Impfgegner-Demo: Bürgerliche Querdenker
13.700 Impfgegner haben am Samstag in Hamburg demonstriert. Es war der größte Protest seit Langem.
![Ein Demoschild mit der Aufschrift: "Impfzwang nein Danke" Ein Demoschild mit der Aufschrift: "Impfzwang nein Danke"](https://taz.de/picture/5322903/14/270153187-1.jpeg)
Die Protestierenden schienen überwiegend aus der bürgerlichen Mitte und aus alternativen Milieus zu stammen: Von gepflegtem Kurzhaarschnitt und Barbour-Jacken bis zu blonden Dreadlocks und Hess-Natur-Look war alles vertreten. Bei der Kunsthalle erklärte einer der Organisatoren gleich zu Beginn, dass sie keine „Corona-Leugner“ seien, sondern „Impfgegner“. Doch schon die Aussage auf den selbstgemachten Schildern offenbarte weitergehende Positionen. Neben „Impfpflicht nein danke“ war „Great Reset No Way“ zu lesen. Der „Große Neustart“ ist das Synonym für ein Verschwörungsnarrativ. Demzufolge wollen die wirtschaftlichen Eliten global die Pandemie nutzen, um Nationalstaaten zu vernichten, Bargeld abzuschaffen, Geschlecht und Familien aufzulösen.
Auch Heiko Schöning befeuerte zu Beginn des Protests Verschwörungserzählungen in seinem Redebeitrag. Der Mitinitiator von „Ärzte für Aufklärung“ aus Hamburg ist längst einer der Stars der Bewegung. Er bezeichnete die Pandemie als „geplante Panikmie“, sprach von mafiösen Strukturen und kriminellen Firmen, die erst Covid-19 geschaffen und nun eine weitgehende Monopolstellung bei der Impfstoffherstellung hätten. „Schwer Kriminelle“ seien das, verkündete der Arzt der Menge.
Die Protestierenden trugen zum Teil Buttons wie „Gib Gates keine Chance“. Auch ein Gelber-Stern-Aufnäher mit der Aufschrift: „Ungeimpft“ war dabei. Der Polizei fiel diese Person auf, ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Volksverhetzung wurde eingeleitet. Die Polizeikräfte kontrollierten teilweise die Einhaltung der Maskenpflicht, konnten aber nicht verhindern, dass sie vielfach unterlaufen wurde.
Im Tross hatten sich auch extrem Rechte eingereiht. Zum Gruppenfoto posierte die AfD-Bürgerschaftsfraktionsspitze Dirk Nockemann und Alexander Wolf mit weiteren Mitgliedern. Mit einer kleinen Entourage lief Hannes Ostendorf auf. Der Sänger der rechtsextremen Hooligan-Band „Kategorie C“ ließ sich vor einem Demonstrationsblock ablichten. Aus einem der Blöcke skandierten die Teilnehmenden: „Das System ist am Ende, wir sind die Wende“. Ein Slogan, der sonst bei rechtsextremen Aufmärschen genutzt wird.
An der Elbe dominieren Rechtsextreme aber nicht den Protest. Das bürgerliche Milieu mit teilweise alternativem Habitus sucht am Samstag aber erneut keine Distanz. Ein Schild offenbart die Sichtweise: „Nazis? Wo? Hier nicht!“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen