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Kommentar Bespitzelung von ReporternIm Namen der Waffenlobby

Ines Pohl
Kommentar von Ines Pohl

Das Verteidigungsministerium bittet den Geheimdienst MAD, Journalisten zu bespitzeln. Das sagt viel über den Geist, der im Ministerium herrscht.

Kann Krise: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Bild: dpa

D er Angriff auf die Pressefreiheit erfolgte aus dem Verteidigungsministerium. Und weitet sich entsprechend zu einer Affäre aus, die den deutschen Staat in seinen Grundfesten angreift.

Allein die Tatsache, dass ein Unternehmen wie Heckler & Koch überhaupt auf die Idee kommt, das Verteidigungsministerium darum zu bitten, den Militärischen Abwehrdienst (MAD) zu beauftragen, kritische Journalisten zu überprüfen, ist bemerkenswert. Skandalös ist, dass der weltgrößte Exporteur von Kleinwaffen damit sogar Erfolg hatte.

Das sagt viel über die Strukturen und Verbindungen zwischen Wirtschaft und Politik. Es sagt viel über den Geist, der im Verteidigungsministerium herrscht. Und lässt Raum für Spekulationen, was es an Absprachen zwischen Lobbyverbänden und der Politik gibt.

Wie jetzt bekannt wurde, ist der Abteilungsleiter Rüstung am 6. Dezember 2013 beim MAD vorstellig geworden. Die kritische Berichterstattung, so sein Anliegen, sollte überprüft werden, um wirtschaftlichen Schaden von dem deutschen Unternehmen mit rund 650 Arbeitsplätzen abzuwenden.

Dieses Datum ist wichtig. Weil es vor der Amtsübernahme durch Ursula von der Leyen liegt. Und es ihr Vorgänger de Maizière ist, der sich fragen lassen muss, wie er sein Haus geführt hat und warum nicht schon er den verantwortlichen Abteilungsleiter seines Postens enthoben hat.

Von der Leyen reagiert klug, indem sie sofort die mögliche Einberufung eines Untersuchungsausschusses zum G 36 durch das Parlament begrüßt hat. Dieser Skandal mag ihr einmal mehr in die Hände spielen. Weil sie zeigt, dass sie Krise kann, dass sie bereit ist aufzuräumen – und dass ihr potenzieller Konkurrent auf das Kanzleramt vielleicht doch schon zu viel falsch gemacht hat in seiner Vergangenheit.

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Ines Pohl
Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)
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7 Kommentare

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  • Welch Gewimmer, welch Gewimmer

    tönt da aus dem Kinderzimmer?

    Das ist der Thomas de Maiziere,

    den liebt die Mutti gar nicht mehr.

    Einst hat er Lothar sie empfohlen,

    nun wird sie ihm den A** versohlen;

    und Uschi, die kann alles besser.

    Drum ist sein Auge voll Gewässer

    und seine Brille ist beschlagen.

    Was soll der Wähler dazu sagen?

  • Guter Artikeln,

     

    nur der Titel...

     

    "Es handelt sich um die Rüstungslobby, eine "Waffenlobby" gibts abseits unbeholfener Versuche in Deutschland nicht.

  • Großer Aufreger - aber was dahinter?

     

    Natürlich ist es nicht nur H&K sondern auch dem Ministerium ein Dorn im Auge, wenn es einen kritischen Informationsfluss zur Presse nicht kontrollieren kann. Aber wenn es um vertrauliche Informationen geht, die, selbst wenn sie irreführend sind, nicht ohne abermaligen Bruch der Geheimhaltung richtiggestellt werden könnten, ist dieser Dorn auch richtig berechtigt. Frau Pohl sollte dieses Spielchen des (möglicherweise) bösartigen Lecks eigentlich kennen und diejenigen, die ihm Einhalt gebieten wollen, als seriöse Journalistin auch verstehen.

     

    Und wer ist für die Wahrung der Gegeimhaltung und die Ermittlung von Lecks bei der Bundeswehr zuständig? Richtig, der MAD. Dass der, wenn in der Zeitung Dienstgeheimnisse stehen, mit seinen Ermittlungen (auch) an diesem Ende der Informationskette ansetzt, ist nur ordentliche Polizeiarbeit, mehr nicht. Dass eine Ermittlung nicht gleich zum Rechtsverlust oder einer Verurteilung führt, ist am vorliegenden Fall gut ersehen. Das ist alles schön unter der Decke geblieben, bis man es gegen jemand völlig Anderen als die beteiligten Journalisten oder ihre Quellen in Stellung gebracht hat. Also auch da ist nichts Besonderes zu sehen.

     

    Also mal grundsätzlicher:

    Es ist verständlich, dass Journalisten gerne eine allgemeine Befreiung von Strafverfolgung für ihre vertraulichen Quellen hätten - oder zumindest einen Schutz für ihre unmittelbaren Kontakte zu diesen. Aber so ist es nunmal in den GEsetzen, die Ministerium umnd Ermittlungsbehörden binden, nicht geregelt: Wer Geheimnisträger ist, KANN zwar über Geheimsachen mit der Presse reden, wenn er das für richtig hält, aber unsere Rechtsordnung stellt das im Zweifel unter Strafe - alternativer Nobelpreis für Snowden hin oder her. Und bei dem Anfangsverdacht auf eine Straftat kann und soll ermittelt werden. Wo ist da - mal ganz ehrlich - der Skandal?

  • Ja - Leyentheater -

     

    &

    "…Weil sie zeigt, dass sie Krise kann, dass sie bereit ist aufzuräumen – und dass ihr potenzieller Konkurrent auf das Kanzleramt vielleicht doch schon zu viel falsch gemacht hat in seiner Vergangenheit. "

     

    = adäquater Plastikjournalismus 2.0

  • Frau Uschi von Horch und Guck. Zur Sicherheit des Staates.

  • "...weitet sich entsprechend zu einer Affäre aus, die den deutschen Staat in seinen Grundfesten erschüttert. "

     

    Och nööö , Frau Pohl , geht nicht . Die "Grundfesten" dieses Staates liegen sicher und unerschütterlich drüben , bei BigBrother , übern großen Teich . Vielen ist das nur immer noch nicht aufgefallen . Trotz NSA-"Affäre" , trotz TTIP , trotz Ukraine-Desaster-Politik , trotz unsäglicher Beteiligung am Afghanistankrieg (Stichwort : uneingeschränkte(!) Solidarität ) , ...

  • "Und weitet sich entsprechend zu einer Affäre aus, die den deutschen Staat in seinen Grundfesten erschüttert. ..." Ach was. Schon wieder Leyen-Theater