Kommentar Hambacher Forst: Doppelter Sieg für Umweltschützer
Die Rodung ist gestoppt, der Protest gegen Kohle nicht mehr verboten. Für Umweltschützer gibt es noch viel zu tun, doch erstmal wird gefeiert.
A m Freitagnachmittag fühlt sich der Tag wie ein Sieg an – und nicht nur weil über dem Rheinland die Sonne scheint. RWE rechnet nicht mehr vor 2020 mit der Rodung des Hambacher Walds, vielleicht ist dies der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohleförderung. Zudem hat das Verwaltungsgericht Aachen die große Anti-Kohle-Demonstration am Samstagmittag endgültig genehmigt.
Die TeilnehmerInnen dürfen sich gleich doppelt freuen: Sie haben sich nicht nur erfolgreich gegen den mächtigen Energiekonzern RWE gewehrt, sondern auch gegen eine autoritär agierende Landesregierung. NRW-Innenminister Herbert Reul wollte bei der Räumung des Waldes die Schlagkraft des Staates demonstrieren. Das Resultat waren ausgebrannte Polizisten, ein Vertrauensverlust in der Bevölkerung und ein toter Journalist. Schon alleine deshalb war der Preis für diesen Sieg zu hoch.
Vielleicht zieht das heutige Urteil den Schlussstrich unter den Abbau von Braunkohle in NRW. Viel verloren ist trotzdem. In der gesamten Kölner Bucht haben die Menschen jahrelang den Staub aus dem Tagebau eingeatmet, Kinderärzte in Köln führen die hohe Anzahl an Kindern mit Atemwegserkrankung in der Domstadt darauf zurück. Und rund um den Tagebau sind Dörfer zerstört und Nachbarschaften zerrissen worden.
Im kleinen Manheim gab es Kneipen, einen Supermarkt, einen Metzger. Mittlerweile ist der Ort eine Geisterstadt, die Bewohner sind umgesiedelt nach Manheim-neu. Dort gibt es nichts davon. Für diese Dinge gibt es ein Wort: Ewigkeitsschäden. Der nächste Konflikt zeichnet sich schon ab: Was wird RWE dafür bezahlen müssen?
Aber heute wird erstmal gefeiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!