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Julia Klöckner und MeinungsvielfaltEs lebe die Blockbildung

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Bundestagspräsidentin Julia Klöckner setzt auf einem Sommerfest die taz und das Portal Nius gleich. Jetzt regen sich alle auf. Warum?

Sie hat doch recht: Julia Klöckner, ehemalige Sommelier-Chefredakteurin Foto: Stefan Zeitz/imago

W as regen sich denn alle so auf? Wegen Julia Klöckner! Das ist eine ehemalige Weinkönigin und Ex-Chefredakteurin des Magazins Sommelier. Und die hat jetzt beim Sommerfest der CDU Koblenz, das inmitten der Weinregionen Mosel und Mittelrhein liegt, was evident Prägnantes gesagt. Nein, nichts zu Grünlese, Adstringenz, Oechsle, sondern was zu Medien. Ihr Fachgebiet, auch privat, seit sie neuerdings mit einem Fernsehmoderator liiert ist.

In Koblenz bei der CDU hat sie also gesagt, dass die taz, die das „sehr linke Spektrum vertritt“ (O-Ton Julia Klöckner), und das Portal Nius, das auf der „sehr rechten Seite“ steht, sich gar nicht so unähnlich seien. Jedenfalls bei der Blockbildung. Was die frühere Weinkönigin, die sich über CDU-Landesvorsitz und Landwirtschaftsministerium hochgearbeitet hat bis zur Bundestagspräsidentin, mit „Blockbildung“ genau meint, wissen wir nicht. Das geht auch aus Klöckners Rede­manuskript, das ihr Wahlkreisbüro der taz dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, nicht richtig hervor.

Aber die ehemalige Sommelier-Chefredakteurin hat doch recht: Wer sonst, wenn nicht die taz, muss sagen, was ist. Ob was von ganz links kommt oder von ganz rechts. Da sind wir ein Block. Manche nennen uns auch linksgrünversiffte Lügenpresse – wer immer noch nicht verstanden hat, dass das ein Kompliment und Empörung darüber vergossene Milch ist, dem gibt Julia Klöckner bestimmt gern ein paar Nachhilfestunden.

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Danke, Julia

Und wir, die taz wie die offene, demokratische Gesellschaft, können Julia Klöckner nur danken. Denn sie selbst hat ein breites Meinungsspektrum und erlaubt sich, auch mal eine andere Meinung zu haben als die taz. „Deshalb“, so sagte sie bei der Koblenzer CDU, „cancle ich weder Finanziers bzw. Spender der taz noch Frank Gotthardt.“ Frank Gotthardt, bei dem das Sommerfest stattfand, finanziert das „ganz rechte“ Nius-Portal des ehemaligen Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt.

Ist das nicht doof, von einem einzigen Mann abhängig zu sein? Da ist die taz schlauer, sie hat eine große Genossenschaft. Einen Block eben.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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11 Kommentare

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  • Es war von Beginn an klar, dass Julia Klöckner eine Fehlbesetzung für das Amt der Bundestagspräsidentin sein wird.



    Dass sie aber so polarisiert und Demokratie verachtendende Strömungen stärkt, macht deutlich, wohin die CDU gerückt ist.

  • Dieser gescheite Kommetar hat mich erfrischt und mir gut getan.

    Ich bin CDU-Wähler und fand das Kontaktschuldgedröhne um die Frau Bundestagspräsidentin deprimierend. Und die Empörung über den Vergleich von taz und nius (nachlesen bitte bei Ernst Jandl!) dümmlich.



    Um so mehr erfreut mich eine dezidiert linke Stimme, die das Ganze total gelassen aufspießt. Und Ihr Vergleich zwischen nius (vom Millionär finanziert) und der taz (die sich auf Genoss*innen stützt) ist zwar hufeisentechnisch schrecklich empörend, hat mir aber vor lauter Lachen schier das Tablet aus der Hand geschlagen. Einfach toll!

  • Das die TAZ einseitig links steht und NIUS einseitig rechts wird jawohl niemand abstreiten.

    Jeder berichtet einseitig aus seiner Ecke. Die Methoden würde ich nicht gleichsetzen, aber "nicht ganz unähnlich" ist auch keine Gleichsetzung für mich.

    Ich bin mal gespannt wie lange Frau Klöckner hier noch als Weinkönigin bezeichnet wird. Ist ja erst 30 Jahre her. Bei Robert habeck haben sich immer viele aufgeregt wenn der als Kinderbuchautor beschrieben wurde, dabei ist er das immer noch aktiv.

    • @Thomas2023:

      Ich würde die taz allerdings nicht eine Propagandaschleuder nennen...

  • Was für ein politischer Sumpf wird uns da offenbart ? Die CDU wollte schon vor kurzem eine GmbH, bezüglich einer CDU-App, mit Gotthardt gründen. Also besteht nicht nur durch erhebliche CDU-Parteispenden von Gotthard eine große Nähe. Das Frau Brosius-Gersdorf durch die Kampagne durch Nius quasi geopfert wurde, zeigt die Spitze der Verflechtungen zwischen der Bundestagspräsidentin Frau Julia Klöckner, der CDU und Nius. Die gründliche Aufklärungsarbeit kann beginnen...

  • Ich seh' das leider nicht so harmlos. Solche Vergleiche sind Nadelstiche, die im Gedächtnis bleiben. Die Dame sollte ihren Job machen und nicht unrecherchierte Meinungs-Manifeste verbreiten.



    Leider war dieser politische Qualitätsverfall in der CDU schon zu Beginn der "Karriere Klöckner" erwartbar.



    Gruß aus Berlin

  • Für die taz gar nicht schlecht, kommt man mal raus aus der Blase. Selbst der größte Quark, den Klöckner verzapft ist gute Werbung für Euch. Dass die Dame keine Ahnung hat sieht man ja an diversen anderen Themen sehr gut, darauf einen Nescafe.

  • Die Rechten mögen die linkslastige Presse nicht und die Linken mögen die rechtslastige Presse nicht. Alles normal, wie gewohnt.



    Solange sich die Berichterstattung innerhalb des geltenden Rechts bewegt, darf wohl jeder seine politische Meinung auch kundtun. Kritik an der eigenen Meinung muss dann natürlich auch ausgehalten werden ohne den anderen gleich zu beschimpfen. Das ist Demokratie.

    • @Filou:

      Demokratie ist, wenn Julia Klöckner Weinkönigin geblieben wäre.



      Ihre Entgleisungen als Bundestagspräsidentin zeigen aber, dass sie die demokratieverachtendende Strömung stärkt, vielleicht aus Dummheit, aber die Wirkung bleibt die gleiche.

  • "Weinkönigin", "Bundestagspräsidentin", "Nestlelobbyistin" und jetzt auch noch "Moderatorenprinzesschen"..



    Das geht runter wie Öl.

  • Ich kann keinen Grund zur Dankbarkeit erkennen. Die Neutralität in der Ausübung eines Amtes stelle ich mir anders vor, da bin ich in "guter Gesellschaft" eines inzwischen überparteilichen Blockes.