Innenministerkonferenz zur Nahostdebatte: „Bollwerk gegen Antisemitismus“?

Die Innenministerkonferenz widmet sich dem Kampf gegen Judenhass und diskutiert Gesetzesverschärfungen. Innenministerin Faeser ist hierfür offen.

Protestierende vor Wasserwerfern auf einer Anti-Israel-Demonstraiton in Frankfurt am 18. Oktober.

Protestierende auf einer Anti-Israel-Demonstraiton in Frankfurt am 18. Oktober Foto: Kai Pfaffenbach, Reuters

BERLIN taz | Es ist einer der ersten Tagesordnungspunkte, wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und die In­nen­mi­nis­te­r*in­nen der Länder am Donnerstag und Freitag wieder zu ihrer halbjährlichen Konferenz zusammenkommen: der Krieg in Nahost und seine Auswirkungen auf die hiesige Sicherheitslage. Und diese Lage besorgt die Mi­nis­te­r*in­nen wie lange nicht.

Gerade erst warnte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang vor einer erhöhten Anschlagsgefahr. Festgenommen wurden drei Terrorverdächtige, die Anschläge auf Weihnachtsmärkte in Leverkusen oder Hannover geplant haben sollen. Daneben reißen seit dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober hierzulande antisemitische Straftaten und Anti-Israel-Proteste nicht ab.

An der Innenministerkonferenz (IMK) in Berlin werden diesmal deshalb auch Israels Botschafter Ron Prosor und Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, teilnehmen. Beide fordern Gesetzesverschärfungen ein, um Hass auf Juden und Israel auf Demonstrationen schärfer zu ahnden.

Die In­nen­mi­nis­te­r*in­nen wollen hier zumindest ein klares Signal gegen Antisemitismus setzen. In einer Beschlussvorlage, die der taz vorliegt, heißt es, man verurteile die Terrorangriffe der Hamas „aufs Schärfste“. Die Gewalt gegen die israelische Zivilbevölkerung sei „durch nichts zu rechtfertigen“, dem israelischen Volk gelte „uneingeschränkte Solidarität“. Auch hierzulande sichere man jüdischem Leben einen „besonderen Schutz“ zu. Man werde sich „mit allen ihnen zur Verfügung stehenden rechtstaatlichen Mitteln jeder Form von antisemitischer Hetze, Extremismus und Gewalt entgegenstellen“. Entsprechende Demonstrationen seien „konsequent zu verbieten“.

Keine Einbürgerung bei antisemitischer Haltung?

Einige der In­nen­mi­nis­te­r*in­nen plädieren für weitere konkretere Schritte. So fordern Hessens Innenminister Peter Beuth und sein Baden-Württemberger Amtskollege Thomas Strobl (beide CDU) dafür, einen Nationalen Aktionsplan und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe gegen Antisemitismus einzurichten, zusammen mit den jeweiligen Antisemitismusbeauftragten. Neben Repression sollten dort auch Maßnahmen der politischen Bildung und Medienkompetenz besprochen werden. Es brauche „ein Bollwerk gegen Antisemitismus“, so Strobl zur taz. „Es ist unerträglich, wenn jüdische Menschen wieder zögern oder es gar nicht wagen, sich auf unseren Straßen als Jüdin oder Jude zu erkennen zu geben.“

Mehrere Länder fordern zudem, die Leugnung des Existenzrechts Israels unter Strafe zu stellen – und dies auch zum Ausschlusskriterium bei Einbürgerungen zu machen. Hier müssten „alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um Äußerungen, Symbole, Motive oder Aufrufe zu verbieten, die gegen die Sicherheit oder gar den Bestand des Staates Israel gerichtet sind“, so Beuth. Und Strobl betont, man müsse sicherstellen, dass antisemitische Personen „keinen Anspruch auf Einbürgerung haben“.

Faeser ist hierfür offen: Israel das Existenzrecht abzusprechen, sei ein Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus, erklärte sie zuletzt. Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht sei eine Einbürgerung bei solch einer Position „klar ausgeschlossen“. Gleiches gelte, wer mit antisemitischen Handlungen auffalle, so Faeser. Wenn es weitere Konkretisierungen brauche, sei sie dafür offen. Bereits seit 2021 darf rechtlich niemand mehr eingebürgert werden, der oder die zuvor antisemitische Straftaten begangen hat.

Faeser hatte am Dienstag bei einem Treffen der EU-Innenminister*innen in Brüssel zudem erklärt, man müsse „gerade jetzt islamistische Gefährder genau im Blick behalten und weitere Radikalisierungsprozesse verhindern“. Deutschland werde „stark gegen islamistische Terrorpropaganda vorgehen“.

Faeser hatte zuletzt die Hamas und den Unterstützerverein Samidoun in Deutschland verbieten lassen. Zudem gab es Razzien gegen das Islamische Zentrum Hamburg, das als verlängerter Arm des Irans gilt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) will weitere Verbote: die der islamistischen Gruppen um die „Generation Islam“, die zuletzt in Essen auf die Straße ging.

Mehr als 80 Tagesordnungspunkte

Neben der Nahostlage hat die IMK mehr als 80 weitere Tagesordnungspunkte auf der Agenda. Diskutiert wird vor allem noch über Migration, über Grenzkontrollen oder vereinfachte Verfahren bei Ausländerbehörden. Beuth fordert auch „Einreiseverweigerungen“ an der deutschen Grenze, ohne „aufwendige rechtsförmliche Überstellungsverfahren“. Weitere Themen sind Gewalt gegen Frauen und Kinder, härtere Strafen für die Letzte Generation bei Blockaden Kritischer Infrastruktur wie Flughäfen oder, mal wieder, die Forderung nach der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung.

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