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Israels Brüche der WaffenruheDie USA sind kein neutraler Partner

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

Ständige Brüche der Waffenruhe in Nahost durch Israel zeigen: Die USA sind eine Fehlbesetzung zur Überwachung des Abkommens.

Der Waffenstillstand wird gebrochen, während die Aufräumarbeiten in Beirut laufen Foto: Mohamed Azakir/reuters

V on wegen Ruhe! In Libanons Hauptstadt Beirut fliegen israelische Drohnen und Kampfjets noch immer über den Köpfen der Menschen und surren so laut, dass sie den Schlaf stören. Dabei hatten sich die Menschen gefreut, mit der vor einer Woche in Kraft getretenen Waffenruhe endlich durchschlafen und -atmen zu können.

Die israelische Armee hat trotz der abgemachten 60-tägigen Waffenruhe ihren Beschuss fortgesetzt. Ein Beamter der Staatssicherheit starb beim Beschuss mit einer israelischen Rakete, ein libanesischer Soldat wurde durch Drohnenbeschuss an einem Grenzposten an der Grenze zu Syrien verletzt. Laut Abkommen sind Soldaten und Staatssicherheit diejenigen, die im Land weiter Waffen mit sich tragen dürfen. Denn die libanesische Armee soll – gemeinsam mit Blauhelmsoldaten – den Waffenstillstand auf libanesischer Seite gewährleisten.

Auch von der Hisbollah ging am Montag ein Angriff aus. Sie bekannte sich zum Beschuss einer israelischen Stellung auf den Schebaa-Farmen, ein von Israel seit 1967 völkerrechtswidrig besetztes Gebiet im Norden der Golanhöhen.

Die israelische Armee hindert die Menschen im Südlibanon daran, in ihre Häuser zurückzukehren

Doch nicht nur der Beschuss ist ein Bruch der Abmachung. Die israelische Armee hindert die Menschen in Teilen des Südens daran, in ihre Häuser zurückzukehren. Das Abkommen sieht jedoch vor, dass sich die Armee komplett aus dem Südlibanon zurückzieht.

Die fast täglichen Angriffe begründet Israel damit, „Terrorziele“ auszuschalten. Aber laut Abkommen dürfen überhaupt keine Ziele angegriffen werden. Genau das ist ja der Sinn von einem Waffenstillstand.

Das libanesische Militär zählt 52 Verfehlungen Israels gegen die Waffenruhe. Statt diese zu verurteilen, behauptet das US-Außenministerium, die Waffenruhe sei erfolgreich. Die USA sind als Teil des Komitees zur Überwachung des Abkommens eine Fehlbesetzung, weil sie eine einseitig involvierte Kriegspartei sind. Noch am Tag der Verkündung der Waffenruhe machten sie den Weg für neue Waffenlieferungen über 680 Millionen Dollar an Israel frei.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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10 Kommentare

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  • "Die USA sind eine Fehlbesetzung zur Überwachung des Abkommens."



    Was soll man da über Deutschland sagen? Wir arbeiten ja nicht mal an so etwas, wie einer Waffenruhe. Oder einer Zweistaatenlösung. Wie auch immer die bei dem Trümmerhaufen aussehen soll, der inzwischen das Restreservat des palästinensischen Volkes darstellt. Wobei, "Reservat" ist das falsche Wort, denn da wird nichts bwahrt. Selbst den indigenen Völkern Amerikas geht es ja noch besser und das will was heißen.

  • Und wer kontrolliert die Hizbollah? Soll Israel weiterhin Raketenangriffe aus dem Nachbarland hinnehmen? Wann kann die israelische Bevölkerung zurückkehren? Eben.

  • 1) Israels Militär hat 60 Tage Zeit sich zurückzuziehen

    2) Israel darf, auch nach der Erklärung mit den USA weiterhin die Durchsetzung von 1701 und der Waffenruhe, das schließt Angriffe auf Ziele der Hisbollah, ihrer Truppen und ihrem Widersetzen der Abmachung, durchführen

    3) Sollte die Kritik also an der Hisbollah geübt werden, welche Truppen Richtung Süden schickte und Angriffe durchführte und Vorbereitete, also den Grund schafft, dass es überhaupt IDF Präsenz im Libanon gab.

    4) Sollte die Kritik an der Libanesischen Regierung sein, welche das Abkommen nicht erfolgreich durchsetzt. Genau wegen ihrer Schwäche darf die IDF nach wie vor gegen die Hisbollah vorgehen.

    Kein guter Artikel. Individuelle Fälle wären stattdessen gute Reportage, aber auch die Schuld korrekt zuweisen.

    en.wikipedia.org/w...greement#Agreement

    "Israel will retain "complete military freedom of action" to attack Lebanon in the event of a violation of the agreement by Hezbollah or another entity in Lebanon."

    • @ToSten23:

      zu 2) Die Durchsetzung von 1701 würde beinhalten, dass außer der libanesischen Armee keine bewaffneten Kräfte auf libanesischem Gebiet operieren, das betrifft natürlich auch die IDF. Das, in sich, widersprüchliche Waffenstillstandsabkommen beinhaltet diesen Punkt ebenfalls.



      "The Lebanese army and the Lebanese security forces will be the only armed groups authorized to operate in southern Lebanon."



      zu 3) Es gibt seit 1967 eine Präsenz von israelischen Soldaten im Libanon, die Hisbollah wurde 15 Jahre später als Reaktion auf die Besatzung gegründet. Auch nach dem Ende der Besatzung hat Israel nie die Grenzen und den Luftraum des Libanon respektiert.



      zu 4) Israel darf keineswegs Angriffe auf dem Gebiet anderer Staaten durchführen, für nichts von dem was die IDF im Libanon tut gibt es eine völkerrechtliche Legitimation, alles worauf Sie sich hier berufen können ist das Recht des Stärkeren.



      Auch wenn es für Sie unvorstellbar erscheint, die völlig berechtigte Kritik von Frau Neumann richtet sich an den Hauptagressor dieses Konflikts.

    • @ToSten23:

      Danke, dass Sie die Referenz verlinkt haben. Die sagt allerdings etwas anderes, als was Sie schreiben. Und die Resolution 1701 würde ich auch noch mal in Ruhe durchlesen.

    • @ToSten23:

      Lesen Sie in dem von Ihnen zitierten Artikel bitte den Abschnitt "Attacks on civilians and infrastructure".



      Dort ist eine lange Liste von Attacken der IDF gegen Zivilisten und zivile Infrastruktur NACH Inkrafttreten des Waffenstillstands.

    • @ToSten23:

      Danke für den Kommentar, jetzt muss ich es nicht schreiben. Ich stimme dem aber inhaltlich voll zu.

  • Es gibt dort keine "neutralen Partner". Alle sind mit jedem direkt oder über Ecken verbunden oder verfeindet.

    Die USA sind also ein schlechter und parteiischer Partner für den Frieden, den eh nur eine Seite will. Aber sie sind der beste, den sie da haben.

    • @KruegerParc:

      Es gäbe genügend neutrale Nationen aus anderen Weltregionen, die sich mit Blauhelmen in einer entmilitarisierten Pufferzone ernsthaft engagieren könnten um die Konfliktparteien zu trennen, sowohl im Südlibanon/Nordisrael als auch in Gaza.

      Leider redet die UN viel, aber tut wenig. Länder wie Südafrika z.B. haben eine ganz große Klappe, wenn es darum geht, Israel zu kritisieren. Warum spielen die nicht mal Polizei und zeigen in der Praxis, wie es gehen soll, Hamas und Hisbolla in Schach zu halten ohne dass Zivilisten zu Schaden kommen?