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Kommentar Trumps Pleite in HanoiGipfel des Versagens

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Das Treffen von Donald Trump und Kim Jong Un musste einfach scheitern, so schlecht war es vorbereitet. Alles andere sind Ausreden.

Ein gemeinsames Essen am Donnerstag wurde abgesagt. Kim Jong Un und Donald Trump vor dem Gipfelhotel Foto: AP

I n diesem einen Punkt mag Donald Trump ja Recht haben: Besser gar kein Deal als ein schlechter. Nur: Das Versagen hat schon vor dem Gipfel begonnen.

Dass das zweite Treffen des US-Präsidenten mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Vietnams Hauptstadt Hanoi vorzeitig abgebrochen werden musste, ist auf die miserable Vorbereitung von Trumps Stab auf den Gipfel zurückzuführen. Nicht ein Papier haben die beiden Staatschefs beim Gipfel unterzeichnet.

Vordergründig schiebt Trump das Scheitern darauf zurück, dass Kim mit dem Angebot, die umstrittene Atomanlage Yongbyon schließen zu wollen, nicht ausreicht. Trump war nicht bereit, dafür sämtliche Sanktionen fallen zu lassen, die gegen Nordkorea nach wie vor in Kraft sind. Das jedoch hatte Kim für jeden weiteren Schritt einer Annäherung zur Bedingung gemacht.

Dass sich Trump darauf nicht einlassen wollte, ist richtig. Die Befürchtung vorab war groß, Trump könnte Kims Charme erlegen und ihm allzu viele Zugeständnisse machen, ohne dass sich die atomare Bedrohung, die von Nordkorea ausgeht, substanziell verringert hat. Allzu oft schon hat sich Trump in seiner Entscheidungsfindung davon lenken lassen, ob er jemanden persönlich mag oder nicht. Und Trump scheint für den Diktator Sympathie zu hegen. Dieses Mal hat sich Trump von Kim offensichtlich nicht einlullen lassen.

Der Gipfel in Hanoi offenbart jedoch ein sehr viel größeres Problem: Außer großen Sprüchen hat Trump keinen Plan. Weder gibt es auf US-Seite eine Strategie, noch ein einheitliches Vorgehen. Die Behauptung seines Stabs, das erratische Verhalten Trumps sei Teil seiner Verhandlungsstrategie, hat sich in Hanoi einmal mehr als Farce entlarvt. Stattdessen schwafelt er unermüdlich davon, was für ein „großartiger Führer“ Kim doch sei und weckt auf diese Weise völlig falsche Hoffnungen. Seit ihrer ersten Begegnung vor acht Monaten in Singapur haben sich beide Seite nicht einmal darauf verständigen können, was sie mit „Denuklearisierung“ genau meinen.

Trumps planloses Vorgehen hat sich in Hanoi gerächt. Und die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung in einer der wichtigsten Wirtschaftsregionen der Welt ist nicht ein Stück geringer geworden.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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7 Kommentare

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  • Trump: Yes, he is my friend!

  • US Donald Trump und Kim Jong-Un sind in Hanoi als historisch belastetem Ort gemeinsam in die Falle ihrer Überinszenierung von Gipfeltreffen nach dem grandiosen Auftakt in Singapur Sommer 2018 geflogen. Das mag für alle Beteiligten in dem Moment knallhart deutlich geworden sein, als Kim, Trump in ihrer Mitte der vietnamesische Ministerpräsident vor dem übergroßen Bildnis des USA Bezwingers Ho Tschi Minh sich die Hände geben.



    Während Trump von Hanoi aus womöglich in Richtung Nordkorea gütigen Hegemon USA signalisieren will, seht, Vietnam hat die USA im Vietnamkrieg 1975 bezwungen, aber jahrzehntelang nichts vom Sieg gehabt, denn Herr darüber, wo und wann Wohlstand, Prosperität in der Welt durch Frieden wächst oder jahrzehntelang ausbleibt, sind die USA, gleich ob besiegt oder Sieger. Kim mag das vor dem Bild Ho Tschi MInhs anders sehen und mit ihm Millionen Koreaner, in Nord und Süd



    Rückblick



    US General McArthur weitet 1951 das durch US-Army ausgeübte UNO-Mandat zur Befreiung Südkoreas von nordkoreanisch-chinesischen Truppen bis zum 38. Breitengrad selbstermächtigt aus an US Päsident Truman, Kongress vorbei, erobert, Gesamt Korea. Nicht identifizierbar chinesische Truppen vertreiben US Truppen aus ganz Korea, während die US Air Force auf Korea binnen einem Jahr mehr Bomben abwarf als im Zweiten Weltkrieg in Japan, Europa. Napalm Bomben wurden erstmalig "erprobt", dass es, neben Millionen Toten, Verstümmelten Zivilisten, 30 Millionen Binnenflüchtlinge in Korea gab



    27. Juli 1953, US Präsident Eisenhower verhandelt ohne Südkorea mit Nordkorea Waffenstillstand am 38. Breitengrad, Korea in Nord- und Süd- geteilt. Kriegsende, ohne Aussicht auf Frieden.



    USA sind durch Bruch ihres UNO Mandats für Korea 1951 in Bringschuld Frieden anzubahnen, Entschädigungen zu leisten. Erster Schritt wäre Rücknahme der Sanktionen, den Kim zur Gesichtswahrung daheim braucht

    www.freitag.de/aut...enstillstand-korea

    • @Joachim Petrick:

      Danke. Sehr lesenswert Ihr Kommentar.

  • "Nur: Das Versagen hat schon vor dem Gipfel begonnen."

    Richtig. Und das Versagen begann lange, und ich meine lange, vor dem nun gescheiterten Gipfel: "This U.S.-North Korean agreement will help to achieve a long-standeng



    and vital American objective: an end to the threat of nuclear



    proliferation on the Korean peninsula." -Präsident Bill Clinton, 1994

    "In diesem einen Punkt mag Donald Trump ja Recht haben: Besser gar kein Deal als ein schlechter."

    Definitiv!

    "Weder gibt es auf US-Seite eine Strategie, noch ein einheitliches Vorgehen."

    Doch gibt es. Nennt sich etwa "komplette, überprüfbare und unumkehrbare Denuklearisierung Nord Koreas" - erst wenn das erreicht ist werden die Sanktionen gelockert bzw. ganz aufgehoben. Und mit "Denuklearisierung" ist natürlich die "Amidefinition" gemeint; was Nordkorea sich auch darunter vorstellen mag ist für die Amis nicht von Belang.

    Ja, der Gipfel ist gescheitert. Da gibt es nichts zu beschönigen.

    Jetzt bleibt die Reaktion Nordkoreas abzuwarten: sollte sich der Ton wieder verschärfen wäre der Gipfel nicht nur gescheitert sondern ein volles Fiasko. Sollte er es nicht tun, dann stärkt es die Verhandlungsbasis der Amis in der Zukunft.

    Und zu schlechter letzt: auch wenn es Angesichts des Potenzials viel zu wenig ist, aber Trump hat immerhin etwas erreicht: Kim gab die Zusage auch in absehbarer Zukunft auf Atom- und Raketentests zu verzichten. Immerhin.......

  • Dass der Zeitgeist Drohungen, Aufrüstung, diverse Sanktionen etc. bevorzugt und die Entschärfung von Konflikten mit Argwohn beäugt, ist nicht von der Hand zu weisen. Dieser Kommentar bestätigt meine Wahrnehmung. Was sollte dieser Kim Kong Un anderes bieten als den sukzessiven Abbau atomarer Waffen und Einrichtungen? Und logischerweise erwartet der Diktator den Abbau der Sanktionen.



    Dass Trump die Gespräche schlecht vorbereitet hat, steht auf einem anderen Blatt. Dass aber die einschlägigen Kriegstreiber von Anfang an ausschließlich warnten, mit Kim Jong Un überhaupt zu reden, erklärt die Erleichterung vieler Gegner eines Deals über den Abbruch der Gespräche. Und das Allerschlimmste wäre gewesen, wenn ausgerechnet Trump ..... .

    Ich finde es überaus gefährlich, dass die Kalten Krieger hüben wie drüben nur noch in militärischen Kategorien denken und im Sinne der Rüstungslobby Verhandlungen über die friedliche Lösung von Problemen ablehnen. Wir in Europa bezahlen z.B. die Zeche, die uns die Kalten Krieger und Verweigerer bilateraler oder multilateraler Lösungen präsentieren.

  • "Die Befürchtung vorab war groß, Trump könnte Kims Charme erlegen ..."

    ich denke es wurde eher befürchtet, dass er seinem Charme erliegt, nicht ihn erlegt...

  • Wetten, dass Mr. Trump versuchen wird, auch dieses Treffen als „großartigen Erfolg“ zu verkaufen? Seinen Fans wird das genügen. Für den Rest der Welt ist dagegen offenbar, dass eine gewisse Bauernschläue und eine große Klappe nicht ausreichen, um seriöse Politik zu machen!



    Nun wird’s wohl erst mal nichts mit dem Friedensnobelpreis. Und dabei hatte er sich so darauf gefreut. Sogar Japan hatte sich breitschlagen lassen, für ihn diesbezüglich ein gutes Wort einzulegen!