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Koalition will härteres Sexualstrafrecht„Nein heißt Nein“ soll ins Gesetz

Die Regierung will das Sexualstrafrecht verschärfen – in ihrem Entwurf fehlte aber der Grundsatz „Nein heißt Nein“. Nun einigten sich die Koalitionsfraktionen darauf.

„Nein heißt Nein! Das ist unser Gesetz“ – Noch ist es nicht soweit: Demo nach den sexuellen Übergriffen in Köln Foto: dpa

Berlin dpa | Union und SPD sind grundsätzlich einig über weitere Strafrechtsverschärfungen zum Schutz vor sexuellen Übergriffen. Verankert werden soll das Prinzip, dass ein klares „Nein“ für eine Bestrafung von Tätern reichen soll. Vorgesehen sind außerdem neue Tatbestände, die aufdringliches Grapschen und sexuelle Attacken aus einer Gruppe heraus erfassen. Das Gesetz soll noch vor der Mitte Juli beginnenden Sommerpause verabschiedet werden. Unterdessen sprach sich eine große Mehrheit der Deutschen für eine solche Änderung aus.

Die Koalitionsfraktionen gehen mit ihrer Verständigung über einen Entwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hinaus. „Der Grundsatz „Ein Nein ist ein Nein“ wird in einer neuen Strafvorschrift verwirklicht werden“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Union, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Das ist Meilenstein für die Wahrung der Rechte der Frauen.“ SPD-Fraktionsvize Eva Högl sagte am Donnerstag: „„Nein heißt Nein“ wird künftig Gesetz, und damit sind wir endlich auf einem guten Weg im Sexualstrafrecht.“

Konkret heißt es in dem Eckpunktepapier: „Der entgegenstehende Wille ist erkennbar, wenn das Opfer ihn ausdrücklich (zum Beispiel verbal) oder konkludent (zum Beispiel durch Weinen oder Abwehren der sexuellen Handlung) nach außen zum Ausdruck bringt.“ Bisher kann eine Vergewaltigung nur dann zur Strafe gebracht werden, wenn sich das Opfer körperlich zur Wehr setzt.

Im Deutschlandtrend für das ARD-„Morgenmagazin“ befürworteten 86 Prozent der Befragten es, wenn das Sexualstrafrecht dahingehend verschärft wird, dass ein eindeutiges „Nein“ des Opfers bei einer Vergewaltigung ausreicht, um den Täter zu bestrafen. Zehn Prozent der Befragten halten die bisherige Gesetzeslage für ausreichend.

Union und SPD sind sich grundsätzlich einig über weitere Strafrechtsverschärfungen zum Schutz vor sexuellen Übergriffen. Verankert werden soll das Prinzip, dass ein klares „Nein“ für eine Bestrafung von Tätern reichen soll. Vorgesehen sind außerdem neue Tatbestände, die aufdringliches Grapschen und sexuelle Attacken aus einer Gruppe heraus erfassen. Das Gesetz soll noch vor der Mitte Juli beginnenden Sommerpause verabschiedet werden.

Weitere Verschärfungen des Regierungsentwurfs waren aus allen Faktionen und auch vom Bundesrat gefordert worden. Maas hatte sich offen für Ergänzungen gezeigt. Die Reform war schon vor Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln angestoßen worden.

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2 Kommentare

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  • "Unterdessen sprach sich eine große Mehrheit der Deutschen für eine solche Änderung aus." Schon klar: Machtdemonstrationen aller Art sind derzeit wieder groß in Mode. "Jetzt oder nie!", ist deswegen der Schlachtruf besonders konservativer Extremisten.

     

    Die Frage, wie vor Gericht ein (überaus flüchtiges) "Nein" nachgewiesen werden kann, und was aus dem bewährten Rechtsgrundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" werden soll, wenn nicht unabhängige (!) Zeugen den sexuellen Übergriff bestätigen, bleiben die Befürworter des neuen Gesetzes leider schuldig. Es genügt ihnen offenbar, sich durchgesetzt zu haben.

     

    Ich hoffe nur, ich muss es nicht mehr miterleben, dass Menschen männlichen, weiblichen oder sonstigen Geschlechts, die des Grabschens beschuldigt wurden, bis zum Hals im Boden eingegraben und bis zu ihrem Ableben mit Steinen beworfen werden. Im Altertum und in diversen "modernen" arabischen Staaten soll das ja schließlich die Strafe der Wahl für Gotteslästerung sein, hört man. Allerdings braucht es selbst da diverse Zeugen für die Tat.

     

    Übrigens: Etwas mehr als 80% der Deutschen befürworten nach Angaben einer aktuellen Studie auch eine Schließung der deutschen Außengrenzen. Zumindest in einer Richtung und für Leute, die sie nicht so mögen. Wahrscheinlich wird also der nächste Gesetzentwurf den Bau einer Mauer nebst Selbstschussanlagen und Hundeparcours vorsehen. Zuvor, allerdings, werden alle wieder im Brustton einer (in Wahrheit nicht vorhandenen) Überzeugung behaupten: „Niemand hat die Absicht...“

  • Unter dem Strich bleibt es wegen der Problematik bei der Beweisführung ein leeres Blabla. Doch eines könnte sich tatsächlich ändern: Juristen bietet sich die lukrative Chance, mittels der Unendlichkeit möglicher Spitzfindigkeiten die Diskussion über die Bedeutung einen "Jein" zur Hauptsache in Vergewaltigungsprozessen zu machen.