Kommentar Gabriels Besuch in Israel: Das Ende der Leisetreterei
Zu lange hat sich Deutschland – bei aller Verantwortung für das Wohlergehen Israels – gegenüber Netanjahu zurückgehalten.
D eutschland hat eine besondere Verantwortung für Israel. Sie beinhaltet nicht nur ein Bekenntnis zum Existenzrecht Israels, sondern auch die Verpflichtung, dem Land bei einem Angriff von außen zu helfen.
Das bedeutet aber nicht, gegenüber der israelischen Regierung Leisetreterei betreiben zu müssen, wie es Deutschland gegenüber Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu lange getan hat. So hielt die Bundesregierung noch lange an der Sprachregelung fest, man müsse den Friedensprozess voranbringen, als längst deutlich war, dass dieser politisch tot ist.
Sigmar Gabriel hat jetzt diese Politik beendet. Sein Besuch bei der Organisation Breaking the Silence wurde von der Regierung Netanjahu erwartbar als Provokation verstanden. Dennoch war dieses Zeichen wichtig. Denn man kann mit Netanjahu endlos Gespräche über eine Zweistaatenlösung führen. Näher kommen wird sie deshalb nicht.
Es gibt zwei Hindernisse für eine Friedenslösung in Nahost: Hamas und die israelische Rechte. Beide Seiten profitieren von einer begrenzten Fortsetzung des Konflikts, weil ihnen die andauernde Feindschaft innenpolitisch Loyalität sichert. Während die Obama-Regierung auf Distanz zu Netanjahu ging, tat Deutschland so, als habe man es in Jerusalem weiter mit Jitzhak Rabin zu tun.
Auch den Status quo zu erhalten ist schon viel
Jetzt sind die Verhältnisse umgekehrt: In Washington regiert Donald Trump, der auch zu Israel tagesformabhängige Meinungen verkündet. Eine davon beinhaltete die mögliche Abkehr von einer Zweistaatenlösung. Israel kündigte kurz darauf erstmals seit dem Osloer Vertrag den Neubau einer Siedlung an.
Gabriels Treffen mit Breaking the Silence steht in diesem Kontext. Wenn die USA den Israelis signalisieren, dass eine Verständigung mit den Palästinensern nicht mehr vordringlich sei, müssen die Europäer und auch die Deutschen deutlicher in ihrer Kritik an der Jerusalemer Politik werden. Dass sich der neue Außenminister Breaking the Silence für ein Treffen ausgesucht hat, ist folgerichtig: In ihrer Freund-Feind-Logik brandmarkt die israelische Rechte die Arbeit der Organisation als „antiisraelisch“, weil sie die Streitkräfte beschuldigt, Kriegsverbrechen zu begehen.
Mehr als bestenfalls den Status quo erhalten kann man mit dem Zeichen, wie Gabriel es jetzt gesetzt hat, nicht. Aber in den Zeiten von Trump und Netanjahu ist das schon viel.
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