Japan verärgert über Erinnerungspolitik: Berlin ohne Rückgrat

Japan kämpft gegen einen Lernort zu sexueller Gewalt in Berlin an. In Berlins Regierendem Bürgermeister hat das Land einen Verbündeten gefunden.

Statue auf einer Straße.

Die Trostfrauenstatue in Berlin-Moabit Foto: Frederic Kern/Future Image/imago

In Deutschland leben zahlreiche Migrantinnen, die Opfer sexualisierter Gewalt in Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen wurden. Das sind Jesidinnen, Afghaninnen, Ukrainerinnen, Tigrayerinnen, Sudanesinnen, Vietnamesinnen und viele mehr. Für sie alle hat der Korea-Verband mit der Trostfrauenstatue in Berlin, die er Friedensstatue nennt, einen Lernort geschaffen. Es finden Bildungsangebote für Schüler und Jugendliche statt und Veranstaltungen mit verschiedenen Opfergruppen sexualisierter Gewalt.

Die Statue erinnert nicht nur an das Leid von 200.000 koreanischen und weiterer Zwangsprostituierten im Zweiten Weltkrieg, die in japanischen Militärbordellen mehrfach täglich vergewaltigt und gefoltert wurden. Sie erinnert auch an den Mut einzelner dieser Frauen, die ihr Leid 50 Jahre nach Kriegsende öffentlich gemacht und damit ihr jahrelanges schambehaftetes Schweigen gebrochen hatten. Das bronzene Mädchen, das auf einem Stuhl sitzt und ihre Fäuste ballt, soll anderen betroffenen Frauen Mut machen, ihnen sagen, sie sind nicht allein.

Eine Kundgebung am Welttag für die Beseitigung sexueller Gewalt 2023, deren Redebeiträge in einer Broschüre des Korea-Verbandes dokumentiert wurden, zeigt, dass der Lernort auch von Frauen aus Regionen, die aktuell von Kriegen und sexueller Versklavung von Frauen betroffen sind, angenommen wird. So einen Lernort mit dazugehörenden Veranstaltungen braucht die multikulturelle Stadt Berlin.

Nicht der Stadt verpflichtet

Dass die Regierung in Japan dagegen wettert, ist ein Armutszeugnis. Dass sich der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), und sein Senat dem beugen und ein Lernangebot nun nicht weiter fördern, zeigt, dass sie sich nicht den Interessen der Stadt verpflichtet fühlen.

Das Argument Tokios, die Schuld an den Frauen sei mit Entschädigungszahlungen und einer Vereinbarung mit dem südkoreanischen Staat von 2015 längst beglichen, gilt nicht. Sexuelle Gewalt kennt keine Verjährung. Wer davon betroffen ist, wird sie niemals vergessen. Die Opfer mit dieser Erinnerung alleinzulassen, ist keine Lösung.

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