Kommentar Reform des Sexualstrafrechts: Selbstbestimmung ja, Rassismus nein
„Nach Köln“ wird das Sexualstrafrecht verschärft – das ist gut. Doch darf es nicht dazu führen, dass nicht weiße Täter eher verurteilt werden.
D er rechtspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker, zufolge soll ein „Nein heißt nein“ nun Teil der Reform des Sexualstrafrechts werden. Ein Meilenstein in der sexuellen Selbstbestimmung von Frauen.
Auch das sogenannte Begrapschen soll wie geplant zum Straftatbestand werden. Eine Form von Übergriff, die bis zur Silvesternacht in Köln kaum Beachtung fand. Diese Wahrnehmung hat sich mittlerweile völlig geändert.
Am Wochenende wurden zwei junge Frauen beim Berliner Karneval der Kulturen von zehn jungen Männern eingekreist, bedrängt, angefasst und beklaut. Berichte von T-Online bis „Tagesschau“ folgten.
So begrüßenswert die Berichterstattung über sexualisierte Gewalt auch ist, so sehr hat sie doch ein gewisses Geschmäckle. Die Polizei spricht von zwei Tätern „türkischer Herkunft“. Über die anderen sei noch nichts bekannt. Unter dem Text zum Vorfall bei Spiegel Online steht, dass die Kommentarfunktion abgestellt wurde, da „zu diesem Thema so viele unangemessene, beleidigende oder justiziable Forumsbeiträge“ gepostet würden.
Asylrecht und sichere Herkunftsländer
Es ist zumeist rassistischer Hass, der sich in Kommentaren über derartige Übergriffe Raum schafft. Auch die ersten Konsequenzen der Silvesternacht in Köln betrafen nicht die Opfer, sondern die vermeintlichen Täter: Es folgten eine Asylrechtsverschärfung und die Einstufung von Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsländer.
Jetzt wird „nach Köln“ die eigentlich logische Gesetzesänderung angepackt: die Reform des Sexualstrafrechts. Wichtig wird danach die Anwendung durch Polizist_innen in der Beweisaufnahme und Gerichte in der Urteilsfindung sein.
Es darf nicht nur dazu führen, dass nun weißen Frauen als Opfer eher geglaubt und nicht weiße Täter eher verurteilt werden. Gerade liegt der Fokus der Berichterstattung vor allem auf diesen Fällen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator