Kolumne Generation Camper: Der böse Wolf im Wald
Die gemeinsame Wanderung mit der Freundin fällt aus dieses Jahr. Sie hat Angst, dass im Wald ein böser Wolf lauert.
Da gehe ich nicht hin. Da gibt es Wölfe!“ Sagt meine Wanderfreundin C.
Und ich glaub’s nicht, was ich da höre, und sage: „Aber du gehst doch nicht alleine, wir gehen doch zusammen!“
Was eigentlich eine dumme Antwort ist. Aber doch irgendwie ins Schwarze trifft. Weil C., was nicht selbstverständlich ist, eine der wenigen Frauen ist, die auch allein ihren Rucksack nehmen und tagelang zu Fuß unterwegs sind. Die das Grün und die Wälder lieben. Aber auch zu zweit: C. will keineswegs in den Hochwald des Hunsrücks.
Das war im Februar dieses Jahres. Dann überschlugen sich die Wolfsmeldungen: Wölfe erschrecken Frau mit Hund fast zu Tode; Wölfe streifen um Waldkindergärten herum; Wölfe reißen Schafe noch und nöcher. Und sie sind gar nicht so scheu, wie sie es von Natur aus sein sollten. Ganz im Gegenteil. Auf YouTube kann man sich davon überzeugen und sich bei diesen „Wolfssichtungen“ so richtig schön gruseln.
Anfang Mai erreichte uns dann die Horrormeldung: Wölfe in Frankfurt. Praktisch vor unserer Haustür wurde einer überfahren. Klar, wie alle Naturfans sind wir für Wildnis und für Wölfe. Wir wollen gesunde ökologische Verhältnisse. Allerdings fahren wir nicht wie viele Naturliebhaber und wolfsbegeisterte Fotografen gut geschützt im Pkw in den Wald, und wir wandern auch nicht im Tross mit anderen.
Bewaffnet, wie es Jäger sind, sind wir auch nicht. Wir sind nur einzelne, ungeschützte Wanderinnen. Wir haben schlimme Begegnungen mit Hunden überstanden. Uns graust es davor. Und erst recht graust es uns vor Wölfen. Gut 300 Tiere soll es im Frühjahr hierzulande gegeben haben – am Ende dieses Jahres werden es sehr viel mehr sein. Sie legen problemlos große Entfernungen zurück und können jetzt unerwartet überall auftauchen. Es wird Zusammenstöße mit Menschen geben.
Wölfe in Deutschland? Der Kopf meint: „Gut so!“ Der Bauch sagt: „Nein!“ Eine Ambivalenz. Unauflösbar. Es war das erste Jahr, in dem unsere gemeinsame Wanderung ausfiel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist