Impfschutz für Familien: Impft die Eltern!
Kinder können nicht geimpft werden, müssen aber zur Schule. Um Familien zu schützen, sollten Eltern prioritär geimpft werden.
S o verständlich der Wunsch ist, nicht mehr notwendige Beschränkungen für Geimpfte aufzuheben, so sehr geht der Fokus des letzten Impfgipfels an der Realität von Familien mit Kindern vorbei. Es fehlt eine konkrete Perspektive für Familien in näherer Zukunft: Sie brauchen jetzt Entlastungen und Schutz vor Infektionen – Eltern sollten priorisiert werden und Neuinfektionen gesenkt.
Natürlich warten viele auf eine Impfung, nicht nur Familien mit Kindern. Erst knapp 24 Prozent der Bevölkerung ist erstgeimpft, nur 7,3 Prozent vollständig, viele warten sehnlich auf ihren Termin. Aber Kinder können sich nicht einmal theoretisch durch Impfung schützen. Es gibt nur einen ab 16 Jahren zugelassenen Impfstoff. Gleichzeitig können sie Kontakte nicht vermeiden, wenn sie ihrer Schulpflicht nachkommen – und ihre Bezugspersonen entsprechend auch nicht.
Es geht um 36,2 Prozent der Bevölkerung, die entweder selbst minderjährig sind oder mit Kindern und Jugendlichen in einem Haushalt leben. Das sind fast 30 Millionen Menschen in 8,2 Millionen Haushalten, davon 10,5 Millionen Kinder unter 14 Jahren (Stand 2019). Es sind viele und sie brauchen Unterstützung.
Zur Zeit liegen die Inzidenzen bei Kindern höher als bei Erwachsenen, die Tests an Schulen haben gerade erst begonnen, viele Krankenhäuser sind bereits am Limit. Trotzdem sind Eltern beim Impfen als solche in keiner Weise priorisiert. Auch wenn manche von ihnen durch das neue „Impfe sich, wer kann“ vielleicht eher drankommen als erhofft, so gibt es im Moment einfach noch keine Entwarnung.
Es braucht eine Perspektive
Deswegen muss konkret auf die Lage von Kindern und Eltern geschaut werden. Kinder leben nicht in einer kleinen Parallelgesellschaft, sondern können sich und andere anstecken. Und sie können selbst auch schwer an Covid erkranken. Deswegen braucht es nicht nur eine Perspektive für die Teilnahme von Familien am öffentlichen Leben, wenn sich Teile der Familie schlicht nicht impfen können – und auch im Fall von sehr kleinen Kindern Tests kaum praktikabel sind.
Es braucht eine Perspektive, wie Familien sicher und einigermaßen bei Kraft durch die nächste Zeit kommen sollen. Denn die Kinder müssen bei so hohen Inzidenzen in den eingeschränkten Präsenzunterricht gehen, und die Eltern weiterhin arbeiten.
Eltern priorisiert zu impfen, um einen gewissen Schutz um die Kinder herum zu erreichen und um sie als Eltern im schlimmsten Fall nicht zu verlieren, wäre immerhin eine Verbesserung. Statt über ferne Lockerungen muss über Verbesserungen im Jetzt gesprochen werden. Denn wir sind erst am Anfang der Impfkampagne.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär