Klimaschutz im Flugverkehr bleibt aus: Keine Antwort
Die UN-Luftfahrtorganisation ICAO wird geplante Maßnahmen zum Klimaschutz verzögern. Fragen der taz werden nicht beantwortet, weil es „sinnlos“ sei.
W er in ein Flugzeug steigt, muss für ein halbwegs gutes Gewissen dabei nun noch ein paar Jahre mehr warten. In der vergangenen Woche hat die UN-Luftfahrtorganisation ICAO beschlossen, ihre geplanten Maßnahmen zum Klimaschutz zu verzögern. Der Zuwachs von CO2-Emissionen, der ab 2021 durch einen Zertifikatehandel ausgeglichen werden sollte, wird anders berechnet, der Handel mit Zertifikaten später beginnen als geplant. Die Entscheidung des ICAO-Rats, in dem 36 Staaten vertreten sind, soll 2022 überprüft werden.
Hintergrund ist der Absturz der Flugbranche in der Coronakrise. Eigentlich wollte die ICAO, die seit 1997 den schnell wachsenden CO2-Ausstoß der Branche nicht reguliert hat, zumindest den weiteren Anstieg der Emissionen bremsen. Bisher macht der CO2-Ausstoß aus Flugzeugturbinen etwa 1,2 Prozent der weltweiten Emissionen aus, seine Klimawirkung liegt aber zwei- bis dreimal so hoch. CORSIA sieht vor, diese Klimabelastung über Maßnahmen an anderen Stellen und einen Emissionshandel auszugleichen.
Als Basis dafür sollte ein Durchschnittswert der Flugemissionen von 2019 und 2020 gelten. Allerdings werden die CO2-Emissionen in 2020 um etwa 50 Prozent niedriger liegen, zeigen Schätzungen. Sollte der Flugverkehr 2021 wieder stark anziehen, müssten die Airlines also wegen einer niedrigeren Berechnungsgrundlage mehr Zertifikate kaufen. Deshalb hatte die Fluglobby der IATA gefordert, nur 2019 als Grundlage zu nehmen und den Beginn des Systems zu verschieben.
Die ICAO stimmte dem nun zu. Für 2021 bis 2023 gilt 2019 als Basiswert. Wird er nicht überschritten, müssen die Flugkonzerne für ihren CO2-Ausstoß nichts zahlen. Nach Meinung von Experten sparen die arg gebeutelten Airlines damit etwa 15 Milliarden Dollar an Kosten.
Anreize für eine grüne Erholung bleiben aus
Umweltverbände hatten protestiert: Die Beibehaltung von CORSIA hätte nach ihren Angaben kaum höhere Belastungen gebracht, weil die Flüge nicht so schnell wieder ihr altes Niveau erreichen. Die Aussetzung dagegen, wie nun geschehen, werde Anreize für eine grüne Erholung der Airlines beseitigen. Eine Studie des Thinktanks Climate Action Tracker stuft CORSIA als „kritisch unzureichend“ ein.
„Großartige Nachricht für die Umwelt!“, twitterte der offizielle ICAO-Account zu der Entscheidung. Trotz Corona „geht robuste Klimaaktion weiter“. Nicht ganz so großartig fand die ICAO-Pressestelle offenbar eine Mail mit Fragen der taz. Weil sie „bestürzt“ sei, dass die taz „dieselben Missinformationen fortsetzt, die wir auch in anderen neoliberal getriebenen Medien finden“, gab es keine Antworten, weil „die aktuelle Einschätzung ist, dass es sinnlos ist, Sie zu unterstützen“.
Die taz hatte in der Vergangenheit über CORSIA berichtet und die ICAO-Politik kritisch kommentiert. Jetzt heißt es von der UN-Organisation: „Im Licht Ihrer vergangenen falschen Anschuldigungen und Behauptungen schätzen wir Sie momentan als einen im bösen Willen Engagierten ein und als jemanden, der nicht legitim daran interessiert ist, einen akkuraten und abgewogenen Blick darauf zu werfen, wozu ICAO geschaffen wurde.“
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