Kieler SPD-Oberbürgermeisterin: Susanne Gaschke tritt zurück
Mit ihrem Amtsverzicht kommt die umstrittene Politikerin einem möglichen Abwahlantrag des Stadtparlaments zuvor. Gaschke sieht sich aber weiter als Opfer einer Intrige.
KIEL afp | Die wegen der Affäre um einen rechtswidrigen Steuerentscheid massiv unter Druck geratene Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD) ist zurückgetreten. „Ich kann die politischen, persönlichen und medialen Angriffe, denen ich seit mehr als neun Wochen ausgesetzt bin, nicht länger ertragen“, sagte die 46-Jährige am Montag in Kiel. Deshalb gebe sie ihr Amt mit sofortiger Wirkung ab.
Die erst im November vergangenen Jahres von den Bürgern direkt gewählte Ex-Journalistin hatte einem vermögenden Augenarzt per Eilentscheidung rund 3,7 Millionen Euro an Zinsen und Säumniszuschlägen erlassen, sofern dieser im Gegenzug seine offene Steuerschuld begleicht. Die schleswig-holsteinische Kommunalaufsicht stufte den Erlass inzwischen aber als rechtswidrig ein. Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Anfangsverdachts der Untreue zu Lasten der Stadtkasse.
Größere Aufmerksamkeit erreichte der Fall, weil Gaschke ihrem Amtsvorgänger und jetzigen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig (SPD) im Zuge der Affäre vorwarf, sich in das laufende Verfahren der Kommunalaufsicht einzumischen. Es folgten hitzige Konflikte, die sich erst nach Intervention der Spitze der Landespartei beruhigten. Nach Bekanntwerden des Ergebnisses der aufsichtsrechtlichen Prüfung geriet Gaschke gleichwohl weiter unter Druck, es häuften sich die Rücktrittsforderungen.
Stegner: Äußerungen unkommentiert lassen
Am Montag machte Gaschke erneut eine Art Intrige für ihr Scheitern verantwortlich. Aufgrund ihres neuartigen Politikverständnisses sei sie „am eingespieltem Spiel der alten Art“ gescheitert. Aus Teilen der Landesregierung, der Medien und der Kieler Politik sei ihr „Hass“ entgegengeschlagen, sagte sie in ihrer kurzen Erklärung vor Journalisten.
„Es gab politische Gegenkräfte, die diesen Politikansatz von Anfang an nicht dulden wollten“, fügte sie hinzu. Gaschke hatte stets betont, dass sie sich bei ihrer Unterschrift unter den Erlass im Juni auf die Empfehlungen ihrer Verwaltungsfachleute verlassen habe. „Ich habe in der Sache niemals selbst verhandelt“, betonte sie am Montag. Sie habe weder allein noch mutwillig falsch entschieden. Gleichwohl begründe ihre Unterschrift eine politische Verantwortung.
SPD-Landeschef Ralf Stegner bezeichnete Gaschkes Rücktritt als „ebenso unerfreuliche wie notwendige und unausweichliche Entscheidung“. Für den für sie persönlich schmerzhaften Schritt gebühre ihr Respekt. Die von ihr bei ihrem Rücktritt erhobenen Vorwürfe seien allerdings nicht nachvollziehbar und „Teil der persönlichen Tragik dieses Vorgangs“. Aus „Rücksicht“ auf Gaschke und den nun notwendigen Neuanfang in Kiel sollten diese Äußerungen unkommentiert bleiben.
Die Landtagsopposition aus CDU und FDP sprach von einer längst überfälligen Entscheidung der Oberbürgermeisterin. Zugleich forderte sie am Montag weitere Aufklärung über die Hintergründe der Verwaltungsentscheidung, die zu Gaschkes Steuererlass führte.
Mit ihrem Rücktritt kam Gaschke einem möglichen Abwahlantrag der Kieler Ratsversammlung zuvor. Als direkt gewählte Amtsträgerin hätte sie von dem Stadtparlament nicht einfach abgesetzt werden können. Die Abgeordneten hätten den Bürgern lediglich einen Abwahlantrag vorlegen können. Das habe sie der Stadt nicht zumuten wollen, sagte Gaschke.
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