Kein Abschiebestopp für Iran: Von Menschlichkeit keine Spur
Trotz täglicher Hinrichtungen beschließt die Innenminister*innenkonferenz keinen Abschiebestopp nach Iran. Die Debatte in Deutschland ist realitätsfern.

A bschieben, abschieben, abschieben – das scheint das Motto der Innenminister*innenkonferenz (IMK) zu sein. Die IMK hat erneut bewiesen, dass Menschlichkeit keinen Platz auf ihrer Tagesordnung hat. Abschiebestopp nach Iran? Fehlanzeige. Obwohl dort täglich Hinrichtungen stattfinden, Frauen ausgepeitscht und Minderheiten verfolgt werden.
Die Länder leisten sich einen Gipfel der Schamlosigkeit und schicken weiterhin Menschen in die Fänge eines Regimes, das keinen Halt vor Mord und Folter macht – vor allem Bayern ist ganz vorne mit dabei. Von Abschiebung nach Iran bedroht sind konvertierte Christen, Frauen, Kurden, Homosexuelle. Menschen, die dort Verfolgung befürchten müssen.
Jede Abschiebung verlangt die Kooperation mit den iranischen Behörden – mit jenem Regime, das den deutschen Staatsbürger Jamshid Sharmahd ermordet hat. Der Slogan „Frau Leben Freiheit“ bleibt in der deutschen Asyldebatte nichts als eine hohle Phrase.
Über einen Abschiebestopp für Jesid*innen nach Irak wurde ebenso wenig debattiert, obwohl die Gewalt gegen sie erneut eskaliert. Stattdessen spricht die IMK ernsthaft über Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Nach Afghanistan, wo Frauen aus dem öffentlichen Leben gedrängt wurden und wo nun auch alle medizinischen Institute geschlossen werden sollen, was den dort lebenden Frauen den Zugang zu Bildung verwehrt. Und nach Syrien, wo derzeit Kriegshandlungen vollzogen werden.
An den Fakten vorbei
Dies ist das Ergebnis einer immer faktenfreier werdenden Asyl- und Migrationsdebatte in Deutschland. Rechtes Framing prägt sie, und die sogenannte politische Mitte folgt. Geflüchtete und Migrant*innen werden zu Sündenböcken deklariert.
Die IMK hat sich auf ein Neues als Abschottungskonferenz entlarvt. Ihr fehlt nicht nur der Mut, sondern auch der moralische Kompass, menschenrechtliche Prinzipien zu verteidigen. Es ist Zeit, dass die politische Mitte aufhört, sich von rechter Panikmache treiben zu lassen – und anfängt, Verantwortung zu übernehmen. Alles andere ist eine unmenschliche Kapitulation.
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