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Kommentar Geert Wilders bei PegidaDas letzte Aufgebot

Michael Bartsch
Kommentar von Michael Bartsch

Auch der niederländische Rechtspopulist konnte Pegida kein neues Leben einhauchen. Mit den Verbleibenden will wirklich keiner mehr reden.

Pegida in Dresden: Schwarz-Rot-Goldene Flaggen oder doch lieber Schwarz-Weiß-Rote Mützchen? Bild: dpa

D en 13. April muss man sich merken. Er markiert anschaulich die Defensive, in die der Aufstand des deutschen Spießertums gegen das vermeintlich linke Establishment geraten ist.

Offenbar ahnte auch Lutz Bachmann, dass seine Radikalisierung die Bewegung in die Isolation treibt. Und so sollte der Schwund bei den Dresdner Montags-„Spaziergängen“ mithilfe des Promis Geert Wilders gestoppt und stattdessen der Mythos von einer stetig wachsenden Volksbewegung noch einmal beschworen werden. Bachmann und seine Clique in den wadenlangen schwarzen Ledermänteln boten am vergangenen Montag die S-Klasse der europäischen Rechten auf. Es hat nicht funktioniert.

Wilders mobilisierte weniger als ein Drittel der erwarteten 30.000 Verteidiger eines diffus gefühlten Deutschtums. Noch aufschlussreicher waren die vernehmbaren Untertöne und Begleiterscheinungen des Events in der Dresdner Flutrinne, in die die Elbe bei Hochwasser ausweicht. Denn nicht einmal ein Geert Wilders war den verbliebenen Pegida-Anhängern radikal genug.

Tatsächlich hatte der Gründer der niederländischen Freiheitspartei Kreide gefressen. Offenbar zeigten Warnungen vor volksverhetzenden Reden nun auch von Seiten des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich Wirkung. Buchstäblich mal schnell eingeflogen, wie ein Staatsgast von einem Blaulichtkonvoi eskortiert, las er eine wenig flammende Rede ab und verschwand sofort wieder. Als nach ihm OB-Kandidatin Tatjana Festerling redete, begann sich der Platz schon zu leeren. Am kommenden Montag pausiert Pegida.

Wen soll man den Fahnen schwenkenden Männern auch noch vorsetzen, damit sie ihren Generalfrust abreagieren können? Offensichtlich will mit den verbliebenen Pegidianern niemand mehr in einen „Bürgerdialog“ treten. Denn die halten ihre potentiellen Ansprechpartner, die Merkels und Gaucks, für Volksverräter, das gleiche gilt für die Lügenpresse. Die Sprechchöre riefen: „Alle sollen weg!“. Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Politiker und Journalisten Morddrohungen bekommen.

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Michael Bartsch
Inlandskorrespondent
Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.
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7 Kommentare

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  • Souveränes Weglächeln "überschwemmte" Dresden - und Geert Wilders hinfort...

  • 1G
    19122 (Profil gelöscht)

    "Es kommt nicht von ungefähr, dass viele Politiker und Journalisten Morddrohungen bekommen." - Wie beispielsweise auch Herr Wilders. Und DIESE Drohungen sind sehr ernst zu nehmen, wie viele Beispiele der jüngeren Vergangenheit zeigen.

  • Betrifft obiges Foto: Wie schön, wenn man dank digitaler Bildbearbeitung jedem Menschen die Uniform überhelfen kann, in dem man ihn/sie gern sehen möchte!

     

    Aber ganz neu ist das natürlich nicht. Bei den diversen Syriza-Demos in Athen bewiesen die Plakat-Designer noch viel mehr Phantasie! Da waren Frau Merkel und Herr Schäuble grundsätzlich in Uniform zu sehen, wahlweise SA, SS oder Wehrmacht, mit oder ohne Hitler-Bärtchen. Oder aber in „Wildwest-Outfit“, mit Pistole in jeder Hand!

     

    Also, liebe Plakat-Designer von „Pegida“, mehr Ideen braucht das Land!

    Und noch ein Tipp: Bei Uniformjacken für Frauen befindet sich die Knopfleiste auf der anderen Seite! Mancher sieht eben nicht nur das „GroßeGanze“, sondern achtet auch auf Details!

  • "Alle sollen weg, am liebsten ins Gas."

    Das, lieber Autor, überschreitet ganz sicher den Rahmen einer Meinungsäusserung.

     

    Brecht anrufend, der sprach:

     

    "Auch der Haß gegen die Niedrigkeit

    verzerrt die Züge.

    Auch der Zorn über das Unrecht

    Macht die Stimme heiser."

     

    ist manchmal weniger mehr.

    Totgesagt wurde und Kontaktverbot zur Pegida gab es von Anfang an.

    Trotzdem gehen da 10k Menschen hin, mehr als auf so mancher bundesweiten Antiatom/AntiTTIP Demo, die von hunderten hauptamtlichen Grünlinken organisisert und finanziert wird.

    • @Frank Heinze:

      Hat das "... am liebsten ins Gas" hier ursprünglich gestanden, wenn ja, als Meinungsäußerung von Herrn Bartsch, oder doch eher als wörtliches, ggf. belegbares Zitat der Pegida-Sprechchöre von Dresden, lediglich hier dann nachträglich gekürzt? Wenn letzteres, war das eine Meinungsäußerung der Pegidisten in DD-

      • @Da Hias:

        Das stand in der ersten Version des Artikels im letzten Absatz. Wurde vom Autor als Intention der Pegidademonstranten ausgegeben.

        Er hats ja dann doch noch revidiert.

    • @Frank Heinze:

      "Die Sprechchöre riefen: „Alle sollen weg!“. "

       

      So stehts da oben. Bei Ihnen wird daraus:

      ""Alle sollen weg, am liebsten ins Gas.""

       

      Oder was wollten Sie jetzt eigentlich sagen?

      Und übrigens waren auf mancher Anti-AKW Demo seinerzeit deutlich mehr als die "10k Menschen" die heutzutage Pegida auf die Beine bringt. Vor allem war dieser Protest nicht auf eine einzige Stadt beschränkt, sondern konnte wirklich bundesweit mobilisiert werden. Und ich glaub, die Grünen haben wahrlich anderes zu tun, als "hauptamtlich" Demos zu organisieren und finanzieren.