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Impeachment gegen TrumpFronten verschieben sich

Drei Frauen werfen US-Botschafter Gordon Sondland sexuelle Übergriffe vor. Der Aufschrei bei den linken Liberalen bleibt aber bislang aus.

Gordon Sondland braucht während der Anhörung in Washington mal eine Pause Foto: Andrew Harnik/ap

Berlin taz | Wie sehr doch Timing die öffentliche Wahrnehmung verändert. Drei Frauen, so berichtet jetzt die US-amerikanische Gruppe für investigativen Journalismus ProPublica zusammen mit dem Magazin Portland Monthly, beschuldigen Gordon Sondland, dem US-Botschafter bei der Europäischen Union, sie vor vielen Jahren sexuell belästigt zu haben. Es geht um unerwünschte Umarmungen, Kussversuche und Angrapschen.

Zwei von ihnen hatten Sondland, 62, den erfolgreichen Hotelier und Geschäftsmann aus Portland, um Hilfe gebeten – die eine suchte einen Job, die andere brauchte Investitionen für ein Magazin. Die dritte arbeitete mit ihm zusammen.

Was sie durchaus glaubwürdig erzählen – und Sondland rundheraus dementiert – ist die typische #MeToo-Story über einen Mächtigen, der glaubt, es sei schon okay, es zumindest zu versuchen, unter Ausnutzung seiner Position Frauen zum Sex zu kriegen. Alle drei wiesen ihn zurück, und alle drei berichten, er habe sich danach an ihnen im Job für die Zurückweisung gerächt. Eklige Geschichte, ekliger Typ.

Wären die Vorwürfe im Juni 2018 bekannt geworden – demokratische Senator*innen hätten sie aufgegriffen und Sondland vorgehalten. Womöglich hätte es Demonstrationen des Womech in Washington, D. C., gegeben. Da nämlich hatte US-Präsident Donald Trump Sondland als US-Botschafter für die Europäische Union nominiert, und es liefen die Anhörungen zu seiner Bestätigung – eines Mannes ohne jede außenpolitische Erfahrung, dessen einziges Verdienst darin bestand, Trump für die Amtseinführungs­zeremonie eine Million Dollar gespendet zu haben.

Unbekannte Größe

Das Narrativ wäre klar gewesen: Trump, selbst von über 20 Frauen wegen sexueller Übergriffe beschuldigt, belohnt einen Typ gleichen Kalibers. Ein Reicher kauft sich, was er will.

Oder, wie Sondland selbst bei einer Podiumsdiskussion auf die Frage sagte, warum er in die Hotelbranche gegangen sei: Ein Hotel „bringt alle Elemente zusammen, die mir einen Grund geben, morgens aufzustehen: Du hast Essen, du hast Wein, du hast Design, du hast Kunst, du hast Intrigen, du hast Sex. Alles, was du dir wünschen kannst.“

Kein Wunder, dass sich der Aufschrei der liberalen Linken in Grenzen hält

Aber die Vorwürfe wurden nicht 2018 öffentlich, Sondland wurde ohne große Debatte als Botschafter bestätigt, und in den USA blieb er eine unbekannte Größe.

Seit knapp zehn Tagen ist das alles anders. Denn da sagte Sondland öffentlich vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses aus, und was er sagte, brachte neuen Schwung in den zähen Versuch, Trump Amtsmissbrauch in der Ukraine-Affäre nachzuweisen.

Eine weitere Einer-lügt-Geschichte

Ungewohnt klar sagte Sondland, es habe massiven Druck von Trump und seinem persönlichen Anwalt Rudy Giuliani auf den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski gegeben, um öffentlich die Einleitung von Ermittlungen anzukündigen, in deren Mittelpunkt der Sohn des führenden demokratischen Präsidentschaftskandidaten in spe, Joe Biden, stehen sollte.

Kein Wunder, dass sich der Aufschrei der liberalen Linken aufgrund der neuen Vorwürfe gegen den wichtigsten Zeugen gegen Trump in Grenzen hält. Sondland selbst erklärt, alles sei frei erfunden und offensichtlich aus politischen Motiven heraus koordiniert.

Niemand außer den betroffenen Frauen und Sondland selbst kann genau wissen, was oder was nicht da geschehen ist. Es kann beides stimmen: Die Berichte der Frauen treffen zu, der Zeitpunkt der Veröffentlichung aber ist politisch motiviert. Aber nicht einmal das ist derzeit nachzuweisen.

Klar ist, dass sich plötzlich die Fronten umdrehen. Sind es sonst Republikaner und Rechtspopulisten, die ­#MeToo-Klagen zum Bestandteil von Genderwahn und feministischen Flirtverbotsfantasien erklären, kommt den Republikanern diese „öffentliche Hinrichtung“ des wichtigsten Zeugen gegen Trump ganz recht. Und das gemeine Publikum ist vor allem angewidert davon, sich nunmehr mit einer weiteren detailreichen ­Einer-lügt-Geschichte befassen zu sollen.

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10 Kommentare

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  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Da gibt es also eine wichtige Person die gegen Trump aussagt, der ja immerhin momentan einer der mächtigsten Mensch der Welt ist und just zu diesem Zeitpunkt fällt drei Frauen gleichzeitig ein, das dieser Typ nachdem er sexuell zurückgewiesen wurde unangenehm darauf reagiert hat.

    Fraglich ob die Instrumentalisierung von sexueller Belästigung für machtpolitische Zwecke der Sache dient.

    • @6474 (Profil gelöscht):

      Dass solche Aktionen schädlich sind, ist ja klar. Fragt sich nur, wieso es immer wieder probiert wird?

  • Derlei öffentliche Anschuldigungen (meist direkt über die Medien, aber auch über soziale Netzwerke) sind einfach problematisch. Verbrechen jeder Art sollten direkt der Polizei angezeigt werden, nicht irgendeinem Journalisten. Polizei bzw. Justiz sollten je nach Sach- und Beweislage darüber befinden, was davon öffentlich gemacht wird. Das wird den Opfern gerecht, schützt aber auch vor falschen Anschuldigungen in aller Öffentlichkeit.



    Dieses Prinzip hat leider in der Vergangenheit nicht funktioniert. Die Polizei nahm die Opfer von sexuellen Übergriffen nicht ernst bzw hat den Frauen nicht das Gefühl vermittelt, dass sie ihre Geschichte den Beamten anvertrauen können. Darum kommen jetzt all diese alten Geschichten hoch, teilweise Jahrzehnte zu spät - wie soll man da noch etwas beweisen können?

  • Ein selten zielloser Beitrag. Wovon ist hier eigentlich die Rede? Vom Wahrheitsgehalt der Anschuldigungen eher nicht. Auch nicht davon, ob die Glaubwürdigkeit des Zeugen wirklich Schaden nimmt. Am ehesten geht es wohl um ein gewisses Unwohlsein dabei, jetzt vielleicht jemanden verteidigen zu müssen, den man nicht verteidigen möchte. Eigentlich geht es also nur um das eigene Lebensgefühl und Selbstverständnis. In Wirklichkeit verschieben sich die Fronten natürlich nicht, aber um das zu erkennen müsste man sich vielleicht etwas von der eigenen Empörungs- Kultur distanzieren können. Die lässt sich eben auch vom Gegner instrumentalisieren. Und die ewige Aufschreierei ist nicht nur dann ein Problem, wenn sie mit anderen eigenen Wünschen kollidiert. Wenn der Aufschrei zum selbstgerechten Reflex verkommt, und zur allgemeinen Forderung, dann fällt man letztendlich auf sich selbst herein. In Wirklichkeit ist Sondland einfach ein wichtiger Zeuge, was er sonst noch ist, ist bedeutungslos.

  • Ich bin immer wieder verwundert über die zu bestimmten Ereignissen aufkommenden Erklärungen von Frauen die über sexuell Belästigungen, Jahre nach der Tat, aber passend um etwas u verhindern was einer anderen Partei oder Person hilft.



    Ich denke, es muss langsam etwas getan werden um das zu verhindern. In diesem Fall hilft es Trump enorm und ich bin sicher da lässt sich ein Bezug herstellen. Die Frauen sollten Beweise vorlegen ( ihnen ist ja wirtschaftlich geschadet worden, dass lässt sich beweisen) oder schweigen!

  • Was hat das mit „linken Liberalen“ zu tun?

    Der Typ ist für die meisten Amerikaner einfach zu uninteressant. Proteste gibt es immer nur, bei Größen aus der Show-, Sport- und Gossip-Branche.

    Die restlichen 99% der Opfer von sexuellen Attacken hatten nie eine Unterstützerszene, weder bei Evangelikalen noch Liberalen.

    Die Konservativen sind oft die Täter in diesem Bereich.

    Das parteipolitisch zu werten, halte ich für albern.

  • Dieses Spiel ist so "Clinton"...

  • "Kein Wunder, dass sich der Aufschrei der liberalen Linken aufgrund der neuen Vorwürfe gegen den wichtigsten Zeugen gegen Trump in Grenzen hält."



    Kein Wunder? Das hieße dann aber, dass "die liberale Linke" das Thema sexuelle Gewalt funktionalisiert und ein rein taktisches Verhältnis dazu hat. Und ich dachte immer, Gewalt ist Gewalt und ein Übergriff ist ein Übergriff und den Betroffenen ist zu glauben ... War das nicht bisher immer Linie der Taz?

  • Stimmen die Behauptungen oder nicht? Das weiss niemand. Im Zweifel für den "Angeklagten"? Sei es wie es sei. Zweifel bleiben. Und Einer triumphiert! Der Beschuldigte, der keine Beweise erbringen kann, ist beschädigt. Sein Ruf beschädigt, seine Reputation beschädigt. Privat, vermutlich auch beschädigt. Diese Sache stinkt zum Himmel! Die Frauen, die diese zeitlich so passenden Behauptungen aufgestellt haben, gehören genauestens durchleuchtet, schnellstens!

    Ist das ein schmutziges Spiel, einfach widerlich!

    • @noevil:

      Was für ein widerlicher, sexistischer Reflex, dieser Kommentar.

      Die Frauen gehören also "durchleuchtet", da sie automatisch für Sie verdächtig sind, oder wie?

      Alles ein Coup der Republikaner, oder was unterstellen Sie hier?

      Grundsätzlich gilt bei Ihnen wohl, dass der Aussage vin Frauen nicht zu trauen ist. Sie befinden sich in bester Gemeinschaft mit dem weltweiten Wichsertum.