Inflation sinkt im Mai auf 6,1 Prozent: Billiger dank Deutschlandticket

Das Ticket für den ÖPNV und sinkende Energiepreise haben dazu beigetragen, die Inflation in Deutschland zu senken. In Italien bleibt die Rate hoch.

Detailfoto einer REisenden, die einen Rollkoffer über den Bahnsteig schiebt

Weniger Inflation, mehr Reisen – das 49-Euro-Ticket hilft da schon Foto: Michael Gstettenbauer/imago

BERLIN/ROM rtr/dpa | Die Inflation hat sich im Mai deutlich abgeschwächt: Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch in einer ersten Schätzung mitteilte, lag die Teuerung in diesem Monat bei voraussichtlich 6,1 Prozent im Jahresvergleich. Das ist die niedrigste Teuerungsrate seit April 2022. Die Inflation geht seit Monaten zurück – im April lag sie bei 7,2 Prozent, im März bei 7,4 Prozent und im Februar bei 8,7 Prozent.

Verglichen mit dem Vormonat April fielen die Preise sogar um voraussichtlich 0,1 Prozent. Vor allem die Preissteigerungen bei Energieprodukten schwächten sich weiter ab und betrugen im Mai nur noch 2,6 Prozent im Jahresvergleich. Auch bei den Nahrungsmitteln ist eine Entspannung zu beobachten, obgleich die Rate mit 14,9 Prozent weiterhin deutlich über dem Gesamtindex liegt.

Bei den Dienstleistungen stand ein Plus von 4,5 Prozent. Unter anderem stiegen die Preise für die Wohnungsmiete im Jahresvergleich um 2,0 Prozent.

Das Absinken der Teuerungsrate war nach Daten aus den Bundesländern erwartbar, die im Mai deutlich gesunken sind – wegen billigerer Energie und der Einführung des Deutschlandtickets. In Nordrhein-Westfalen stiegen die Verbraucherpreise nur noch um 5,7 Prozent nach 6,7 Prozent im April, wie das Statistische Landsamt am Mittwoch mitteilte. Auch in Bayern (6,1 Prozent), Baden-Württemberg (6,6 Prozent), Brandenburg (6,3), Sachsen (6,5) und Hessen (5,9) lag die Inflationsrate jeweils deutlich niedriger als im April.

Berenberg-Bank-Chefvolkswirt Holger Schmieding spricht von „guten Nachrichten für Verbraucher und die Europäische Zentralbank“. Die EZB hatte wegen der starken Inflation ihre Leitzinsen kräftig erhöht, was jedoch die Konjunktur belastet. Da auch in Frankreich (6,0 Prozent) und Spanien (3,2 Prozent) die Inflationsraten im Mai deutlich gesunken sind, rückt ein Ende der Zinserhöhungen näher. Experten rechnen jedoch noch mit zwei weiteren Schritten nach oben im Sommer. Die EZB ist laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde bestrebt, die Zinsen auf ein ausreichend hohes Niveau zu bringen, damit das Inflationsziel von 2,0 Prozent nachhaltig erreicht werden kann.

Die Zahlen aus den Bundesländern „legen den Schluss nahe, dass der Preisdruck auf breiter Front abnimmt“, sagte Schmieding. „Hier hat der Staat mit dem Deutschlandticket nachgeholfen.“ Das Ticket für 49 Euro im Monat wurde im Mai eingeführt, was in Nordrhein-Westfalen die Preise für die kombinierte Personenbeförderung um 28,5 Prozent zum Vorjahresmonat drückte.

Dadurch habe auch die unter besonderer Beobachtung stehende Kernrate – bei der die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise herausgerechnet werden – von 5,5 auf 5,0 Prozent nachgegeben. „Hier sehen wir also erste Anzeichen einer echten Trendwende“, sagte Schmieding.

In einigen Bereichen bleibt der Preisdruck allerdings hoch. Pauschalreisen etwa verteuerten sich in Bayern und Sachsen um jeweils 13,6 Prozent. „Es zeigt sich, dass die Deutschen nach der Pandemie trotz knapper Kassen das Leben wieder genießen und richtig Urlaub machen möchten“, sagte Schmieding. „Das erleichtert es den Anbietern, in diesen Bereichen höhere Kosten auf die Verbraucher zu überwälzen.“

Dienstleistungen bleiben inflationsfreudig

Wie sich die Inflation künftig entwickelt, ist offen. „In den kommenden Monaten wird es dann komplizierter“, sagte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. „Denn dann bekommen wir Basiseffekte vom 9-Euro-Ticket und Tankrabatt, wodurch der Inflationsdruck wieder zunimmt.“ Beides wurde von der Bundesregierung für Juni, Juli und August 2022 eingeführt, um die Bürger zu entlasten. Gleichzeitig seien die Gaspreise extrem niedrig, während der Preisdruck in der Industrie erheblich nachlasse.

„Allerdings zeigt sich der Dienstleistungssektor noch sehr inflationsfreudig“, sagte der ING-Chefökonom. Daher könne sich die Teuerungsrate im Sommer noch einmal in Richtung 7 Prozent bewegen, ehe sie bis Winter auf gut 4 Prozent fallen dürfte.

Unterdessen hat sich in Italien der Anstieg der Verbraucherpreise im Mai weniger als erwartet abgeschwächt. Gegenüber dem Vorjahresmonat erhöhte sich der nach europäischer Methode erhobene Preisindex (HVPI) um 8,1 Prozent, wie das Statistikamt Istat am Mittwoch in Rom mitteilte. Im Vormonat hatte der Anstieg 8,7 Prozent betragen.

Analysten hatten im Schnitt mit einem deutlicheren Rückgang auf 7,5 Prozent gerechnet. Im Vergleich zum April stiegen die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent. Hier war ein Rückgang um 0,2 Prozent erwartet worden.

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