Schlagende Verbindungen: Pikante E-Mails, Rücktritt

Beim Coburger Convent gibt ein Versammlungsleiter sein Amt ab. Grund dafür sind die Pläne, Kritiker*innen öffentlich schlecht zu machen.

Blick auf eine alte Kirche in der bayerischen Stadt Coburg.

Stadt mit Tradition: In Coburg kommen seit Anfang der 50er Jahre an Pfingsten Studentenverbindungen Foto: Daniel Vogl/dpa

COBURG taz | Jedes Jahr trifft sich der Coburger Convent (CC) an Pfingsten in der gleichnamigen Stadt in Bayern. Seit 1951 schon hält der Dachverband von rund 100 Studentenverbindungen, Landsmannschaften und Turnerschaften hier seinen Convent ab, Fackelmärsche inklusive. Nicht allen gefällt diese Tradition.

In diesem Jahr dürfte die Beliebtheit nicht unbedingt gestiegen sein. Vor Beginn des Convents wurden pikante E-Mails des langjährigen Kongressbeauftragten Hans-Georg Schollmeyer bekannt. Schollmeyer ist noch vor den Feierlichkeiten zurückgetreten, blieb für die Pfingsttage aber kommissarisch im Amt.

In den internen E-Mails, die die Autonome Antifa Freiburg einsah und unter anderem der taz zugänglich machte, geht es darum, Kritik am CC zu unterbinden. Eine Idee: eine Person abzustellen, die „einzelne Grüne im Stadtrat“ durchleuchten sollte, um sie angreifbar zu machen. Absender dieser E-Mail: der Kongressbeauftragte Schollmeyer. Am 8. März vergangenen Jahres schickte er die Mail an ranghohe Funktionsträger im CC – unter anderem an Pressesprecher Martin Vaupel.

Von den Grünen im Stadtrat soll Kevin Klüglein besonders angegangen werden, der sich in der Vergangenheit kritisch über den CC geäußert hatte. Ihm soll, schlägt Schollmeyer in einer weiteren Mail am 8. April vor, eine Falle gestellt werden.

Falle für grünen Stadtrat

Ein „Pressefritze“ sollte ein Interview mit Klüglein führen – „unter dem Denkmantel für die Taz etc. zu arbeiten“. Bei diesem Gespräch müssten sie Klüglein „ausrutschen lassen und das dann veröffentlichen, um den politisch kaputtzumachen“. Gegenüber der taz sagt der Grünenpolitiker, diese E-Mails hätten ihn nur in seiner Auffassung bestätigt, dass der Coburger Convent in einer antidemokratischen nationalistischen Tradition stehe. Darauf habe er immer schon hingewiesen.

Der grüne Stadtrat ist offenbar nicht der Einzige, den Mitglieder des CC angehen wollten. Wie die internen Mails zeigen, wollte der Verband Alter Herren im Coburger Convent (AHCC) auch in Schulen Stimmung gegen Kri­ti­ke­r*in­nen machen. So sollten Plakate vor zwei unliebsamen Jour­na­lis­t*in­nen warnen. Einer von beiden ist Dominik Sauerer, der auch als Berater gegen Rechtsextremismus tätig ist.

„Diese Aktion ist für mich klar ein Angriff auf die Pressefreiheit und eine Diffamierung von einzelnen Personen, die als ‚Feinde‘ markiert werden sollen“, sagt Sauerer der taz. Solche Anfeindungen kenne er „eigentlich nur aus der extremen Rechten“.

CC-Pressesprecher Vaupel behauptete zunächst, dass ihm die geplante Aktion gegen Sauer und eine Kollegin „nicht bekannt“ sei. Nach dem Rücktritt Schollmeyers, der 51 Jahre lang der Kongressbeauftragte des CC gewesen ist, hält Vaupel die E-Mails nun jedoch für authentisch.

Rücktritt ein Alibi?

Der Rechtsextremismus-Experte Sauerer hält das für ein bloßes Alibi. Die mutmaßlichen Planungen der „Fahndungsplakate kommen direkt aus dem Vorstand des CC-Altherrenverbands“, betont er. „Auch wenn es extrem rechte Mitglieder im CC gibt – dass eine solche Aktion von der Verbandsspitze organisiert wird, ist eine andere Qualität“.

So ähnlich sieht es auch die Antifagruppe aus Freiburg. Nach ihrer Ansicht wird Schollmeyer nun als Sündenbock geopfert. In den E-Mails werden auch weitere Po­li­ti­ke­r*in­nen der Stadt verbal diffamiert. Für den Stadtrat Kevin Klüglein bedeutet dies, dass der CC sein „Gastrecht“ in der Stadt verloren habe.

Der Coburger Convent steht unter anderem wegen seines Umgangs mit der Mensur in der Kritik. Pressesprecher Vaupel teilte auf Anfrage mit, dass darüber auch intern gestritten werde. Auslöser dafür waren die starken Verletzungen von zwei Duellanten in Erlangen bei einem Fechten um die Ehre (die taz berichtete). Aus Sorge vor einem Verbot möchten schlagende Verbindungen ein moderateres Wording nach außen kommunizieren.

Vor gut einer Woche berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ ebenfalls auf Grundlage der internen E-Mails dass 2018 ein CC-Mitglied auf der Herrentoi­lette eines Lokals in Coburg „Heil Hitler“ gerufen haben soll. Ein anderes Mitglied zeigte den Vorfall an. Aus dem Schriftverkehr des CC wird sichtbar, dass der Name des Rufers dem CC bekannt war. Den Namen gaben die Verantwortlichen jedoch nicht an die Staatsanwaltschaft weiter – das Verfahren wurde eingestellt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.