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Urteil zum Verbot des UmweltprotestsDemo am Hambacher Forst erlaubt

Die Polizei hatte die Demo am Hambacher Forst wegen Sicherheitsbedenken verboten. Nun kippte ein Gericht das Verbot.

Die Rodungen am Hambacher Wald sind bis auf Weiteres ausgesetzt Foto: dpa

Köln taz/epd | Am Freitagmittag war die Großdemo am Hambacher Wald noch verboten, in der Alten Feuerwache in Köln herrschte aber trotzdem schon Jubelstimmung. „Das ist ein großer Erfolg“ verkündete Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am Freitagmittag bei einer Pressekonferenz in Köln. Gerade hatte er erfahren, dass der Energiekonzern RWE vor Gericht eine Niederlage erlitten hatte. Die Rodungen am Hambacher Wald sind bis auf Weiteres ausgesetzt. Applaus im Saal.

„Das Urteil spornt uns noch mehr an, auf die Straße zu gehen“, sagt Uwe Hiksch von den Naturfreunden Deutschland. Er hat gemeinsam mit dem BUND, Campact und Greenpeace für Samstagmittag zu einer Großdemo für den Ausstieg aus der Kohleverstromung aufgerufen. Die Veranstalter rechnen mit 15-20.000 Menschen. Am Freitagnachmittag hat das Verwaltungsgericht Aachen die Demonstration genehmigt.

Damit setzte sie sich über die Einschätzung der Polizei Aachen hinweg, die die Versammlung wegen „erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ einen Tag zuvor verboten hatte. Die Demonstration wird auf einem Autobahnteilstück stattfinden, das von Leitplanken und Lärmschutzwällen begrenzt wird. Die Stadt Kerpen als zuständige Kommune hatte Bedenken geäußert: Es sei schwierig für Feuerwehr und Rettungskräfte, die Demo zu erreichen, außerdem sei der nächstgelegene Bahnhof in dem kleinen Ort Buir zu klein, um eine unproblematische Anreise zu gewährleisten. Das Verwaltungsgericht teilte die Einschätzung nicht.

Demoanmelder Hiksch hielt die Bedenken für vorgeschoben: „Die Polizei handelt auf politischen Druck“. Die Veranstalter haben Shuttle-Busse aus dem benachbarten Horrem gechartert, außerdem könnten problemlos 12.000 Menschen mit dem Zug über Buir anreisen. Der zuständige Verkehrsverbund VRS hat bereits erklärt, zusätzliche Züge einzusetzen.

„Das wird ein Happening werden“

Das späte Urteil setzt die Organisatoren jedoch unter Zeitdruck. Vermutlich wird sich wegen der Verzögerung der Start der Kundgebung auf 12 Uhr verschieben. Neben Politikern und Umweltverbänden sollen dort auch sechs Bands, darunter die Deutsch-Pop-Band Revolverheld spielen. Uwe Hiksch verspricht: „Das wird ein Happening werden.“

Zu verhindern wäre das ohnehin nicht gewesen. Sowohl Veranstalter als auch die Polizei Aachen gingen am Freitag davon aus, dass sich Tausende auf den Weg in Richtung Hambacher Wald machen – egal, ob die Demo erlaubt worden wäre oder nicht. Unklar ist, was passiert, wenn sich Demonstranten auf den Weg in den Wald oder den Tagebau machen. RWE hat einen Teil des Hambacher Walds abgesperrt, muss aber deutlich machen, dass man ihn nicht betreten darf.

Würde die Polizei dann einschreiten? „Das ist eine Einzelfallentscheidung“, kommentierte eine Sprecherin der Polizei Aachen. „Jagdszenen wollen wir aber auf jeden Fall vermeiden.“

RWE erwartet nun Gewinneinbußen in höhe eines „niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrags“ pro Jahr ab 2019. Die Auswirkungen auf den Tagebaubetrieb könnten derzeit noch nicht abgeschätzt und müssten erst geprüft werden. Das Unternehmen geht aber davon aus, dass eine Entscheidung darüber, ob der Hambacher Forst gerodet werden darf, „möglicherweise nicht vor Ende 2020“ vorliegt.

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3 Kommentare

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  • Mit soeben bekanntgegebenem Beschluss hat die 6. Kammer dem Eilantrag des Naturfreunde Deutschland e.V. stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Verbotsverfügung des Polizeipräsidiums Aachens angeordnet.

    Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt:

    Es spreche Überwiegendes dafür, dass das Verbot der Demonstration rechtswidrig sei. Das Gericht teile die Sicherheitsbedenken der Polizei nicht. Bei einer Versammlung i.S.v. Art. 8 GG sei die Vorlage eines validen Sicherheitskonzepts nicht - wie etwa bei gewerblichen Veranstaltungen - zwingende Voraussetzung für deren „Zulassung“. Vielmehr seien etwaige Sicherheitsbedenken im Rahmen eines Kooperationsgesprächs zu erörtern und sei diesen ggfs. durch entsprechende Auflagen Rechnung zu tragen. Erst wenn trotz solcher Auflagen aufgrund des Ablaufs der Versammlung, der örtlichen Gegebenheiten oder aufgrund der Besonderheiten des An- und Abreiseverkehrs eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben z.B. von Versammlungsteilnehmern bestehen würde, komme ein Verbot der Versammlung als äußerstes Mittel in Betracht. Für das Gericht sei aber nicht erkennbar, dass den Sicherheitsbedenken - insbesondere bzgl. der An- und Abreise über die Bahnhöfe Buir und Horrem sowie die Freihaltung von Rettungswegen - nicht durch Auflagen Rechnung getragen werden könne. Dabei habe die Kammer zum einen in den Blick genommen, dass am 30. September 2018 ein sog. Waldspaziergang mit ca. 10.000 Teilnehmern stattgefunden habe, ohne dass es dabei zu Gefahrenlagen bei der An- und Abreise der Teilnehmer gekommen wäre. Über ein Sicherheitskonzept zu dieser Veranstaltung sei dem Gericht ebenfalls nichts bekannt. Zudem werde die Anreise zu der Demonstration voraussichtlich überwiegend mit S-Bahn, Regionalexpress (Bahnhöfe Buir und Horrem) sowie mit gecharterten Bussen erfolgen..…“

    VG Aachen - Pressemitteilung - Rest folgt - gleich;)

    • @Lowandorder:

      ff & the rest of the best;)

      “…Dies führe zu einer „Kanalisierung“ und Begrenzung der Versammlungsteilnehmer, was wiederum die Lenkung der Menschenmengen unter Sicherheitsaspekten - ähnlich wie bei gewerblichen Großveranstaltungen (Fußballspiele, Oktoberfest) - erleichtern dürfte.

      Abschließend hat die Kammer darauf hingewiesen, dass die Polizei durch den Beschluss nicht gehindert sei, Auflagen für den Fall zu erlassen, dass die Versammlung nunmehr stattfinden sollte, mit denen die bestehenden Sicherheitsbedenken entschärft werden könnten.







      Aktenzeichen: 6 L 1490/18



      www.vg-aachen.nrw....9_181005/index.php

      unterm——



      Frauman beachte - wie durchsichtig dürftig das Verbot begründet worden



      ist.



      kurz - Für die Begründung des Beschlusses des VG auf Rechtsschutz im Eilverfahren - ein Leichtes.!;) -

      • @Lowandorder:

        btw - wie hieß’es früher aufm Tivoli *¿*

        “ ach herm - mach ich mit der Mütze!“