Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt: Nazikontakte spalten Kenia

Die CDU hält an einem Politiker mit Hakenkreuztattoo fest. Die Kritik von SPD und Grünen betrachtet die Partei als eine Gefahr für die Koalition.

Zwei Politiker hinter einem Tisch mit Mikrophonen

Innenminister Holger Stahlknecht (l.) und Sven Schulze, Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalt Foto: dpa

MAGDEBURG dpa/taz | Der Streit über Nazikontakte des CDU-Kreispolitikers Robert Möritz führt in Sachsen-Anhalt zu einer heftigen Krise der dort regierenden Kenia-Koalition. Grüne und SPD hatten die CDU stark kritisiert, weil sie Möritz nicht aus der Partei werfen will. Der Generalsekretär der CDU in Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, allerdings verteidigt die Entscheidung, am Kreispolitiker festzuhalten.

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass Möritz 2011 als Ordner an einer Neonazi-Demonstration beteiligt war und Mitglied des umstrittenen Vereins Uniter ist. Zudem spielt ein offenbar rechtsextremes Tattoo von Möritz eine Rolle.

Der CDU-Kreisvorsitzende Matthias Egert hatte der Mitteldeutschen Zeitung bestätigt, dass Möritz auf dem Arm ein Tattoo trägt, das eine sogenannte Schwarze Sonne zeigt, eine Kombination mehrerer Hakenkreuze. „Herr Möritz hat erklärt, dass er diese Bedeutung damals nicht kannte. Er trägt das Symbol aus Interesse an der keltischen Mythologie“, sagte Egert der Zeitung.

Schulze hatte den Kreis nach Bekanntwerden der Vorwürfe gebeten, diese schnellstmöglich auszuräumen. Der Kreisvorstand, dem Möritz als Beisitzer angehört, entschied sich am Freitag gegen personelle Konsequenzen. Möritz habe sich auf der mehrstündigen Sondersitzung glaubhaft von der rechtsextremen Szene distanziert, sagte Schulze.

Die Personalie war am Samstag zu einer handfesten Krise der Magdeburger Kenia-Koalition eskaliert. SPD und Grüne hatten die Entscheidung des Kreisvorstandes kritisiert und eine Reaktion der Landes-CDU gefordert.

Kein Aufschrei der Anständigen

SPD-Landeschef Burkhard Lischka warf der CDU und ihrem Vorsitzenden, Innenminister Holger Stahlknecht, politische Orientierungslosigkeit vor. Er vermisse einen „Aufschrei der Anständigen in der CDU“, sagte Lischka. Die Landesvorsitzenden der Grünen, Sebastian Striegel und Susan Sziborra-Seidlitz, erklärten: „Wir sehen den Parteivorsitzenden Holger Stahlknecht und Ministerpräsident Haseloff in der Pflicht, sich als klares Bollwerk gegen jeden Rechtsextremismus zu positionieren.“

Die Grünen verbreiteten am Samstag eine Mitteilung mit dem Titel: “Wie viel Hakenkreuze haben Platz in der CDU?“ Auch die Bundesbene der Partei schaltete sich ein. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner twitterte: „Es wäre für unsere Demokratie viel förderlicher, wenn die CDU gegen Nazis in den eigenen Reihen vorgehen würde, anstatt auf Grüne loszugehen.“

Darauf reagierte wiederum die CDU empört. Die Äußerung sei inakzeptabel und stelle 6.500 Mitglieder unter Generalverdacht, sagte Schulze. „Das lassen wir nicht mit uns machen, schon gar nicht vom Koalitionspartner.“ Er habe am Samstag mit sämtlichen Kreisvorsitzenden seines Landesverbandes gesprochen und dabei viel Unmut zu hören bekommen. Dabei sei auch die Frage aufgekommen, ob die Grünen diese Koalition überhaupt noch wollten.

„Unmut in der gesamten Partei“

„Das war eine Eskalation, herbeigeführt von den Grünen, die gefährlich für diese Koalition ist“, sagte Schulze. Wenn sich die Grünen dafür nicht entschuldigten, könne er sich vorstellen, dass sich genügend Kreise zusammenfänden, die eine Abstimmung über den Fortbestand der Koalition auf einem Parteitag beantragen könnten. „Der Unmut ist in der gesamten Partei.“

Die Grünen verteidigten ihre Mitteilung. „Wir sehen keinen Grund, uns zu entschuldigen“, sagte Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz am Samstagabend der Deutschen Presse-Agentur. Ihre Partei habe die CDU nicht unter Generalverdacht gestellt, sondern die „aufrechten Demokraten“ in der Partei zu einer Reaktion auf die Entscheidung der CDU Anhalt-Bitterfeld aufgerufen. Die Frage nach den Hakenkreuzen im Titel der Mitteilung beziehe sich eindeutig auf das Tattoo von Möritz. Die Grünen seien „zumindest irritiert“ darüber, dass die CDU Möritz weiterhin in ihren Reihen dulden wolle.

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