Kommentar zu den Köln-Übergriffen: Popanz und gefährlicher Irrglaube
Politiker überbieten sich gerade mit Versprechen, die Täter von Köln mit aller Härte zu bestrafen. Sie werden viele enttäuschen müssen.
D ie Straftäter in Köln waren ganz offenbar nichtdeutscher Herkunft. Dies zu verschweigen ergibt keinen Sinn. Das würde nur die weit verbreitete Verschwörungstheorie bestärken, dass Politik und Medien diese Bevölkerungsgruppe schonen würde.
Jetzt überbieten sich Politiker aller Parteien mit Forderungen, gegen die Täter müsse „mit aller Härte des Gesetzes“ vorgegangen werden, oft garniert mit der Aussage, dies müsse auch für Ausländer gelten. Dieses Begehren ist allerdings eine Selbstverständlichkeit, zumal man noch nicht davon hören musste, dass Nichtdeutsche hier etwa nachsichtiger verfolgt würden. Im Gegenteil: Wer als Ausländer, seien es nun Asylbewerber oder nicht, schwere Straftaten begeht, dessen Aufenthalt kann in Deutschland beendet werden.
Die Forderung nach harten Strafen ist prinzipiell richtig. Doch mit den ausgeklügelten Methoden der Täter dürfte ein Tatnachweis schwierig werden. Sexuelle Belästigung, Raub oder Diebstahl müssen individuell nachgewiesen werden. Was Abschiebungen betrifft, ist der Politik durchaus bekannt, dass dies einfach zu fordern, aber schwer umzusetzen ist. Sei es, dass die Person in der Heimat mit dem Leben bedroht wird oder das Heimatland nicht mit deutschen Behörden kooperieren möchte.
Mit den Forderungen nach harten Strafen wird ein Popanz aufgebaut, von dem die Politiker selbst wissen dürften, dass sie daran scheitern werden. Das wird dazu führen, dass viele Menschen, die diese Versprechen geglaubt haben, von der Politik noch enttäuschter sein werden.
Die beste Methode, Kriminalität zu bekämpfen, ist die Prävention. Ereignisse wie die am Kölner Hauptbahnhof sind nicht hinzunehmen, zumal dann nicht, wenn dieser Täterkreis dort seit Langem aktiv ist. Die Polizei muss dort verstärkt auftreten. Und es muss überprüft werden, ob die Bundesrepublik insgesamt mehr Polizeibeamte benötigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung