Kampf gegen Omikron-Ausbreitung: Obergrenze auch für Geimpfte
Bund und Länder wollen weitere Beschränkungen beschließen. Erste Studien legen nahe, dass der Impfschutz gegen Omikron rasch nachlässt.
Neu ist, dass sich ab dem 28. Dezember bei privaten Zusammenkünften von Geimpften und Genesenen nur noch maximal zehn Personen treffen dürfen, Kinder ausgenommen. Diese Obergrenze gelte für den Innen- und Außenbereich, so das Papier. Sobald eine ungeimpfte Person teilnimmt, gelten die Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte.
Clubs und Diskotheken werden geschlossen, heißt es in der Vorlage. Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen dürfen ansonsten nur 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden, es gilt 2G und Maskenpflicht. In Bundesländern mit hohem Infektionsgeschehen „müssen Veranstaltungen nach Möglichkeit abgesagt“ werden. Die Corona-Wirtschaftshilfen werden verlängert und eventuell an die Infektionsentwicklung angepasst, heißt es in der Beschlussvorlage.
Die Regierungschefs wollen an alle Bürger:innen appellieren, sich so schnell wie möglich eine Auffrischungsimpfung geben zu lassen. Ärzt:innen und Apotheken sollen sich auch über Weihnachten und an den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester an den Impfaktionen beteiligen. Auch Kinder zwischen fünf und elf Jahren sollen so rasch wie möglich geimpft werden, zum „Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf“, so das Papier.
Die Betreiber sogenannter kritischer Infrastrukturen, also Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehren, sollen ihre Pandemiepläne „umgehend überprüfen“ und „anpassen“, heißt es in der Vorlage. Der Expertenrat der Bundesregierung hatte zuvor die Befürchtung geäußert, die neue Virusvariante könnte den Krankenstand in diesen Bereichen ansteigen lassen und so die Versorgung gefährden.
Söder für Wiederherstellung der „epidemischen Lage“
CSU-Chef Markus Söder erklärte, das Einfachste wäre, man würde „die epidemische Lage wiederherstellen, dann muss man nicht über jede einzelne Maßnahme nachdenken“.
SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte zuvor einen Lockdown vor Weihnachten ausgeschlossen. Der Expertenrat der Bundesregierung hatte gewarnt, die Omikron-Variante bringe „eine neue Dimension in das Pandemiegeschehen“. Das Omikron-Virus zeichne sich durch eine „stark gesteigerte Übertragbarkeit und ein Unterlaufen des bestehenden Immunschutzes“ aus. Dies bedeute, dass die neue Variante „auch Genesene und Geimpfte stärker in das Infektionsgeschehen“ einbeziehe.
Erste Studienergebnisse zeigten, „dass der Impfschutz gegen die Omikron-Variante rasch nachlässt und auch immune Personen symptomatisch erkranken.“ Der Schutz vor schwerer Erkrankung bleibe durch die Impfung aber „wahrscheinlich teilweise erhalten“.
Eine Studie der Uniklinik Frankfurt am Main hatte ergeben, dass selbst eine Booster-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech nur zu 25 Prozent gegen die neue Virusvariante schütze. Eine britische Studie zeigte dagegen eine über 70-prozentige Wirksamkeit gegen Omikron nach dem Boostern mit diesen Impfstoff. Auch der Impfstoff Moderna soll nach drei Dosen immer noch effektiv gegen die neue Variante sein.
Der Expertenrat sieht Handlungsbedarf bereits für die kommenden Tage. Insbesondere „gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen“ seien vorzubereiten. Dazu gehöre die „Vermeidung größerer Zusammenkünfte“, das bevorzugte Tragen von FFP-2-Masken sowie der verstärkte Einsatz von Schnelltests bei Zusammenkünften.
Bei allen Entscheidungen müssten aber die Interessen „besonders belasteter und vulnerabler Gruppen, wie Kinder, Jugendliche und Pflegebedürftige, höchste Priorität erhalten“, so der Expertenrat. Flächendeckende Schulschließungen wollen und können die Bundesländer nicht ohne Weiteres machen, allerdings gibt es in Ländern wie Sachsen an einigen Schulen einen eingeschränkten Regelbetrieb.
Einer am Montag veröffentlichten Studie der Universität Mainz zufolge haben 40 Prozent aller erwachsenen Corona-Infizierten Long-Covid-Symptome. Als Spätfolgen gelten Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schwindel, Depressionen, Herzprobleme.
Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat am Montag grünes Licht für den Corona-Impfstoff des US-Pharmakonzerns Novavax gegeben. Die EMA empfiehlt die „bedingte Marktzulassung“ des proteinbasierten Impfstoffs. Dieser gilt Impfskeptikern als weniger gefährlich als etwa der Impfstoff von Biontech. Die Wirksamkeit gegenüber Omikron ist allerdings nicht erprobt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück