Kolumne Liebeserklärung: Asyl für schwulen Tschetschenen
Ein verfolgter Schwuler aus Tschetschenien erhält hierzulande humanitäres Asyl. Endlich! Danke, Deutschland!
Z uletzt war von Angela Merkels „Wir schaffen das“-Mentalität nicht mehr viel zu spüren in Deutschland. Stattdessen ging es nur noch um Abschiebungen: Ob Afghanistan wirklich sicher ist, wenn sogar im diplomatischen Viertel in Kabul eine Bombe hochgeht. Ob es okay ist, einen Azubi aus einer Berufsschule in Nürnberg zu holen und dabei die protestierenden Schüler gleich mit zu vermöbeln, damit er dahin fliegt, wo die Bombe hochging. Ob es okay ist, eine 15-jährige Schülerin in Duisburg aus dem Unterricht zu holen und samt Familie nach Nepal abzuschieben. Obwohl sie in Deutschland geboren ist.
Doch nun ist Schluss damit! Man kann Deutschland endlich wieder lieben! Zum ersten Mal hat diese Woche ein Homosexueller aus Tschetschenien humanitäres Asyl in Deutschland bekommen. Und das, obwohl die Kanzlerin in Homo-Fragen ja bekanntermaßen oft ein eher komisches Bauchgefühl hat.
Die Lage in Tschetschenien ist für LGBTIQ-Menschen gefährlich. Die russische Tageszeitung Nowaja Gaseta berichtete von drei Morden und mindestens 100 Festnahmen. Auch von geheimen Gefängnissen, in denen es zu Missbrauch und Folterungen kommt, war die Rede. Seitdem sind immer mehr LGBTIQ-Menschen aus Tschetschenien geflüchtet. Sie fürchten sich vor Verfolgung durch die Sicherheitskräfte, aber auch vor ihren eigenen Familien. Das berichtet Human Rights Watch.
Deutschland bewaffnet sich. Seit einigen Jahren kaufen Menschen hierzulande mehr Pistolen, die Schreckschusspatronen, Gas oder echte Munition verschießen. Die taz.am wochenende vom 10./11. Juni hat recherchiert, warum Menschen schießen wollen. Und: In Großbritannien wurde gewählt. Wie geht Theresa May mit ihrer Niederlage um und was heißt das für Europa? Außerdem waren wir beim Midburn-Festival in der israelischen Wüste und feiern die Stachelbeere. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
„Aus dringenden humanitären Gründen“ können Personen aus dem Ausland eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland bekommen. Aber „dringend“ empfindet das Auswärtige Amt die Lage nur sehr selten. Doch dem einen Homosexuellen aus Tschetschenien könnten weitere folgen.
Dass Deutschland humanitäre Visa für Verfolgte aus Tschetschenien ausstellt, ist überfällig. Frankreich und Litauen, das nicht als besonders LGBTIQ-freundlich gilt, haben schon davor Homosexuellen aus Tschetschenien Schutz gewährt. Wenn Deutschland jetzt nicht aufhört und die Lage weiterer verfolgter Menschen als dringend einstuft – dann gibt es auch noch mehr Liebe. Versprochen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich