Wolfsrudel in der Ostschweiz: Zwei tote Tiere zur Abschreckung
Keine Scheu vor Menschen? Zwei Schweizer Kantone beantragen, Wölfe zu schießen, um wieder Distanz zu schaffen. Umweltschützer wollen das verhindern.
2012 siedelte sich das Wolfsrudel am Calanda-Massiv im Grenzgebiet zwischen Graubünden und Sankt Gallen an - das erste in der Schweiz seit rund 200 Jahren. Derzeit soll es aus acht bis zehn Tieren mit mindestens vier Jungwölfen bestehen. Es wird vermutet, dass ein halbes Dutzend weiterer Einzeltiere in der Region umherstreift. Die gesamte Wolfspopulation in der Schweiz soll gegenwärtig 30 Exemplare umfassen.
Einige Zeit nach der Ansiedlung wurden besonders im Winter einzelne Wölfe nahe den Dörfern rund um das Calanda-Massiv gesichtet. Und in den vergangenen Monaten hatten sie sich sogar bis an Stalltore, Freilaufgehege und Wohngebäude herangewagt. Teilweise hätten sie sich nur mit Mühe vertreiben lassen, berichteten Bewohner. Diese äußerten die Befürchtung, die Tiere könnten Vieh und Menschen attackieren. Bisher ist es aber zu keinem solchen Angriff gekommen.
Das Wolfsrudel des Calanda-Massivs verhalte sich immer problematischer, erklärte der Graubündner Regierungsrat Mario Cavigelli gegenüber der Neuen Züricher Zeitung. Die Jagd nach Rothirschen bringt es in die Nähe von Siedlungen, da die Hirsche selbst im Winter in tiefere, dichter bewohnte Tallagen ziehen. Gerade Jungtiere verlieren unter diesen Umständen die Scheu vor menschlichen Infrastrukturen und könnten sich am Ende aggressiv verhalten.
Ob der Abschuss zweier Wölfe aber tatsächlich den erwünschten Abschreckungseffekt haben wird, mag das Schweizer Bundesamt für Umwelt nicht sicher zu beurteilen. Man werde das Gesuch der Kantone eingehend prüfen. ließ es verlauten. Die Umweltschutzorganisationen WWF und Pro Natura stehen einem Abschuss skeptisch gegenüber. In einer Stellungnahme bezweifeln sie, dass diese Maßnahme eine abschreckende Wirkung auf andere Wölfe hat. Die Organisationen erwägen vor Gericht zu ziehen, sollte das Bundesamt eine Genehmigung erteilen.
Die letzte amtlich bewilligte Tötung fand 2013 im Kanton Wallis statt. Es ging um einen Wolf, der 25 Schafe gerissen hatte. Auch in Deutschland gibt es derzeit Rufe nach einem Abschuss. In den niedersächsischen Landkreisen Verden und Diepholz ist eine Wölfin unterwegs, der man genetisch nachweisen konnte, bis Mitte November 31 Tiere innerhalb eines Jahres gerissen zu haben.
In Niedersachsens Landtag haben FDP und CDU die Beseitigung des Tieres gefordert. Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) möchte die Wölfin dagegen erstmal nur mit einem Sender ausstatten. Er sieht in der Forderung nach Abschuss einen Aufruf zum Rechtsbruch. op
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