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Kommentar Deutschlands AfrikapolitikBemerkenswert taktlos

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Deutschland betreibt ein unwürdiges Spiel mit Opfern der früheren deutschen Afrikapolitik. Passend dazu fällt Minister Müller durch Respektlosigkeit auf.

Herero und Nama fordern eine Entschuldigung für Deutschlands Völkermord in Namibia Foto: dpa

S o viel Afrika ist selten in der deutschen Politik. Bundesentwicklungsminister Müller befindet sich auf einer Marathonreise durch sieben afrikanische Länder, und in wenigen Tagen bricht die Bundeskanzlerin nach Westafrika auf. Es geht, wie immer im frühen 21. Jahrhundert, um Wirtschaftspotenzial und Fluchtursachenbekämpfung und um die Kunst, aus dem einen das andere zu machen.

Gleichzeitig betreibt Deutschland wieder einmal ein unwürdiges Schauspiel mit den Opfern der deutschen Afrikapolitik des frühen 20. Jahrhunderts. Auf einem kirchlichen Gedenkakt in Berlin, ohne Teilnahme hochrangiger Vertreter der Bundesrepublik, werden am Mittwoch Gebeine toter Angehöriger der Volksgruppe der Herero und der Nama an geladene Vertreter Namibias übergeben. Vertreter der Herero und der Nama werden draußen demonstrieren. Kritiker fragen zu Recht, warum es keinen Staatsakt gibt, keine offizielle Entschuldigung für den Völkermord an den Herero und Nama im einstigen Deutsch-Südwestafrika und keine Bereitschaft zur Entschädigung gemäß der in New York anhängigen Klage gegen Deutschland – jenseits der Zusage von Entwicklungshilfe.

Man könnte meinen, die Bundesrepublik sähe die Rückgabe von Knochen als Übernahme von Verantwortung. Mit bemerkenswert taktlosem Timing betont derweil der Entwicklungsminister bei seinem Besuch in Äthiopien, wie bei jedem seiner Besuche dort, dass er sich an der Wiege der Menschheit befinde, weil in Äthiopien die Knochen des ältesten ausgegrabenen Menschen „Lucy“ gefunden wurden, 3,5 Millionen Jahre alt. „Wir müssen uns auch unserer Ursprünge bewusst werden und deshalb bin ich auf einer Afrikareise“, sagt er in einem Deutschlandfunk-Interview.

In solchen Sätzen, wie auch immer sie tatsächlich gemeint sein könnten, schimmert das koloniale Bild eines Afrika als zurückgebliebenes Urgestein der Welt durch, das erst noch mit fremder Hilfe in die Gegenwart zu befördern ist. Nicht anders zu interpretieren ist ja auch das ewige Gerede von Afrika als Kontinent der „Chancen“. Die Knochen gehören den Afrikanern. Das Fleisch den Deutschen.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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63 Kommentare

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  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...Ausbeutung, Genozid und die Deutschen sagen "Irgendwann muss auch mal Schluss sein!"



    Nach 1945 nichts dazu gelernt.

  • 9G
    90191 (Profil gelöscht)

    Mit dem "what have we done?"-Plakat kann ich mich irgendwie identifizieren.

  • Also steht dem Ur-Enkel eines in der DDR enteigneten Junkers auch nichts zu. Mit der Idee könnte ich mich tatsächlich anfreunden. Würde den Gaulands und von Storchs aber vermutlich auch nicht passen... Und der AFD auch Stimmen bringen. Aber wir könnten ja mal die putzig sanierten Gutshäuser Brandenburgs abklappern und dort den alten Adel wieder rausschmeißen. Die Herero bekommen ja auch nichts wieder, irgendwann muss auch mal Schluss sein.

    • @Sandor Krasna:

      Es geht nicht um die Rückgabe rechtswidrig enteigneten Besitzes. Soweit ich weiß verfügt die BRD nicht über Ländereien in Namibia.

      Es geht vor Gericht in den USA um einen abstrakten Schaden, den Menschen erlitten haben sollen, die zum Zeitpunkt des Völkermords noch lange nicht geboren waren und den sie gegen die BRD geltend machen, die sie als legitimen Anspruchsgegner für Taten von seit vielen Jahren verstorbenen Tätern zu Zeiten der Bismarckschen Reichsverfassung ansehen.

      • @Trango:

        Das Deutsche Kaiserreich hat das Land des heutigen Namibias zu seiner Kolonie erklärt und den dort lebenden Indigenen das Land genommen, darüber hinaus hat es den rechtlichen Rahmen für die Landnahme gegeben. Diese Land befindet sich heute größtenteils in der Hand von Weißen, den Nachfahren von Kolonisten, oder sie haben es von ehemaligen Kolonisatoren erworben. Der Genozid an den Herero fand im Zusammenhang mit diesem Landraub statt und dem Versuch des Deutschen Reichs Teile Süd-West-Afrikas sich einzuverleiben. Die BRD hat keine Möglichkeit diese Enteignungen rückgängig zu machen, ihr bleibt nur die Möglichkeit Entschädigungen zu zahlen.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Sandor Krasna:

      Haben die ihr Land zurückbekommen? Ich denke die meisten haben ihr Land zurückgekauft was ja ihr gutes Recht war. Aber meines Wissens nach gab es keine Reparationen für enteignete Junker.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Teils teils.



        Und in der Regel ja...

        »September 1994 erfolgte die Verabschiedung eines Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes (Gesetz über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage vom 27. September 1994, BGBl. I 2624, kurz: EALG). Das EALG beinhaltet vor allem, dass die Eigentümer, deren im Zuge der Bodenreform enteignete Grundstücke nicht zurückgegeben werden können (siehe oben Urteil des Bundesgerichtshofes), entschädigt werden. Ansprüche auf Entschädigung werden durch Zuteilung übertragbarer Schuldverschreibung erfüllt, die in voller Höhe am 1. Januar 2004 fällig und von da ab mit sechs Prozent jährlich verzinst werden.«

        (Wikipedia, Bodenreform)

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Sandor Krasna:

          Da geht es dann aber um direkt betroffene hier geht es um die Ur-Ur-Enkel von Betroffenen die zumeist noch nicht mal nachweisen können das ihr Vorfahre Opfer wurde.

  • “Man könnte meinen, die Bundesrepublik sähe die Rückgabe von Knochen als Übernahme von Verantwortung.”

    Schon lustig wo man hier für die Übernahme von Verantwortung ist und wo nicht. Den Menschen die Verantwortung für ihr eigenes Leben zumuten: Naja lieber nicht, dass ist ja nicht fair und überhaupt, im Zweifelsfall sollte ja der Staat da sein!



    Verantwortung für die Handlungen von toten übernehmen, mit denen die meisten von uns nichtmal entfernt verwandt sind aber schon, auch wenn man deren Haltung nie geteilt hat!

    “… schimmert das koloniale Bild eines Afrika als zurückgebliebenes Urgestein der Welt durch”

    Naja “zurückgeblieben” kann vieles bedeuten und ist ein Wort das emotional sehr geladen ist und es kommt vom Autoren des Artikels, nicht von Müller. Im Sinne von wirtschaftlich abgeschlagen ist das aber auch definitiv zutreffend.

    Außerdem sei mal angemerkt das Herr Müller auch dafür ist das man den Handel in beide Richtungen öffnet, was (im Gegensatz zur bisherigen “Entwicklungshilfe”) eine echte Hilfe wäre. Das ist die Entwicklungshilfe, die China in Afrika bereits seit langem bereitstellt.

    www.youtube.com/watch?v=zQV_DKQkT8o

  • Aber Deutschland ist nicht Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs.

    "Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Völkerrechtssubjekt "Deutsches Reich" nicht untergegangen und die Bundesrepublik Deutschland nicht sein Rechtsnachfolger, sondern mit ihm als Völkerrechtssubjekt identisch ist."

    www.bundestag.de/p...b/2015_06/-/380964

    Und hier ist das 3. Reich gemeint, nicht das Deutsche Kaiserreich.

    • @Sven Günther:

      Okay, da habe ich mich wohl juristisch unsauber ausgedrückt. Danke für den Hinweis.



      Wenn nun aber das Deutsche Kaiserreich mit der Bundesrepublik als "Völkerrechtssubjekt" identisch ist, dann folgt das ja trotzdem meiner Argumentation, das Deutschland Verantwortung trägt. Oder?

      • @Sandor Krasna:

        Auf jeden Fall, das wollte ich mit meinem Einwurf nicht in Abrede stellen.

    • @Sven Günther:

      Dass das 3. Reich mit der Weimarer Republik und dem Kaiserreich als Völkerrechtssubjekt identisch ist, ist unbestritten. Damit ist auch die BRD identisch mit dem Kaiserreich. Davon abgesehen ist es ziemlich egal, ob "identisch" oder "Rechtsnachfolger".

    • @Sven Günther:

      Manchmal sind Juristen seltsame Menschen...

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        ... was aber die Einhaltung von Gesetzen nicht überflüssig macht ...

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Mich würde schon interessieren, in welchem Gesetzt steht, dass ein Kaiserreich, eine Diktatur und eine Republik identisch sind. Oder befinden wir uns im Bereich der Interpretation?

          Rechtsnachfolger ist nachvollziehbar. Aber identisch?

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            Die Änderung der Staatsform führt nicht dazu, dass der alte Staat untergeht und ein neuer entsteht.

            • @Francesco:

              Tut mir Leid. Das kann ich nicht nachvollziehen.

              Die Staaten sind weder im Bezug auf ihre innere Verfassung, noch im Bezug auf die äußeren Grenzen identisch. Ich komme aus dem Bereich Naturwissenschaft. Dort bedeutet identisch absolut gleich.

              PS: Das sich Merkels Außenpolitik immer mehr an Willi II orientiert, mach die verschiedenen Staaten auch nicht identisch.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Sven Günther:

      Danke für diesen Hinweis. Wieder eine Bildungslücke geschlossen.

    • @Sven Günther:

      @ SANDOR KRASNA

  • Deutschland hat die Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs, das Deutsche Reich hat in Namibia einen Völkermord begangen also hat Deutschland Entschädigungszahlungen zu leisten. Das Geld kann an den namibischen Staat gehen, weil dies der Staat ist in dem die Herero heutzutage leben, oder es geht direkt an den Stamm, so wie es bei Entschädigungszahlungen an Indigene in USA und Australien gemacht wird. Wo ist das Problem?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Sandor Krasna:

      Die Täter sind alle Tot, die Opfer und ihre direkten Nachkommen sind tot. Entschuldigung ist selbstverständlich aber Entschädigungszahlungen sehe ich nicht als gerechtfertigt an. Dann klagen dei Stämme die Jahrzehnte vor dem Mord durch die Herero vertrieben worden sind und kassieren dann das Geld ab? Wie weit will man in der Geschichte zuückgehen? Wie ist das wenn das Land das Verbrechen begangen hat relativ arm ist? Das schürt nur Hass zwischen den Völkern. Wenn Deutschland jetzt den Herero 30 Milliarden zahlt dann kriegt die AFD bei der nächsten Wahl nochmals 5-10% mehr.

      • 9G
        99337 (Profil gelöscht)
        @83379 (Profil gelöscht):

        "Die Täter sind alle Tot, die Opfer und ihre direkten Nachkommen sind tot."

        Das stimmt und irgendwelche Einzelzahlungen an Nachkommen wären sicherlich fragwürdig. Außer Frage steht allerdings, dass Völkermorde über Generationen hinweg Folgen haben und es spricht nichts dagegen, dass Deutschland seiner Verantwortung gerecht wird und z.B. (uneigennützig, also ohne eigene Wirtschaftsinteressen) Fördergelder oder Wirtschaftshilfen zahlt, die den Menschen helfen.

        "Entschuldigung ist selbstverständlich[...]"

        Ich bin da kein Fachmann, aber ich glaube, um eine Entschuldigung drückt sich Deutschland deshalb herum, weil eine Entschuldigung ein Schuldeingeständnis wäre, aus dem sich juristisch wiederum möglicherweise Entschädigungszahlungen ableiten lassen.

        "Wie ist das wenn das Land das Verbrechen begangen hat relativ arm ist?"

        Deutschland hat mittlerweile viele arme Menschen, ist aber an sich alles andere als arm. Diese Ungleichverteilung ist national wie international ein Problem. Bei ärmeren Ländern wäre Ihr Einwand nicht völlig unberechtigt.

        "Wenn Deutschland jetzt den Herero 30 Milliarden zahlt dann kriegt die AFD bei der nächsten Wahl nochmals 5-10% mehr."

        Die Lösung kann weder für die Regierung noch für andere Parteien sein, die Programmatik der AfD direkt oder indirekt zu übernehmen. Die Lösung ist, ein tragfähiges politisches Konzept zu finden, mit dem sich mehr Menschen identifizieren können, als es derzeit linkes Spektrum und Mitte bieten, die zusammen die Interessen der bürgerlichen Mittelschicht, teilweise auch der Oberschicht vertreten und Erstere sich dabei aus Wehrlosigkeit gegen den Kapitalismus auf einige Minderheiten (plus Feminismus) konzentrieren und so das Gefühl der sogenannten Abgehängten verstärken, dass sie keine politische Interessensvertretung mehr haben.



        Genau das ist ein wesentlicher Faktor, der die AfD so erfolgreich macht.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @99337 (Profil gelöscht):

          das arm bezog sich auf andere Länder, weil ja hier ein Präzedenzfall gesetzt würde.

  • Glaube die Regieung würde sich gerne entschuldigen, aber dann würden die Nachkommen Geld fordern.

    Wobei ich Zahlungen persönlich ablehne, denn vermutlich würde sich hieran nur eine kleine Elite der jeweiligen Ethnie bereichern. Die Logik der Herero und Nama, dass durch den Völkermord, die Ethnien marginalisiert wurden, finde ich auch falsch. Wäre die namibische Politik nicht, wie fast überall in Afrika, dadurch geprägt, dass Politiker das Beste für sich und ihre Ethnie rausholen wollen, gäbe es keine marginalisierung. Alle wären gleich, hätten die selben Chancen, Rechte auf Teilhabe und es wäre egal, welcher Ethnie man angehört. Es würden dann nicht die Clan-Chiefs nach Berlin kommen, sondern Vertreter der gesamten namibischen Bevölkerung. Die eine Entschuldigung dafür fordern würden, was dem Land als solchem und nicht nur zwei Ethnien angetan wurde.

  • "...keine offizielle Entschuldigung für den Völkermord an den Herero und Nama..."

    Es ist doch mittlerweile schon Tradition, lieber mit dem Finger auf andere Verbrechen zu zeigen, als sich der eigenen Verantwortung zu stellen. Die Volksseele fühlt sich richtig wohl, wenn man wieder mal sagen kann: "Nation XY hat auch gemordet." Ein offizielle Entschuldigung würde nur aus der Wohlfühlzone führen...

    Mit Entschädigungszahlungen sieht es etwas anders aus. Die Täter (auch im weitesten Sinne) von damals sind längst tot. Wo immer man das Geld heute hernehmen würde, es käme von Menschen, die mit dem Verbrechen nichts zu tun haben. Der Staat hat ja schließlich kein eigenes Geld. Es ist das Geld der Bürger.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Eine Entschädigungszahlung halte ich trotzdem für angebracht. Der Staat gibt genug Geld für weniger sinnvolle Dinge aus, während die wichtigen Aufgaben vernachlässigt werden. Man muss allerdings darauf achten, in Namibia damit keine neuen Probleme zu erzeugen. Ein runder Tisch mit den Beteiligten könnte hilfreich sein, wenn denn BRD ein echtes Interesse an angemessenem Umgang mit dem Thema hätte.

      • @aujau:

        Statt Entschädigungszahlungen bin ich für echte Hilfe, das Land so voran zu bringen, dass alle Bürger etwas davon haben. Allerdings bezweifle ich, dass dies unter kapitalistischen Bedingungen möglich ist.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Es kann ja sein, dass die reine Entschädigungszahlung an echter Hilfe vorbeigehen kann. Allerdings liegt das weniger in der Definitionsmacht der BRD bzw. Entwicklungshilfediskursen. Hier sind die Herero und Nama als Überlebende des Völkermordes die Gestalter. Daher auch meine Idee eines runden Tisches, vom doofen Kapitalismus und seiner Entwicklungsruinen mal ganz abgesehen.

          • @aujau:

            Eine Entschädigung zahlt man an Opfer oder direkte Hinterbliebene. Das Verbrechen geschah aber vor über hundert Jahren...

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Und trotzdem kann BRD für den Völkermord die Verantwortung übernehmen.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          "Allerdings bezweifle ich, dass dies unter kapitalistischen Bedingungen möglich ist."

          Ganz im Gegenteil.

          Die bisherige Entwicklungshilfe ist oft kontraproduktiv, weil es sich dabei um eine Einbahnstraße handelt. Die "Förderländer" zerstören die lokale Wirtschaft, indem sie billige Produkte liefern, gleichzeitig aber Handelshemmnisse aufrecht erhalten. Das ist in der Tat ein "klein halten" der betroffenen Länder und im höchsten Maße unkapitalistisch.



          Das kapitalistische Urwerk heißt nicht umsonst Der Wohlstand der Nationen (

          • @Januß:

            Genau das meinte ich.

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Irgendwie ist hier ein Teil meines Beitrages einfach abgehackt worden. Weiter sollte dort stehen:

              ... (Plural) und legt da welch große Vorteile ein möglichst unbeschränkter Handel zwischen zwei Staaten für beide Seiten mit sich bringt.

              Protektionismus ist für viele Politiker attraktiv, weil die Kehrseite der Globalisierung darin besteht das in wirtschaftlich erfolgreichen Ländern Menschen ihre Jobs verlieren, wenn diese anderso günstiger und/oder besser erledigt werden können. Das ist quasi ein natürlicher, globaler Umverteilungsmechanismus, der bei den Betroffenen aber natürlich sehr unbeliebt ist.

              • @Januß:

                "Das ist quasi ein natürlicher, globaler Umverteilungsmechanismus, der bei den Betroffenen aber natürlich sehr unbeliebt ist."

                Da sie Bedingungen in den verschiedenen Ländern nicht vergleichbar sind, kann diese Umverteilung auch nicht gerecht verlaufen.

  • Staatsakt und Entschuldigung fehlen vor dem Hintergrund des laufenden Gerichstverfahrens in New York. Ohne dieses Verfahren wäre eine öffentliche Bitte um Vergebung kein Problem.

    • @DiMa:

      ...und letztendlich geht es doch nur ums Geld. Warum sonst wird in den USA und nicht in Deutschland oder Namibia geklagt?

      Auf welcher Grundlage geklagt werden soll, ist ebenfalls vollkommen offen. Mal davon abgesehen, dass die jetzt klagenden Volksgruppen den Konflikt angefangen haben und vorher als Fremde nach Namibia ebenfalls die dortige Bevölkerung vertrieben haben, dürften die Geschädigten und direkte Angehörige bereits verstorben sein.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Magumpus:

        Natürlich geht es um Geld. Kein Wunder - in einer materiellen Welt.

        Aber nicht nur. Materielle Entschädigung ist eine (wichtige) Seite bei der Lösung eines Täter-Opfer-A u s g l e i c h s. Neben dem Anerkennen der Schuld durch den Täter (im vorliegenden Fall: durch dessen juristischen Nachfolger) gegenüber dem/ den OpferN.

        Der Hinweis auf vorangegangenes Unrecht durch die Herero ändert nicht die Bohne daran, welches Unrecht damals vom Deutschen Reich ausgegangen ist. Es ist nur eine beliebte Methode der Ablenkung von eigener Schuld und Verantwortung.

        Darin ist Deutschland bis heute fragwürdiger Weltmeister - mit dem 'Tausendjährigen Reich' als absolutem Tiefgang.

        Die Liste der Versäumnisse ist lang.



        Die Bilanz dieses Landes - von wenigen integren Personen abgesehen: Viel erlebt und nichts begriffen.

        Versöhnungskultur geht anders.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @76530 (Profil gelöscht):

          ... als absolutem Tiefpunkt.

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "In solchen Sätzen, wie auch immer sie tatsächlich gemeint sein könnten, schimmert das koloniale Bild eines Afrika als zurückgebliebenes Urgestein der Welt durch, das erst noch mit fremder Hilfe in die Gegenwart zu befördern ist."

    Ja, klar: ein Blick auf den Human Development Index zeigt, wie fortschrittlich die Staaten des afrikanischen Kontinents sind und das fremde Hilfe überhaupt nicht angebracht ist.

    en.wikipedia.org/w...lopment_Report.svg

    • @83492 (Profil gelöscht):

      der deutsche völkermord war auch mit landraub verbunden.



      die gerechtigkeit erfordert es dass die erben seiner profiteure enteignet werden

    • @83492 (Profil gelöscht):

      Ist immer eine Frage des Standpunktes, aus der Sicht des westlichen Kapitalismus gibt der UN Entwicklungsbericht bestimmt einen Sinn...ähnlich reflektierter Kommentar wie die Aussagen von Müller Kroos und co zu Rassismus.



      Gähn...

      • @poly:

        Eben drum. Die menschliche Entwicklung ist nichts lineares, wo alle dem nacheifern müssen wie der Westen es vormacht um sich am Ende glücklich nennen zu können.

        • 8G
          83492 (Profil gelöscht)
          @emanuel goldstein:

          "Die menschliche Entwicklung ist nichts lineares, wo alle dem nacheifern müssen wie der Westen es vormacht um sich am Ende glücklich nennen zu können."

          Ja, nicht jeder brauch Bildung, langes Leben und Wohlstand für sein Glück. Manche sind auch froh, wenn ihr armes, ungebildetes Leben schnell zu Ende ist.

          Belgisch-Kongo muss das Paradies gewesen sein.

          Falls Sie es nicht wissen:



          "A country scores higher HDI when the lifespan is higher, the education level is higher, and the GDP per capita is higher. "

          • @83492 (Profil gelöscht):

            Nur um das klarzustellen: Es war ebendieser Westen, der den Kongo zum „Herzen der Finsternis“ gemacht hat, der er heute in Teilen immer noch ist. Erst Leopold (lt. Adam Hochschild allein unter seiner Herrschaft Millionen von Toten), dann der belgische Staat, nach der Unabhängigkeit die Ermordung Lumumbas durch die CIA sowie die Installierung Mobutus und im folgenden die übliche neokolonialistische Sauerei bis heute.



            Das Leid, das der Westen also in weniger als 150 Jahren über diesen Teil der Welt gebracht hat, ist unermesslich.

            • 8G
              83492 (Profil gelöscht)
              @Ruhig Blut:

              "Es war ebendieser Westen, der den Kongo zum „Herzen der Finsternis“ gemacht hat, ..."



              Ich kenne u.a. die Fotos der Amputationen von Sklaven, die die Arbeitsnorm in den Kautschukplantagen nicht erfüllt hatten. Dennoch halte ich es falsch, "von dem Westen" zu sprechen. Das einzige, was Deutschland mit dem Kongo-Vrijstaat zu tun hat, ist dass die Kongo-Konferenz in Berlin stattfand. Die Verantwortlichen dafür saßen in Belgien.

              "... der er heute in Teilen immer noch ist."



              Und darum ging es mir im OP: der taz-Artikel impliziert (zumindest für mich), dass Afrika in weiten Teilen *nicht* zurückgeblieben ist und keine fremde Hilfe benötigt. Doch, Afrika ist zurückgeblieben und nein, ich erwarte nicht, dass ohne externe Hilfe die Situation besser wird. Mit der Form der Hilfe wie sie die letzten 60 Jahre geleistet wurde ist die Erfahrung allerdings auch ernüchternd.

              Zum Human Development Index: der HDI ist für mich ein sinnvoller universeller Proxy für Entwicklung und nicht ein Dominanz-Instrument des westlichen Kapitalismus wie @POLY es anzudeuten scheint.

              • @83492 (Profil gelöscht):

                Ja, bin weitgehend Ihrer Meinung.

                Die Frage ist, wie diese Hilfe aussehen sollte. Viel wichtiger als Geld und Unterstützung an die richtigen Orte zu bringen, wäre es m. E., durch wirksame Handelskontrollen endlich die Finanzierung der vielen großen und kleinen Despoten zu beenden, und damit auch dem endlosen Bürgerkrieg im Kongo den Nährboden zu entziehen. Dem stehen natürlich mächtige Profitinteressen („des Westens“ mal wieder, aber nicht nur) entgegen. Solange hier keine politische Kehrtwende stattfindet, verpufft die Hilfe zwar weitgehend, dient aber als wohlfeiles Feigenblatt. Und eignet sich zudem hervorragend, den Afrikanern im Allgemeinen selbst die Schuld in die Schuhe zu schieben.

                • @Ruhig Blut:

                  Bestes Beispiel war der Extremkleptokrat Mobutu, und auch Kabila hat wohl schon ein paar Milliarden zusammengerafft. Mit dem Ausverkauf der Ressourcen des Landes; bei der normalen Bevölkerung bleibt davon nichts aber auch gar nichts hängen. Das funktioniert natürlich nur solange, wie es willige ausländische Käufer (mit Elf Aquitaine z. B. auch ein staatlicher französischer Konzern) gibt, die ihrerseits gigantische Profite machen und alles dafür tun, dass ihnen niemand das Geschäft versaut.



                  Solange das so bleibt, solange politische Macht (auch auf den unteren Ebenen), im Kongo wie anderswo, so profitabel bleibt, wird sich garantiert nichts ändern.

              • @83492 (Profil gelöscht):

                "Mit der Form der Hilfe wie sie die letzten 60 Jahre geleistet wurde ist die Erfahrung allerdings auch ernüchternd."

                Es bedarf einer Bestandsaufnahme welche Art von Hilfe in der Vergangenheit was gebracht hat.

                Es gibt ja Staaten, die sich positiv entwickelt haben. Z.B. China und bis vor einigen Jahren die Türkei. Was haben die besser gemacht als andere?

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Ich kann daran keine Respektlosigkeit erkennen, das war halt Zufall ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht von der Restitution der Knochen wusste.

    Ich finde die Bundesregierung sollte was Entschuldigung und Rückgabe der Knochen angeht schneller sein, aber ich bin gegen die Zahlung von Entschädigungen. Dafür gibt es keine rechtliche Grundlage und es würde nur global die Feindschaft zwischen den Völkern erhöhen wenn jeder gegen jeden klagt der irgendwann Krieg gegen einen geführt hat. Deutschland sollte mehr Entwicklungskredite gewähren, mehr Stipendien für Studenten aus den betroffenen Ländern ausloben und auch lokale Schulen finanzieren wo eine handwerkliche Ausbildung erlangt werden kann.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist da viele Dinge zu vermengen. Kaiserliche Kolonialtruppen waren sicher nicht im Namen aller Deutschen unterwegs, sondern im Namen einer adligen Mischpoke, die nach 1917 reich entschädigt wurde und heute wieder große Ländereien u.a. im Osten Deutschland besitzt. Die können gerne an üppigen Entschädigungszahlungen beteiligt werden.



    Diese sollten aber nicht an die Nachfahren der Opfer, sondern an alle Namibier gehen. Am besten in Infrastruktur und Bildung.



    Das andere Problem ist die Landnahme durch Weiße, die jetzt dazu führt, dass das Land dort ungleich verteilt ist. Da kann man Namibia sicher unterstützen, indem man Entschädigungszahlungen bei Enteignungen (die kommen müssen) übernimmt - allerdings muss man dann die afrikanischstämmigen Afrikaner vorher zu Landwirten ausbilden, sonst läuft das wie bei Mugabe.



    Allerdings sollte man sich auch daran erinnnnern, dass Herero und Nama erst im 17/18. Jht nach Namibia kamen und wieder andere Einwohner vertrieben/verdrängt haben, auch mit Hilfe europäischer Waffenlieferungen. Weshalb eine Zahlung an einzelne Volksgruppen nur zu Konflikten führen wird - Nationenbildung ist hier besser als ihr Ruf,

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Es liegt mir fern, Müller verteidigen zu wollen, aber seine Aussage rechtfertigt m.E. in keiner Weise den Vorwurf der Respektlosigkeit, auch wenn man der Ansicht ist, sie beruhe auf kolonialen Denmustern. Wenn Sie so beckmesserisch mit der Materie umgehen, müssen sie die Entwicklungshilfe und das zugehörige Ministerium einstellen bzw. abschaffen (was vielleicht auch sinnvoll wäre). Was bei dem Interview m.E. viel aufschlussreicher und kritikwürdig war, ist die Haltung des Ministers, die aus dieser Passage spricht:

    "Im Übrigen liegen große Chancen auch für die deutsche Wirtschaft auf diesem Kontinent. Das ist der Kontinent der Ressourcen. Das habe ich in Mosambik jetzt gesehen. Hier sind Chinesen, Indien, Japan, die Amerikaner; nur die Deutschen sind nicht hier. Wir lassen auch viele Chancen liegen."

    Der Profit ist doch schon immer die Triebfeder gewesen, zu dessen Verschleierung es moralischer Ornamente bedurfte. Wenn also Müller von Staaten wie Botswana redet, die ein Vorbild in Sachen Demokratie usw. seien, geht es in Wahrheit darum, dass man mit diesen verlässlichen Handel treiben und sie dabei verlässlich über den Tisch ziehen kann - postkolonialistisch geht anders.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Botswana hat tatsächlich eine vergleichsweise gut funktionierende und stabile Demokratie. Das liegt wohl u. a. daran, dass sich die präkolonialen Herrschaftsstrukturen recht gut in den heutigen, modernen Nationalstaat überführen ließen, und dass die ethnische Zusammensetzung ziemlich homogen ist. Leidtragende sind die Indigenen, die bei wirtschaftlichem Bedarf aus profitträchtigen Gebieten (Minen, Nationalparks für Touristen) vertrieben werden.



      Und was Müller betrifft, haben Sie natürlich recht.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Naja, bei Botswana muss man ja sagen, es ist eben wegen den Diamanten sehr interessant, es ist nach Russland der zweitgrößte Förderer.

      70% des Exports besteht aus Diamanten, der mit Abstand größte Förderer ist Debswana, dem gehören 4 der 5 Diamantenfelder und der gehört zu 50% dem Staat Botswana und zu 50% de Beers, da gab es schon wesentlich schlechtere Deals.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        Wie ist denn de Beers denn an die 50% gekommen? Und warum hat Botswana nicht 100%?

        • @849 (Profil gelöscht):

          De Beers hat die geologischen Arbeiten und den Bau der Minen erledigt, es sorgt für Aufbereitung der Steine und den Verkauf, warum sollte es keinen Anteil an einem Joint Venture halten dürfen?

          Und die 100% staatliche Kontrolle der Diamanten zeigt etwa in Simbabwe, auch ein großer Förderer, jetzt nicht unbedingt, dass das für die Leute da vorteilhaft ist.

          • @Sven Günther:

            Ausreden über Ausreden, sonst nichts.

            • @Hampelstielz:

              Und was ist denn Ihre Alternative?

              Ersatzlose Enteignung? Funktioniert ja auch meistens super, PDVSA in Venezuela, die Industriereform in der SBZ, die "Bodenreform" in Simbabwe, alles leuchtende Beispiele wie gut es funktioniert, den bösen Kapitalisten alles wegzunehmen, wenn man selbst keine Ahnung hat.

            • @Hampelstielz:

              Für was ist das eine Ausrede?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Deutschland und seine Opfer: eine unendliche Geschichte der Würdelosigkeit. Die Blutspur der kalten Funktionalität.

    "Die Knochen gehören den Afrikanern. Das Fleisch den Deutschen." Sehr treffend. Mal wieder ein Anlass zum Schämen und Fremdschämen.

  • 9G
    98589 (Profil gelöscht)

    Nur mal so, unter uns:



    Haben Sie wirklich gedacht irgendein Vollminister( wollte Pfosten schreiben) interessiert es, wenn es um Gebeine geht, aus Afrika?

    Ihre Unmenschlichkeit und völlige Interessenlosigkeit demonstrieren sie uns doch so oft, dass keine Hoffnung auf Besserung besteht.

    • @98589 (Profil gelöscht):

      Es geht in der Politik immer um Gesten,



      so auch hier.



      Deutsche geben damit Afrikanern vielleicht etwas Würde zurück.



      So wie bei Kriegsgräbern die Leichenteile nachträglich auf einem Friedhof beerdigt werden.