Jugendorganisation verleiht Negativpreis: Wer wird der Super-Abschieber?
Während der Innenministerkonferenz wählen „Jugendliche ohne Grenze“ einen „Abschiebeminister“. Nominiert sind Politiker aus Berlin, Bayern und Bremen.

Und da sind sie schon, die Kandidaten: Auf der einen Seite der harte Hund aus Bayern, Joachim Herrmann (CSU), ein alter Hase, der den Titel schon 2013 und 2022 gewinnen konnte und dieses Jahr mit Zahlen prunkt: 2025, schreibt seine Pressestelle, sind mehr Menschen aus Bayern raus als Asylbewerber rein. Ein Erfolg!
Eine starke Konkurrentin: Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD). Sie hat vergangenes Jahr den Titel errungen und einiges getan, um ihn 2025 zu verteidigen: Ihr Fünf-Punkte-Plan zu Abschiebungen sieht vor, notfalls auch Familien bei Abschiebungen zu trennen.
Neu auf der Shortlist: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer, SPD. Ein Außenseiterkandidat – schließlich hat Bremen unter allen Bundesländern proportional die wenigsten Abschiebungen („grottenschlechte Zahlen“, Mäurer selbst). Aber zuletzt hat er Boden gut gemacht; gegen den Widerstand der eigenen rot-grün-roten Regierungskoalition hat er im Verlauf des vergangenen Jahres offensiv mit mehr Abschiebehaft geflirtet, eine „Zentralstelle für Rückführungen“ eingerichtet und: eine gewisse Rücksichtslosigkeit gezeigt.
Die Gegenkonferenz beschäftigt der Familiennachzug
Erstmals seit dreißig Jahren hat ein Bremer Innensenator versucht, das Kirchenasyl zu brechen – mit wenig Erfolg durch den Einsatz von Polizeikräften, dafür mit umso nachhaltigerer Wirkung durch seine Zermürbetaktik: Die Kirche selbst hat er damit dazu gebracht, von den christlichen Gedanken der Gnade und Menschlichkeit auf ein legalistisches Verständnis umzuschwenken.
Alle Kandidat*innen auf den Titel sammeln zurzeit noch Punkte auf der Innenministerkonferenz, die unter Bremer Vorsitz in Bremerhaven stattfindet. Diskutiert wird dort noch bis Freitagmittag – nicht nur über Abschiebungen. Auch der härtere Umgang mit psychisch Kranken hat es auf die Tagesordnung geschafft. Debattiert wird auch über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren, über neue Maßnahmen gegen Femizide und – Setzungen des Gastgebers Mäurer: ein Böllerverbot an Silvester und ein Verbot für Sportwetten im Amateurbereich.
Die „Jugendlichen ohne Grenzen“ (JoG) treibt auf ihrer Gegenkonferenz neben den scharfen Abschiebeforderungen besonders die geplante Aussetzung des Familiennachzugs um: Sollte sie kommen, würde verhindern, dass Eltern ihre Kinder, Jugendliche ihre Eltern zu sich holen können.
„Familie ist doch kein Privileg“, klagt JoG-Mitglied Alireza Eyvazy auf der Pressekonferenz am Donnerstag, „Familie ist ein Grundrecht“. Der Bremer aus Afghanistan wollte 2016 selbst seine Eltern zu sich holen, doch auch damals wurde der Familiennachzug ausgesetzt. Als es 2018 wieder ging, da war Eyvazy volljährig. Chance vertan.
Die JoG-Gala-Feier samt Wahl zum Abschiebeminister findet am Freitag ab 18 Uhr im Bremer Kukoon statt. Der Preisträger bekommt ein Flugticket in ein Abschiebeland.
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