Investition der Ölkonzerne: Ölmultis wollen fossil bleiben
Eine Studie zeigt, dass europäische Ölkonzerne ihre Gewinne kaum in erneuerbare Energie investieren. Stattdessen geht der Ertrag in fossile Energien.
Die Studie „The Dirty Dozen“ (zu Deutsch „Das dreckige Dutzend“) führte der Hamburger Energieexperte Steffen Bukold, Gründer und Leiter des Forschungs- und Beratungsbüros EnergyComment durch. Dafür analysierte er Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichte und weitere frei zugängliche Dokumente von zwölf europäischen Ölkonzernen aus dem Jahr 2022.
Im Schnitt steckten die Unternehmen 2022 nur 7,3 Prozent ihrer Investitionen in erneuerbare Energien. Knapp 93 Prozent flossen hingegen in fossile Infrastruktur wie Pipelines oder LNG-Terminals, zeigt die Analyse. Derzeit kommen demnach im Schnitt 0,3 Prozent der von den Konzernen produzierten Energie aus erneuerbaren Quellen und 99,7 Prozent aus Öl oder Gas.
„Die meisten der untersuchten Konzerne verpflichteten sich zumindest verbal klar dazu, bis 2050 ‚net zero‘ zu sein“, heißt es in der Studie. Dennoch dächten sie gar nicht daran, ihre fossile Produktion zu stoppen, kritisiert Greenpeace. Stattdessen setzten die Unternehmen auf „kontroverse“ Maßnahmen wie die Speicherung von CO2 im Boden, um ihr fossiles Geschäft beizubehalten.
Übergewinnsteuer reicht nicht
Tatsächlich will Wintershall Dea beispielsweise auch perspektivisch nicht zu einem Unternehmen für erneuerbare Energien werden – sondern „zu einem in Europa führenden unabhängigen Gas- und Carbon-Management-Unternehmen“, wie der Konzern der taz auf Anfrage mitteilt.
„Ölmultis wie Shell und BP haben die heutige Klimakrise maßgeblich verschuldet, und sie missbrauchen ihre Rekordgewinne, um die Welt tiefer in diese Krise zu lenken“, sagt Greenpeace-Energieexpertin Lisa Göldner. Sie fordert strenge europaweite Regelungen, „damit die satten Gewinne nicht dafür verwendet werden, weiter nach Öl und Gas zu bohren und so die Klimakrise weiter anzuheizen“.
Die Europäische Union hatte im Dezember eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne beschlossen. Gewinne, die 2022 und 2023 mindestens 20 Prozent über dem Schnitt von 2018 bis 2021 liegen, müssen demnach mit einem Satz von 33 Prozent besteuert werden.
Das reicht Greenpeace aber nicht. Die Studie kommt zu dem Fazit, dass der Ölverbrauch in der fossilen Industrie „durch verstärktes Recycling oder andere Rohstoffe möglichst schnell gesenkt werden“ sollte. Laut Göldner sollte die Politik ihr Vertrauen darüber hinaus lieber „in kleine und mittelständische Unternehmen und Bürger:innenprojekte setzen, deren Fokus ausschließlich und glaubwürdig auf erneuerbare Energien liegt“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag