Kommentar Justizversagen in Sachsen: Furchtbare Pannenserie
Die Pannen um Jaber A. zeigen, dass Polizei und Justiz in Sachsen reformiert werden müssen. Der Rücktritt des Justizministers wäre ein Anfang.
D er Suizid des Terrorverdächtigen Jaber A. in der JVA Leipzig ist der furchtbare Höhepunkt einer Serie von Pannen, die den sächsischen Behörden in diesem Fall unterlaufen sind. Dass sich A. in seiner Zelle erhängen konnte, ist auch das Resultat einer fulminanten Fehleinschätzung. Zwar lässt sich ein Gefangener, der sich selbst töten will, nur schwer davon abhalten. Die zuständigen Beamten – von der Psychologin bis zum verantwortlichen Leiter der JVA – aber scheinen schlicht nicht erkannt zu haben, dass eine akute Selbstmordgefährdung vorlag.
Dabei gab es zahlreiche Hinweise. Nicht nur, dass der Mann bereit war, bei einem Selbstmordanschlag sein Leben zu opfern. Schon der Haftrichter hatte auf eine Gefährdung hingewiesen, dann trat A. in Hungerstreik, schließlich holte er eine Lampe von der Decke und manipulierte Steckdosen in seiner Zelle. A.'s Anwalt hatte sich noch am Nachmittag erkundigt, ob sein Mandant auch ausreichend unter Beobachtung stehe. Die JVA hätte diesem eine permanente Wache vor die Tür setzen oder ihn in einen besonders gesicherten Haftraum verlegen können.
Das aber taten sie nicht. Das Resultat: Der Mann ist tot und wird den Ermittlern keine Erkenntnisse mehr liefern – zu seinem Plan, seinen IS-Kontakten und möglichen Verbündeten, die vielleicht in Deutschland leben.
Auch bei der sächsischen Polizei lief vieles schief. Die Beamten observierten das Haus, in dem A. mit Sprengstoff hantierte, so, dass sie bemerkt wurden. Sie ließen A. entwischen. Dieser konnte unbemerkt von Chemnitz nach Leipzig reisen. Am Ende bekam die Polizei den Terrorverdächtigen von drei Syrern auf dem Silbertablett serviert. Jetzt ist er tot.
Der Rücktritt des Justizministers, der die politische Verantwortung für den Tod in der JVA trägt, wäre ein Anfang. Viel wichtiger aber: Polizei und Justiz in Sachsen gehören endlich grundsätzlich reformiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Zukunft der Ukraine
Gewissheiten waren gestern
Habecks Dilemma mit der Gerechtigkeit
Robert und das Schulklo