Illegales Fechten in Leipzig: Duelle bei den braunen Knaben
Eine Schülerverbindung hat ein illegales Duell angekündigt. Es könnte bei der Burschenschaft Germania stattfinden, die als rechtsextremer Verdachtsfall gilt.
In Leipzig will die Schülerburschenschaft Saxonia Dresden mit einer „norddeutschen Pennalie“ ein Ehrenduell austragen. „Werte Herren Waffenstudenten“, schreibt der Einladende in internen Chats. Alle „Interessierten“ seien „recht herzlich zur Hatz“ mit der Schülerburschenschaft am Samstag eingeladen. Auf Grundlage der „Linzer Pauk- und Ehrenordnung“ (LPO) solle gefochten werden.
In dem 26 Seiten umfassenden österreichischen Regelwerk heißt es auf Seite 1: „Die Waffenehre, d.h. das Recht, Genugtuung zu fordern und zu geben, besitzen Mittelschüler, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, sowie alle Personen, welchen der ‚Allgemeine Ehrenkodex‘ die Waffenehre zuspricht“. In den deutschen Regelwerken wird eine „Hatz“ als „Pro Patria-Suite“ bezeichnet. Dieser burschenschaftliche Begriff steht für eine Mensurform, also traditionelles Fechten. Duelle um die „Ehre“ sind allerdings strafrelevant. Deutsche Schülerverbindungen beziehen sich gerne auf das Regelwerk aus Österreich.
Ort und Zeit der „Hatz“ will die Schülerburschenschaft Saxonia Dresden, die 2020 gegründet wurde, erst nach der Anmeldung angeben. Schülerverbindungen haben seltener als studentische Burschenschaften eigene Häuser. Das Duell dürfte deshalb wohl bei einer schlagenden Studentenverbindung in Leipzig ausgetragen werden, etwa bei der Burschenschaft Germania. Die war 2022 teils mit rassistischen Prepper-Aktivitäten aufgefallen, sie wurde im September vom Landesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
In Dresden ist Saxonia nach eigenen Angaben offenbar aber gerade dabei, sich eigene Räumlichkeiten einzurichten. Gezielt wirbt die Verbindung auf Instagram: „Du bist Student oder Schüler in Dresden und Umgebung und suchst ein Umfeld abseits des politisch-korrekten Schulalltags? Dann schreib uns!“
Schwerverletzte Duellanten
Im Sommer 2022 ließ sich die Schülerverbindung vom extrem rechten Dachverband „Allgemeiner Pennälerring“ aufnehmen. Im Februar 2023 beteiligte sie sich an einer extrem-rechten Gedenkveranstaltung anlässlich der Bombardierung von Dresden am 13. und 14. Februar 1945.
In den internen Chats sucht die Saxonia Dresden noch nach einer „unparteiischen Person“ für die „Hatz“, die drei „ziehende Partien auf LPO“ ausgetragen haben müsse. Einzelne Herren fragen sich, ob der Begriff „Hatz“ angebracht sei. „Naja wenn du auf LPO fichst, kannst du auch Hatz sagen“, erwidert ein Chatteilnehmer.
Die „Linzer Pauk- und Ehrenordnung“ legt genau fest, wann eine „Hatz“ ausgetragen werden darf und muss. „Wurde eine waffenstudentische Vereinigung durch eine andere beleidigt und war eine friedliche Beilegung nicht möglich (…), so hat die beleidigte Vereinigung der beleidigenden eine Hatz zu brummen“ heißt es. „Auswärtige“ oder „örtliche Ehrenangelegenheiten“, die von Korporationen ausgetragen werden, seien eine „Hatz“. Wer in einer Hatz „herausgestellt“ sei, könne nicht „ohne zwingenden Grund“ zurücktreten.
Seit Februar ermittelt die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wegen eines blutigen Duells zwischen der Erlanger Burschenschaft Germania und der Turnerschaft Munichia Bayreuth. Im Haus der Germania fochten sie eine „Pro Patria-Suite“, zwei Duellanten verletzten sich schwer. Gegen zwei Burschenschaftler im Alter von 25 und 28 Jahren wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Die schlagenden Korporationen befürchten nun eine gesellschaftliche Debatte um die Mensur. Ihre Devise: Reihen schließen, und schweigen. Den „Ball flach halten“ empfahl auch ein evangelischer Militärdekan vom „Zentrum Innere Führung“ der Bundeswehr in Koblenz. Seit 35 Jahren ist er „Erlanger Germane“.
Nach Angaben der Autonomen Antifa Freiburg sei der Militärdekan mit dem 64. Deutschen Kontingent KFOR (der NATO-Sicherheitstruppe Kosovo Force) in Prishtina im Einsatz und berichtete von weiteren Burschenschaftern vor Ort. Eine Sprecherin der Autonomen Antifa sagt, der Militärdekan offenbare „en passant einen inoffiziellen Zirkel korporierter Offiziere der Kosovo-Truppe der NATO aus Deutschland, Österreich und der Schweiz“.
Der Autonomen Antifa Freiburg fielen zuerst die Chats auf. Die Empfehlung aus den schlagenden Verbindungen, jetzt keine Bilder oder Kommentare online zu stellen, hat manche Waffenbrüder noch nicht erreicht. „Ich will im Screenshot sein“, bittet ein Korporierter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch