Kommentar Vorratsdatenspeicherung: SPD mit falscher Strategie
Das Thema scheint, Umfragen zufolge, für die Wähler nicht so wichtig. Was tun die Sozialdemokraten? Sie bieten es der Union als Kanonenfutter an.
S igmar Gabriel hat sich in der SPD durchgesetzt, die generelle Speicherung von Telefon- und Internetdaten soll kommen. Will die Union so, wollen die Geheimdienste so. Die SPD-Mitglieder und die Bürger wollen sie eigentlich nicht, diese Vorratsdatenspeicherung. Aber im Zweifel geht die gefühlte Sicherheit vor und Umfragen zeigen: Es ist kein wirklich wichtiges Thema für die Wähler und damit klassisches Kanonenfutter, um den Koalitionspartner zu besänftigen.
Wahltaktisch gesehen handelt Gabriel gar nicht so falsch. Ein Thema dem Koalitionskonkurrenten überlassen, dafür etwas anders einhandeln. Nur was will die SPD denn für ihre potenziellen Wähler? Beim kommerziellen Datenschutz, also dem Ausspähen des Internet- und Kaufverhaltens durch Firmen, macht die Bundesregierung die entsprechende EU-Regelung gerade ebenfalls nutzlos. Vermögende am Steueraufkommen beteiligen? Totes Thema, laut Gabriel. Wirtschaftsabkommen mit den USA und Kanada, die großen Firmen nur Rechte, aber keine Pflichten geben? Brauchen wir, sagt Wirtschaftsminister Gabriel.
Politik ist Kompromiss, anders kommen keine Entscheidungen zustande. Aber vorher muss es doch eine Debatte geben um wichtige und umstrittene Sachen. Was genau bringt denn das Aufweichen der Bürgerrechte beim Datenschutz, warum will die SPD das gar nicht wissen? Oder: Welche Daten brauchen wir vom reichsten Prozent der Republik, wie viel Steuern müsste dieses Prozent zahlen, um die potenziellen SPD-Wähler in der Mittelschicht zu entlasten?
Da käme Leben in die Politik. Ohne maßgeblichen Streit hingegen gewinnt die Spitzenkandidatin die Wahl. Und das wird auch bei der kommenden im Jahr 2017 die der Union sein. Weiß auch die SPD. Also was ist das für eine Strategie?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei