Kommentar Netanjahu in Washington: Ziemlich beste Freunde
Die Reise des israelischen Premiers in die USA hätte ein Spaziergang werden können. Wäre da nicht eine jüdische US-Lobbyorganisation.
U S-Präsident Donald Trump steht in Israel so hoch im Kurs, dass der Likud sein Konterfei für den Wahlkampf nutzt und zusammen mit Spitzenkandidat Benjamin Netanjahu auf die Plakate druckt. Der Umzug der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ist Grund für Trumps Popularität, sein Ausstieg aus dem Atomvertrag mit Teheran, und nun wartet der mächtigste Mann der Welt mit einem neuen Geschenk auf seinen Freund aus Jerusalem.
Gut zwei Wochen vor den israelischen Parlamentswahlen verspricht er, dass die USA künftig die Souveränität Israels über die 1967 eroberten Golanhöhen anerkennen. Der Zeitpunkt könnte für Netanjahu, der daheim um seine Wiederwahl ringt, nicht günstiger sein. Wer sollte nun noch Zweifel haben an Netanjahus Mantra: „Nie waren die Beziehungen besser als jetzt.“
Die Reise in die USA hätte für Netanjahu also eigentlich ein Spaziergang werden sollen. Wären da nicht die amerikanischen Juden des „American Israel Public Affairs Committee“ (Aipac), der wichtigsten proisraelischen Lobby in Übersee. Wurden die Beziehungen zu Trump immer enger, so gingen die US-Juden immer stärker auf Abstand zu Israel. Der Kampf der Mauerfrauen, die Gebetsrechte für gemischte Geschlechtergruppen an der Klagemauer fordern, war Anlass zum Streit, ebenso das Antiboykottgesetz, mit dem Israel radikalen Besetzungsgegnern, darunter auch US-Juden, die Einreise verbietet. Netanjahus Bündnis mit der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit war für viele dann schlicht zu viel.
Es ist jetzt an Netanjahus politischem Gegner Benny Gantz, die proisraelische Lobby daran zu erinnern, wofür Netanjahu steht: Israels Noch-Ministerpräsident ist dabei, den Friedensprozess zu begraben und den Siedlungsbau voranzutreiben. Er bekämpft die freie Meinungsäußerung und Gewaltenteilung und drängt die arabische Minderheit ins Abseits.
Trumps Meinung ist nicht mehr zu ändern. Für den US-Präsidenten ist Netanjahu ein „großartiger Staatsführer“. Aber die wirklichen Freunde Israels sollten nicht vergessen, wer Israel in die Katastrophe führt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja