter Politikern und Wirtschaftsführern sind verschärfte Sanktionen gegen Russland umstritten. In einer Emnid-Umfrage für das Magazin Focus befürworteten 45 Prozent Strafmaßnahmen gegen die Regierung in Moskau, 44 Prozent lehnten sie ab. In einer weiteren Emnid-Erhebung für die Bild am Sonntag erklärten sich 54 Prozent nicht dazu bereit, der Ukraine zu helfen, wenn dies höhere Energiepreise auch für deutsche Verbraucher nach sich zöge. Dagegen würden 41 Prozent aus Solidarität mit der Ukraine höhere Kosten infolge von Sanktionen gegen Russland akzeptieren.

Warnende Stimmen

Aus der deutschen Wirtschaft mehrten sich die warnenden Stimmen vor einer Zuspitzung der Krise mit unübersehbaren Folgen auch für die Unternehmen. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther erklärte, Sanktionen seien „selten ein überzeugendes Instrument der Auseinandersetzung“. Das mit Sanktionen verbundene „Bedrohungspotenzial relativiert sich bei Betrachtung der intensiven gegenseitigen Verflechtung“, erklärte Hüther. Zugleich äußerte er die Einschätzung, dass Russland „im Zweifelsfall“ von Sanktionen heftiger getroffen werden dürfte als der Westen. Denn, so Hüther, Russland sei „mindestens ebenso auf die Geldflüsse von den westlichen Nachbarn für Rohstoffe angewiesen wie diese auf das Gas – eher noch mehr“.

Gegen verschärfte Sanktionen sprach sich auch der Präsident des EU-Parlaments und Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei den Europawahlen Ende Mai aus. „Wladimir Putin ist äußerst machtbewusst, der lässt sich mit Sanktionen nicht an den Verhandlungstisch zwingen“, erklärte Martin Schulz. Der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger warnte in der Wirtschaftswoche davor, dass in Folge von Sanktionen „die zarte Erholung der europäischen Wirtschaft beeinträchtigt wird“.

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10 Kommentare

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  • L
    leNB

    Wirtschaftliche Sanktionen sind nicht in erste Stelle wegen Überlegungen im Bezug zu der Europäische Wirtschaft unerwünscht. Es ist ja nicht gesagt dass die Truppenumstellung Russlands gegen das Völkerrecht verstoßt. Die heutige Ukrainische (Interims-) Regierung ist anscheinend nicht konform Internationales beziehungsweise Ukrainisches Konstitutionelles Recht konstituiert werden. Die Frage nach Staatssouveränität nach Revolution lasst sich meine Meinung nach vielleicht noch forschen. Obwohl Boykotts nicht notwendigerweise zu gewaffnete Auseinandersetzungen fuhren (sehe zum Beispiel Kuba) müssen, sind solche manchmal wie Vorfeld zum Krieg auf zu fassen (sehe Irak und mehr oder weniger auch Iran). Nur deswegen sind Sanktionen schon falsch. Sachen wie das sperren von Konten ohne gerichtliches Verfahren sind auch abzulehnen ebenso wie das zurückrufen von konsuläre Botschäfter.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Sanktionen. Nach der Volksabstimmung auf der Krim, die mit Sicherheit für den Anschluß an Rußland stimmt, wird es keinen Grund mehr für Strafmaßnahmen geben. Das ganze Getöse ist mehr als scheinheilig.

  • TL
    Telepolis Leser

    Hallo Herr Andreas Zumach,

    die Anwendung vom Daumenschrauben war ein Mittel der Inquisition um Ketzer zu überführen.

    Im 21. Jahrhundert wird waterbording als wasserfestes Druckmittel zum erreichen von Aussagen und Handlungen verwendet. Könnten Sie Ihren Text dahingehend modernisieren (to update). „USA drohen mit waterboarding“.

  • FF
    Fischers Fritze

    Ich stimme den Kommentaren von Brainer und Plebist im vollen Umfang zu.

  • P
    Peter

    Es ist sicherlich so, daß der Westen den Bogen überspannt hat mit der Förderung des rechten Putsches in der Ukraine. Es ist auch erbärmlich, wie sogar linke und grüne Kreise die Swoboda und den Rechten Sektor verharmlosen und unter den Teppich kehren sowie dann, wenn er die Rechten sich nicht ganz verleugnen lassen, die Schuld an ihrem Erstarken flugs Rußland in die Schuhe schieben. Die NATO ist nach wie vor ihrem Blockdenken gegen Rußland verhaftet, so wie damals gegen die Sowjetunion. Dabei sind Putin und sein Gefolge weder links noch kommunistisch. Egal, man will Rußland noch enger einkreisen, und man wird auch in Rußland versuchen, Maidane zu organisieren. Ob allerdings das Knüppeln gegen ein paar krakeelende vermummte Pussies und die Besetzung der Krim die passenden Antworten darauf sind, darf bezweifelt werden. So richtig klar ist mir allerdings auch nicht, was genau Rußland diesem Einkreisungsdruck von seiten der NATO entgegensetzen könnte.

  • S
    Sören

    Sanktionen gegen Russland müssen als Option auf dem Tisch bleiben. Es kann nicht folgenlos bleiben, wenn die russische Führung mit der Ukraine wie eine Art Vorhof umgeht. Die russische Wirtschaft ist nicht besonders stark; Putin ist hier verletzlich.

     

    Trotzdem ist der ständige Versuch, ein Psycho-Profil von Putin zu erstellen, wenig hilfreich. Es liegt auf dem Tisch, dass er in seiner Ideologie recht einfach gestrickt ist, und Russland vor allem als mächtige Nation sehen will. Deswegen könnte ein Ausschluss aus der G8 sinnvoll sein.

     

    Der Westen hat sich bei dem Konflikt ungeschickt angestellt, und hätte auf eine ausgleichendere Position der Übergangsregierung bestehen müssen. Putin hat in Bezug auf die Krim die Chance genutzt, die sich daraus ergab. Parallelen zum Sudetenland in den 1930ern drängen sich auf.

     

    Die EU nimmt richtigerweise eine Mittelposition zwischen den USA und Russland ein. Die diplomatischen Bemühungen, gerade auch von Frank Steinmeier, sind absolut positiv. Aber man darf den historischen Kontext nicht ignorieren. Eine Reihe von EU-Mitgliedern hat unter der sowjetischen Herrschaft stark gelitten. Die Sorge dieser Länder ist mehr als nachvollziehbar.

  • Die größte Sorge der USA ist übrigens die Annäherung zwischen Deutschland und Russland. Die USA haben ja mit Deutschland was anderes vor, was schon in der Vergangenheit zweimal perfekt funktionierte. Ich hoffe, dass unsere Regierung den Fehler nicht zum dritten Mal machen wird.

     

    Wer die USA zum Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Entweder schafft es Deutschland, sich vom Einfluss der USA zu emanzipieren (und dazu braucht Deutschland Russland als Freund und Partner), oder es wird wieder mal als Rammbock gegen Russland benutzt und beim Versuch draufgehen.

  • P
    Pleb

    Spätestens hiermit hat sich Hollande auch als vollkommen unfähiger und verachtenswürdiger Politiker herausgestellt.

    Nicht dass sich dies bei seinen Lobgesängen auf Schröder und seine Menschenverachtende/Zukunftszerstörende Politik nicht schon kristallisiert hatte, aber sich jetzt auch noch zum Handlanger von jahrzehnterlanger, dummer, empathieloser, unnachgiebiger Außenpolitik des 20. Jahrhunderts machen zu lassen, ist der letzte Nagel im Sarg seiner Präsidentschaft.

     

    Die EU muss einfach einmal zugeben dass ihre Ostexpansionspolitik vollkommen überzogen war und ist, man sich besser schon vor 20 Jahren zunächst einmal innerlich konstitutilanisiert hätte, statt mit US Poltik in Europa zu beginnen, dem Eingeständnis das man kollabieren würde, wenn man nicht stetig expandiert - wie die USA es seit dem Krieg von 1898 auch international tun.

     

    Putin hatte ja unglaublicherweiße das richtige Angebot gemacht, dass jedem klar denkenden Menschen, seit Wochen im Kopf hängen muss...Unabhängiger Brückenstaat mit gleichzeitiger Assozierung zu RU und EU .... aber die EU war zu arrogant und das haben wir nun davon.

     

    Diese Arroganz nun fortzusetzen, statt zuzugeben Scheiße gebaut zu haben, führt die "Friedensunion" ab absurdum.

  • Sanktionen? NEIN DANKE! Das Opfer von Sanktionen ist zuletzt immer die

    Zivilbevölkerung!

    Würde es mehr guten Sinn machen offener und ehrlicher zu kommunizieren- um Klarheit zu Schaffen? Ohne jeden propagandistischen Firlefanz? JA!

    ---------

    Die Idee mit den Ukraine- als `friedliche Brücke´ zwischen Russland un der EU ist immer noch gangbar!

    Der Schiet ist dieser blödsinnige, gewaltsam/mörderische Putsch mit den rechtspolitischen/neoliberalen, westlich stimulierten Untertönen der die russische Bevölkerung der Krim etc. zur Reintegration ins Russland motiviert. Warum? Evtl. um antirussischen Pogromen zu entgehen?

    Jetzt gilt es erstmal das Referendum abzuwarten und den Frieden zu bewahren!

    • G
      gzzz
      @vergessene Liebe:

      ich denke, es wäre erfolgsversprechender, wenn bspw. die usa bzw nato nicht derart darin verwickelt wären (s.bpsw polen, aber auch syrien,iran etc). dabei verschiebt sich zusehends auch das kräfteverhältnis der anderen (kommenden/vermeintlichen) großmächte im bezug auf usa bzw eu. das dies enormen konfliktpotential enthällt, liegt in der natur der sache.

      es geht hier um knallharte angelegenheiten (reccourcen, geostrategie, einfluss, macht und geld etc) und auch um einen gewissen status quo...