Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt: Versagen mit Nazi-Tattoo
Die CDU und ihr Generalsekretär zeigen Solidarität mit dem extrem rechten Möritz. Das geht zu weit. Die Koalitionspartner müssen reagieren.
E s gibt Ereignisse, die auf leisen Sohlen daherkommen und dann ein mittelschweres Beben auslösen. Nachrichten, deren Tragweite und Komplexität man erst im Nachhinein überblickt. Die Vorgänge in Sachsen-Anhalt um einen CDU-Kommunalpolitiker mit rechtsextremer Vergangenheit haben das Zeug dazu. Dort weigert sich die mit der SPD und den Grünen regierende CDU, sich von ihrem Kreispolitiker Robert Möritz zu distanzieren.
Dieser hat eingeräumt, 2011 als Ordner an einer Neonazi-Demonstration beteiligt gewesen zu sein. Zudem war er bis jetzt Mitglied des Vereins Uniter, der Verbindungen ins rechtsextreme Milieu hat. Und als sei das noch nicht genug, verfügt Parteifreund Möritz auch über eine Hakenkreuz-Tätowierung in Form der unter Rechtsextremen verbreiteten so genannten Schwarzen Sonne. Statt sich von dem Mann zu distanzieren, stärkt ihm die CDU Sachsen-Anhalt den Rücken.
Der Mann sei mit 19 Jahren noch jung gewesen und habe „aus falsch verstandener Loyalität“ den Naziaufmarsch bewacht. Der Kreisverband Anhalt-Bitterfeld hat Möritz nicht nur ohne Gegenstimmen das Vertrauen ausgesprochen. Nein, CDU-Generalsekretär Sven Schulze hat diese Entscheidung auch noch verteidigt. Von den Grünen hingegen, die empört auf die Sache reagierten, fordert er eine Entschuldigung und stellt den Fortbestand der Koalition infrage.
Der Fall Möritz zeigt exemplarisch, was zum einen in Landesverbänden möglich ist, die sich nicht klar von extrem denkenden und handelnden Mitgliedern distanzieren. Und deren Bundespartei zum anderen zu oft zögert, wenn es um die Unterwanderung von rechts geht. Doch auch die Grünen müssen sich angesichts der Vorgänge in Bitterfeld fragen lassen, was zu tolerieren sie noch bereit sind. Die CDU in Sachsen-Anhalt ist schon mehrfach mit Rechtsdralls aufgefallen.
Das Argument, den Koalitionspartner vor dem Kippen bewahren zu können, gelangt mit der Affäre Möritz an seine Grenzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt