Kommentar Investitionsschutz TTIP: Keine Bananenrepublik
Wenn der Investitionsschutz gestrichen wird, sind die EU-Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada vom bösesten Teil befreit.
E s gibt horrende Ungerechtigkeiten in dieser Republik, aber der Rechtsstaat Deutschland funktioniert. Bürger, Institutionen und Unternehmen können Gesetzen und Institutionen vertrauen, Missbrauch ist selten. Deutschland ist keine Bananenrepublik.
Deshalb ist es gut, dass eine Rechtsstaats-Partei wie die SPD sich dagegen wehrt, wenn der Rechtsstaat ausgehebelt werden soll. Ein Investitionsschutz, durch den Unternehmen ihre Streitigkeiten mit Staaten vor separaten Schiedsgerichten aushandeln können, würde einen juristischen Staat im Staat schaffen, eine Nebenrechtssprechung etablieren, die den Rechtsstaat Deutschland aushöhlen würde.
Weltweit gibt es derzeit etwa 3000 zwischenstaatliche Verträge zum Investitionsschutz, allein Deutschland hat rund 130 abgeschlossen. Es sind meist Abkommen mit Staaten, die Probleme mit ihren Rechtssystemen haben, etwa Südafrika, Kasachstan oder China.
Hier werden Investitionen sogar erleichtert, wenn Unternehmen sie durch Nebenabsprachen, nicht durch staatliches Handeln gefährdet sehen müssen. Aber in den Freihandelsverträgen der EU mit den USA und mit Kanada hat der Investitionsschutz nichts zu suchen.
Längst nutzen Konzerne nämlich weltweit die Schiedsgerichte dazu aus, Staaten mit Klagen regelrecht zu überziehen – und auszubeuten.
Philip Morris fordert so von Uruguay und Australien Milliardensummen, weil diese Länder schärfere Raucherschutzgesetze erlassen haben - und deshalb der Profit des US-Tabakmultis leidet. Dabei ist eine neue gesellschaftliche Entwicklung in der ganzen Welt Ursache für die Gesetzesänderungen.
Entschädigung für Energiewende
Ähnlich bizarr: Dass der Energiekonzern Vattenfall etwa vier Milliarden Euro von der Bundesregierung fordert, weil sie nach dem Super-GAU von Fukushima die Atommeiler der Schweden abgeschaltet hat. Und: Es sieht nicht nur danach aus, als ob Vattenfall gewinnt, die deutschen Konzerne, denen durch die Abschaltung ihrer Meiler ebenfalls Milliardengewinne durch die Lappen gehen, dürfen nicht klagen – weil es dafür keine rechtliche Grundlage gibt.
Es ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Abkommen den Handel zwischen der EU und den USA oder Kanada erleichtert. Wenn Produkte, nehmen wir die berühmten Autoblinker, nicht mehr in zwei verschiedenen Versionen dies- und jenseits des Atlantiks gefertigt werden müssen. Offenbar sind bei Ceta und TTIP bereits wegen der internationalen Proteste die umstrittenen Chlorhühnchen und das Genfood aus der Agenda gestrichen worden. Nun hat es auch die SPD gemerkt – und dankenswerterweise sogar gehandelt:
Wenn der Investitionsschutz weg ist, ist die größte Fehlentwicklung in beiden Freihandelsabkommen beseitigt.
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