Kolumne Dumme weiße Männer: Gut genug für die AfD
Wenn AfDler üble Hetze von sich geben, aber ein Parteiausschluss abgelehnt wird, dann sind das fast ausnahmslos: weiße Männer.
B jörn Höcke darf also in der AfD bleiben. Nachdem der weiße Geschichtslehrer sich über das deutsche Gedenken an den Holocaust beschwerte, das Holocaust-Mahnmal ein „Mahnmal der Schande“ nannte und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ forderte, folgte nur eine Rüge aus der Partei, nicht aber ein Ausschluss. Dass die AfD zu ihm steht, ist gut, um diese Partei besser einzuordnen, aber Höcke ist bei Weitem nicht der einzige, der von ihr trotz eines Hangs zum Rechtsextremismus geduldet wird.
Gescheitert ist zum Beispiel auch das Parteiausschlussverfahren gegen den weißen Antisemiten und baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon. In einem Buch schreibt er die „Holocaust-Ideologie“ sei zu „einer Art Zivilreligion des Westens“ geworden und nennt die antisemitischen „Protokolle der Weisen von Zion“ sogar „hochwertig, ja genial“. Zwar sollte er aus der Partei ausgeschlossen werden, doch stattdessen verließ er nur die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg.
Die beiden Fälle sind die spektakulärsten, aber nur zwei von einer ganzen Reihe. Da gibt es zum Beispiel den weißen Rassisten Dubravko Mandic, der den ehemaligen US-Präsident Barack Obama wiederholt als „Quotenneger“ beschimpfte. Das Parteiausschlussverfahren gegen ihn wurde eingestellt.
Es gibt den weißen AfD-Mann Heribert Eisenhardt, der auf einer Neonazi-Demo in Berlin mitlief, weswegen gegen ihn im vergangenen Sommer ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet wurde. Noch ist er aber in der Partei. Auch gegen das weiße Ex-Mitglied der rechtsextremen „German Defence League“, Kay Nerstheimer, läuft ein Parteiausschlussverfahren. Laut Website ist er aber noch Beisitzer des Vorstands der AfD in Berlin-Lichtenberg.
Auch gegen den weißen AfDler Frank Scherie wurde ein Parteiausschluss angestrengt: Dieser hatte beim AfD-bundesparteitag 2015 2.500 Zettel mit dem „Lied der Deutschen“ verteilt. Er ist noch immer Fraktionsgeschäftsführer der AfD in Ennepetal.
In Duisburg stimmte der weiße AfD-Politiker Holger Lücht mit der rechtsextremen NPD. Ein Parteiausschlussverfahren scheiterte.
In Nürnberg sagte der weiße AfD-Mann Martin Sichert, im Zweiten Weltkrieg hätten „die zwei größten Massenmörder gesiegt“. Danach drohte ihm der damalige AfD-Chef Bernd Lucke mit einem Parteiausschluss. Heute ist Lucke kein AfD-Mitglied mehr, während Sichert noch immer Kreisvorsitzender in Nürnberg ist.
Im Saarland wollte die AfD sogar den gesamten Landesverband auflösen. Dessen weißer Chef, Josef Dörr, und sein weißer Stellvertreter Lutz Hecker hatten versucht Mitglieder einer rechtsextremen Partei abzuwerben. Die Auflösung scheiterte und Dörr und Hecker sind noch immer in ihren Ämtern.
Der weiße AfD-Politiker Jan-Ulrich Weiß verbreitete auf Facebook eine Karikatur mit einer weitverbreiteten antisemitische Verschwörungstheorie. Neben dem Bild einer Comicfigur mit Hakennase erschien der Text „Mein Name ist Jacob Rothschild […] Wir haben weltweit so gut wie jede Zentralbank in Besitz […] Wir steuern deine Nachrichten, Medien, Öl und deine Regierung“. Die AfD scheiterte mit einem Parteiausschluss. Weiß wurde später vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen.
Zuletzt wurde in Hamburg der weiße Hetzer Ludwig Flocken nicht von der AfD ausgeschlossen. In einer Bürgerschaftssitzung hatte er eine rassistische und islamophobe Rede gehalten und war erst aus der Sitzung und dann aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen worden. Ein Schiedsgericht lehnte aber seinen Parteiausschluss ab.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung